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Hertha-Trainer Jos Luhukay

© dapd

Hertha BSC: Gefährliche Lücken

Trainer Jos Luhukay will bei Hertha eine Revolution hin zu mehr Attacke – und zürnt über die Umsetzung.

Gelächelt wurde bei Hertha BSC nur vor Trainingsbeginn. Als die Fotografen das Mannschaftsfoto für die neue Zweitligasaison schossen. Aber danach gab es für die Fußballer wenig zu lachen.

Lautstark wie selten faltete Trainer Jos Luhukay seine Profis zusammen. „Was bleibst du da stehen?!“, wies er einige Male Verteidiger zurecht, „warum gehst du nicht auf den Mann drauf?!“ Nach der Einheit gab es einen etwa zehnminütigen Vortrag über Dinge, die dem Niederländer aufgestoßen waren.

Luhukay ist unzufrieden, das ist kaum überseh- und hörbar. Schon nach dem blutleeren Test gegen den Fünftligisten Viktoria 98 sprach er davon, das Team sei noch nicht da, wo es sein könnte. Nach dem Training wurde er nicht weniger deutlich. „Das ist mir viel zu ruhig, viel zu lieb, da wird zu wenig Verantwortung übernommen“, kritisierte er.

Luhukay brüllt: „Attack, Attack, Go!“

Ein Vorwurf, der Berliner Mannschaften schon von vielen Trainern gemacht wurde. Luhukays spezielles Problem ist die Umstellung, die er verordnet hat. Die Spieler sollen sich nicht mehr passiv in der Abwehr verschanzen, wie sie es noch unter Otto Rehhagel taten, allen „Attack, Attack, Go!“-Rufen zum Trotz. Das Einigeln ist nicht mehr gefragt. „Ich will nicht, dass man zurückläuft und zuguckt, wenn man den Ball nicht hat“, sagt Luhukay. „Das muss das Signal sein, um den Gegner sofort unter Druck zu setzen.“ Um bei dem frühen Pressing gefährliche Lücken in der Abwehr zu minimieren, sollen die Verteidiger einander helfen und sich mit Anweisungen coachen. „Wir wollen eine aggressive Mannschaft sein, die den Gegner zum Verzweifeln bringt“, fordert Luhukay. Bisher ist er es eher selbst, der verzweifelt.

Der 49-Jährige beschwichtigt. „Wir sind erst zweieinhalb Wochen in der Vorbereitung, da läuft noch nicht alles reibungslos“, sagt er. Aber dass die Mannschaft seine Kulturrevolution, hin zu mehr Attacke, bis Saisonstart voll verinnerlicht hat, glaubt er auch nicht. „Das geht nicht in sechs Wochen, in zwei oder vier Monaten.“ Hertha brauche Geduld – aber zum Start gleich Stabilität und Ergebnisse. Ein schwieriger Spagat. Zumindest Fortschritte will Luhukay heute beim Test gegen Teplice sehen (18 Uhr, Amateurstadion).

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Fortschritte will Hertha auch bei dem Zuschauer-Teilausschluss am ersten Spieltag machen. Nach Tagesspiegel-Informationen will der Verein das DFB-Bundesgericht in der Berufung überzeugen, mehr als 20.000 Tickets verkaufen zu dürfen. Das war in der ersten Instanz die Strafgrenze für das Auftaktspiel am 3. August gegen den SC Paderborn. Auf 25.000 bis 30.000 Karten soll Hertha nun angeblich hoffen. Und auf eine Gesetzeslücke: Das DFB-Verbot richtet sich vor allem gegen die hartgesottenen Fans in der Ostkurve. Daher dürfen laut erstem Urteil keine Stehplätze besetzt werden. Aber im Olympiastadion gibt es offiziell ohnehin nur Sitzplätze.

Unklar ist, ob Hertha – wie zuletzt Köln – eine Umwandlung der Strafe erreicht, also: mehr Bußgeld für mehr Zuschauer. Oder ob der DFB die Strafe in schriftlicher oder mündlichen Verhandlung neu bemisst – und wann. Hertha rechnet mit einer späten Entscheidung, gegen Ende Juli.

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