zum Hauptinhalt
Das letzte Spitzenspiel im Olympiastadion: Gegen den FC Bayern München hätte Hertha BSC fast einen Punkt geholt.

© dpa

Hertha BSC gegen Borussia Dortmund: Das Spitzenduell

Hertha BSC und Borussia Dortmund haben vor der Saison die Stürmer Julian Schieber und Adrian Ramos getauscht - mit wechselhaftem Erfolg. Heute treffen beide Vereine als Tabellennachbarn aufeinander.

Bei Jos Luhukay sollte man den Aufstellungen in Trainingsspielen nicht allzu viel Bedeutung bemessen. Der Trainer von Hertha BSC wechselt in den Einheiten oft munter durch; die Aussagekraft im Hinblick auf die Besetzung der Startelf am Wochenende ist entsprechend begrenzt. Und trotzdem war es irgendwie bezeichnend, in welcher Gesellschaft sich Salomon Kalou bei der ersten Einheit dieser Woche wiederfand. Beim Fünf gegen Fünf spielte der Ivorer zusammen mit Christoph Janker (kein Einsatz in dieser Saison), Hany Mukhtar (kein Einsatz), Sebastian Langkamp (ein Einsatz am ersten Spieltag, danach verletzt), Marvin Plattenhardt (zwei Einsätze) und John Heitinga (zuletzt dreimal auf der Bank) in einer Mannschaft.

Kalou, im Gesamtpaket aus Ablöse und Gehalt Herthas teuerste Verpflichtung des Sommers, hat es zuletzt ebenfalls dreimal hintereinander nicht in die Startelf geschafft. Wenn die Berliner im Olympiastadion auf Borussia Dortmund treffen (15.30 Uhr, live bei Sky), wird das vermutlich nicht anders sein. Darauf deuten jedenfalls die Aussagen von Trainer Luhukay hin – die Aussagen zu Kalous internem Konkurrenten Julian Schieber. „Julian ist im Moment nicht wegzudenken aus der Mannschaft“, hat der Holländer gesagt. „Er ist sehr wertvoll für das Team.“

Auch wegen solcher Sätze ist Julian Schieber im Sommer für 2,5 Millionen Euro von Borussia Dortmund zu Hertha BSC gewechselt: um endlich echte Wertschätzung zu genießen. „Das größte Problem, das wir mit Julian hatten, war, dass er sechs Wochen verletzt gefehlt hat“, sagt Herthas Manager Michael Preetz. „Er ist ein Spieler, der jederzeit ein Tor schießen kann, und das macht ihn natürlich wichtig für uns.“

So wertvoll hat sich der Stürmer beim BVB eigentlich nie fühlen dürfen. Die Fans sahen ihn zunehmend kritisch, und in den Plänen von Trainer Jürgen Klopp war Schieber lediglich als letztes Mittel in höchster Not vorgesehen. Wenn die Dortmunder die Brechstange benötigten, kam der Angreifer mit seiner wuchtigen Art gerade recht. In der vorigen Saison hat Schieber nur einmal von Beginn an gespielt, insgesamt stand er in seinen beiden Jahren beim BVB ganze sieben Mal in der Startelf – genauso oft wie bei bisher acht Bundesligaeinsätzen für Hertha.

„Ich bin vor allem nach Berlin gewechselt, um wieder mehr Spielanteile zu erhalten“, sagt Schieber. Diese Hoffnung hat sich schon jetzt erfüllt. In seinen acht Spielen hat er bereits öfter getroffen (vier Mal) als in 35 Einsätzen für Dortmund (drei). Auch Hertha kann nicht klagen: Im Sommer hat der Klub seine beiden Angreifer Adrian Ramos und Pierre-Michel Lasogga für knapp 18 Millionen Euro verkauft und für einen Bruchteil dieser Transfersumme Schieber verpflichtet. Trotzdem hat Herthas Neuer aktuell genauso viele Tore erzielt wie Ramos für Borussia Dortmund und Lasogga für den HSV zusammen.

So paradox das klingen mag: Dass Herthas Offensivspiel zuletzt geholpert hat, liegt aber auch an Schieber und seinem Spiel – weil er eins eben nicht ist: gleichwertiger Ersatz für Adrian Ramos. Der Kolumbianer fehlt den Berlinern an allen Ecken und Enden. Natürlich hat Hertha BSC nie geglaubt, in Schieber einen neuen Ramos verpflichtet zu haben. Das Problem ist: Es gibt auch sonst niemanden, der dessen fehlende Qualitäten kompensiert.

Dass Schieber in den Bewertungen seiner Vorgesetzten so gut wegkommt, ist vor allem seinem Einsatz für die Defensive zu verdanken – und dem direkten Vergleich mit seinem Teamkollegen Kalou. „Julian arbeitet an vorderster Front viel für die Mannschaft“, sagt Manager Preetz. Genau das hat Hertha zuletzt gebraucht und von Kalou nicht bekommen. Dass das Spiel nach vorne darunter leidet, nehmen die Berliner billigend in Kauf. Auf Dauer aber könnte das durchaus gefährlich sein.

Auf die neuen personellen Begebenheiten ist das Spiel von Hertha BSC noch nicht ausreichend ausgelegt. Schieber ist eher der Typ Strafraumstürmer, der von seinen Kollegen entsprechend bedient werden muss. Wenn das gelingt, kommen seine Fähigkeiten durchaus zum Tragen. So wie am vergangenen Wochenende, als er mit Herthas erster Chance überhaupt zum zwischenzeitlichen 1:1 in Mönchengladbach traf. Diese Abschlussqualität besaß auch Ramos, darüber hinaus war der Kolumbianer aber auch als Konterspieler extrem wertvoll und sehr viel stärker in das Kombinationsspiel eingebunden.

Adrian Ramos hat in seiner Zeit bei Hertha BSC 58 Tore geschossen, aber auch 36 vorbereitet. Statistisch kommt bei ihm auf zwei Torschüsse eine Torschussvorlage. Bei Schieber liegt das Verhältnis bei eins zu drei. Auch die Passquote des früheren Berliners ist mit 74 Prozent deutlich besser als die seines Nachfolgers (55). Und trotzdem gibt es immer noch eine Wahrheit jenseits der Statistik. Während Julian Schieber gegen Borussia Dortmund von Anfang an spielen wird, könnte Adrian Ramos beim BVB nur auf der Bank sitzen.

Folgen Sie der Tagesspiegel-Sportredaktion auf Twitter:

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false