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Endlich einen Lauf. Gleich am ersten Tag nach der Ankunft im Trainingslager durften die Berliner Spieler die Beine kräftig ausschütteln. Nur der Berg ruht. 

© imago

Hertha BSC im Trainingslager: Jos Luhukay nimmt seine Spieler härter ran

Im Trainingslager im österreichischen Schladming versucht Trainer Jos Luhukay, die Mannschaft zu alter Intensität zu treiben - und faltet dabei auch schon mal den ein oder anderen Spieler zusammen.

Die Sache mit der Unterkunft hat sich gleich am ersten Tag als nützlich erwiesen. Beziehungsweise: in der ersten Nacht. Mannschaft und Stab von Hertha BSC wohnen im Trainingslager in Schladming in einem Vier-Sterne-Hotel, das ein Stückchen außerhalb des überschaubaren Stadtkerns liegt, vielleicht zehn Fußminuten. Deshalb blieb den Profis auch die zweifelhafte Ehre verwehrt, Ohrenzeugen der nach Österreich mitgereisten Anhänger zu werden, die in der Nacht zu Montag mit stadionerprobten Gassenhauern das vor sich hin schlummernde Zentrum unsicher machten. Sie sangen „Ha-Ho-He“ und dass alle besoffen sein wollten, dabei hatten sie diesen Zustand längst erreicht. Und im Teamhotel? „Ich hab’ davon nichts gehört, alles ruhig“, berichtete Alexander Baumjohann am Vormittag und schwang sich auf ein Mountainbike.

Luhukay: "Werden jeden Tag intensiv nutzen"

Das ist nämlich noch so ein Vorteil an dem vom Bundesligisten auserwählten Quartier: kurze Wege. Zum Trainingsgelände fuhr die Mannschaft am Montag mit dem Fahrrad, angeführt von Jos Luhukay natürlich, wobei die Ausreißer-Rolle des Trainers durchaus sinnbildlich zu verstehen war. Der Niederländer gibt im Verlauf der Saison und von Amtswegen her ohnehin das Tempo vor, so scharf wie in der ersten Übungseinheit des fünftägigen Ausflugs ist der Ton in der bisherigen Saisonvorbereitung allerdings noch nicht ausgefallen, von grölenden Fans einmal abgesehen. „Ich muss der Mannschaft Tempo, Intensität und Dynamik vermitteln“, sagte der Niederländer nach dem Training, „und ich kann versprechen, dass wir dafür jeden Tag intensiv nutzen werden.“

Die erste Einheit sah entsprechend aus: Nach einer kurzen Erwärmung delegierte Luhukay seine 23 Feldspieler mit einer Vehemenz über das Feld, dass sich die Übungsgruppe der Torhüter um Trainer Richard Golz glücklich schätzen durfte, separat und positionsbezogen zu trainieren. Luhukay redete vor geschätzten 200 Zuschauern merklich lauter, als man es von ihm gewohnt ist, er unterbrach regelmäßig, erklärte hier und erklärte dort und sezierte so ziemlich jede Bewegung. Einmal faltete er sogar Johannes van den Bergh zusammen, weil es der Linksverteidiger gewagt hatte, seinen Vordermann Genki Haraguchi mit der Bewachung des eigenen Gegenspielers zu beauftragen.

Luhukay wollte das später nicht dramatisieren, aber eben auch nicht entschärfen. „Nach fünf Wochen Vorbereitung müssen wir jetzt die nächsten Schritte machen“, sagte der Coach, „das gilt für die Mannschaft, aber auch für jeden einzelnen Spieler.“ Luhukay, das war die Botschaft, wird im ersten von zwei Testspielen im Rahmen des Trainingslagers am Dienstag gegen Austria Salzburg (18.30) ganz genau auf Einsatzbereitschaft und Hingabe jedes Einzelnen achten. „Ich kann hier unglaublich viel über taktische Sachen erzählen“, betonte der Trainer, „aber Taktik steht und fällt nun mal mit der Bereitschaft, zusätzliche Meter zu machen, auch wenn man sich dazu zwingen muss.“

Steigerungen möglich

In den folgenden Tagen wird der Fokus unter trainingsmethodischen Aspekten trotzdem im taktischen Bereich liegen respektive liegen müssen. Luhukay hat insbesondere im Umschaltspiel seiner Mannschaft Steigerungspotenzial ausgemacht, „wir müssen viel aggressiver gegen den Ball verteidigen“, sagte er. Andernfalls droht ein ähnliches Szenario, wie es eben van den Bergh gestern erlebte.

Dabei wirkte Hertha in den bisherigen Tests defensiv durchaus stabil. Luhukay sagte dazu: „Man muss immer die Wechselwirkung bedenken: Wenn wir schlecht verteidigen, können wir auch keine schnellen Angriffe ausführen.“ Dass es mit der Feinjustierung im Offensivbereich noch ein wenig hakt beim Bundesligisten, war auch gestern zu erkennen. In den drei Mini-Testspielen, in denen sich auf verkleinertem Feld jeweils acht Feldspieler pro Team gegenüberstanden, fielen gestern exakt null Treffer. „Letztes Jahr hatten wir in der Hinrunde fantastische Momente, wenn wir schnell gespielt haben. Da müssen wir wieder hinkommen“, sagte Luhukay.

Wie er das umzusetzen gedenke, wurde der Trainer dann noch gefragt. Luhukay lächelte zunächst milde, dann sprach er zwei Sätze, die das Programm für die nächsten Tage erahnen lassen. „Nach jedem Training, nach jedem Spiel müssen alle Spieler froh sein, dass sie eine Pause machen können. Das ist der Reiz in diesem Trainingslager.“

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