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Alexander Zorniger, 48, hatte keine leichte Zeit beim VfB Stuttgart. In Kopenhagen bei Bröndby IF, werde er nicht abgelenkt und finde zu neuer Stärke, sagt er. Das kann er am Donnerstag gegen Hertha BSC im Jahnsportpark (Beginn 20.15 Uhr) unter Beweis stellen.

© REUTERS

Hertha BSC in der Europa-League-Qualifikation: Alexander Zorniger: „Ich habe der Presse jede Menge Munition geliefert“

Alexander Zorniger, Trainer von Hertha-Gegner Bröndby, im Interview über dänische Erwartungen und selbst konstruierte Baustellen.

Herr Zorniger, Sie arbeiten seit Juni als Cheftrainer beim FC Bröndby, dem Gegner von Hertha BSC am Donnerstag in der Qualifikation zur Europa League. Was macht Ihr Dänisch nach gut einem Monat?

Ich habe da noch Nachholbedarf. In der jetzigen Phase der Vorbereitung gibt es einfach andere Dinge, die höhere Priorität haben. Grundsätzlich ist die Sprache allerdings kein großes Problem, hier sprechen alle gut Englisch, das funktioniert auch im Training. Aber ich werde mich damit auf jeden Fall noch intensiver beschäftigen.

Sie haben zuvor viele Jahre in der Bundesliga für RB Leipzig und später für den VfB Stuttgart gearbeitet, Kopenhagen ist nun Ihre erste Auslandsstation als Trainer. Was war die größte Umstellung?

Vom Menschlichen gefällt es mir sehr in Dänemark, weil man nicht so verkrampft versucht, alles am Profifußball festzumachen. In Sachen Trainingsintensität und Trainingsumfänge ist die Bundesliga sicherlich noch ein Stück weiter vorn.

Fehlt Ihnen die Bundesliga manchmal?

(lacht) Es ist ja nicht so, dass ich auf eine 15-jährige Karriere in der Bundesliga zurückblicken kann. Ich weiß natürlich, wo ich herkomme. Ich kenne den Reiz, wenn man im Berliner Olympiastadion, in der Allianz-Arena oder alle zwei Wochen in Stuttgart im Stadion spielt. Aber für das, was mich als Trainer ausmacht, nämlich sich aufs Wesentliche zu konzentrieren, gibt es in Dänemark weniger Ablenkung, und das macht mich gerade wieder richtig stark und lässt mich auch den Glauben in meinen Beruf und an den Profi-Fußball wieder finden.

Was heißt das genau?

Wir, also mein Medienberater und ich, haben nach meiner Zeit beim VfB Stuttgart festgestellt, dass es gar nicht so leicht war, den Namen Alexander Zorniger wieder mit der ersten oder zweiten Bundesliga in Verbindung zu bringen. Es gab in Bezug auf die Medienlandschaft unglaublich viele Geschichten über mich, die nicht der Realität entsprochen haben. Das hat sich dann im Laufe der Zeit noch zugespitzt. Es ging kaum mehr darum, das Sportliche zu beurteilen, die fachliche Auseinandersetzung hat fast gar nicht stattgefunden. Andererseits weiß ich heute, dass ich der Presse auch immer jede Menge Munition geliefert habe. Da habe ich meine Erfahrungen gemacht, das würde ich heute anders machen.

Inwiefern haben Sie sich durch diese Geschichten verändert?

Ich bin prinzipiell jemand, der offen antwortet und dadurch auch immer viele Informationen herausgibt. So bin ich auch als Typ, ich stehe zu dem, was ich sage. Mittlerweile schaue ich aber schon genauer hin, was am Ende bei herauskommt, wie man mich zitiert, was ich erzähle. Früher habe ich einfach zu viele Baustellen aufgemacht, die ich dann nicht mehr abarbeiten konnte.

Sie waren 2011 Lehrgangsbester in der Trainer-Ausbildung des DFB. War das rückblickend vielleicht sogar von Nachteil, weil die Erwartungshaltung an Ihre Person und an Sie als Trainer dadurch automatisch gestiegen sind?

Das hat damit nichts zu tun, glaube ich. Bis auf ein Angebot als Chef eines Nachwuchsleistungszentrums habe ich damals ja gar keine Anfragen bekommen. Es war jetzt nicht so, dass die Klubs Schlange gestanden haben.

Wie war denn Ihre Reaktion, als klar war, dass Sie in der Europa-League-Qualifikation gegen einen Bundesligisten spielen?

Es gab für uns ja sechs potenzielle Gegner, auf die wir hätten treffen können. Mir war gleich klar: Es wird sicher ein Bundesligist – das ist Murphys Gesetz in der praktischen Anwendung. Für uns ist es natürlich hochinteressant, dass wir uns mit solchen Gegnern messen dürfen. Für den Entwicklungsprozess meiner Mannschaft kann das nur positiv sein. Wir wollen zwei Spiele auf hohem Niveau, die werden wir sicher bekommen.

Wie ist die Erwartungshaltung in Ihrem Verein? Sind Sie mit dem Einzug in die dritte Qualifikationsrunde der Europa League bereits im Soll?

Als ich hier angefangen habe, habe ich allen klar gemacht, dass der Fokus für mich nicht auf der Europa League liegt, sondern auf der dänischen Liga. Insofern können wir relativ entspannt in die beiden Spiele gehen, Hertha ist natürlich der Favorit.

Kann es ein Vorteil für Ihre Mannschaft sein, dass die Meisterschaft in Dänemark bereits seit einigen Wochen läuft?

Das kann ein Vorteil sein, natürlich. Ich bin aber überzeugt davon, dass die fußballerische Qualität, die in der Bundesliga herrscht, diesen Vorteil wieder aufwiegen wird. Da mache ich mir jetzt keine ganz großen Hoffnungen. Das Berliner Trainerteam wird schon wissen, was sie gegen uns machen müssen, um uns vor Probleme zu stellen.

Die Konstellation bei den Trainern ist recht ähnlich in beiden Vereinen: Bei Bröndby arbeitet ein Schwabe mit ungarischem Co-Trainer, bei Hertha ist es genau umgekehrt.

Mein Co-Trainer Tamas Bodog hat sich auch gefreut, als klar war, dass wir gegen Hertha spielen. Tamas hat in den 90ern ja noch zusammen mit Rainer Widmayer in Ulm gespielt. Grundsätzlich waren ungarisch-deutsche Co-Produktionen ja sehr erfolgreich in diesem Fußball-Sommer.

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