zum Hauptinhalt
Da hat es bumm gemacht. Die Hertha-Spieler umjubeln den Siegtorschützen Plattenhardt.

© AFP

Hertha BSC: Marvin Plattenhardt: Ein Schuss Sehnsucht

Ein traumhaftes Freistoßtor von Marvin Plattenhardt lässt Hertha BSC endlich einen Großen schlagen.

Marvin Plattenhardt hat die nicht unsympathische Angewohnheit, seinem Gegenüber in die Augen zu schauen, wenn er spricht. Das tun nicht alle Fußballprofis, so sie wenig geübt sind in Gesprächen mit Journalisten. Viele krabbeln sich beim Reden am Ohr, andere schauen hier oder dort hin, die wenigsten halten Augenkontakt. Plattenhardt aber tut das, dabei guckt er etwas scheu aus leicht gesenktem Kopf auf. Er drängt sich nicht in den Vordergrund, Plattenhardt ist neben dem Fußballplatz zurückhaltend und bescheiden. „Dickes Lob an die Mannschaft, es war bis zum letzten Moment ein super Spiel von uns allen“, sagte Plattenhardt als Erstes nach dem Spiel.

Dabei hatte er mit seinem Siegtor gegen Dortmund das ausverkaufte Olympiastadion zum Kochen gebracht und eine lange Sehnsucht der Hertha-Fans gestillt, endlich mal einen Großen geschlagen zu haben. Natürlich war Marvin Plattenhardt der gefragte Mann des Tages, der in dieser Rolle noch eine unschöne Erfahrung machen musste. Ein AfD-Abgeordneter aus Berlin postete noch am Abend ein Foto mit dem Siegtorschützen, was diesem gar nicht gefielt. Plattenhardt distanzierte sich umgehend.

Mitten hinein in eine heikle Phase für seine Mannschaft, als das Spiel nach dem zwischenzeitlichen Ausgleichstor der Dortmunder in die falsche Richtung zu kippen drohte, erzielte der schussgewaltige Linksverteidiger das vielumjubelte Siegtor zum 2:1. „Unter der Woche hatte unser Trainer mir gesagt, dass ich mal wieder einen Freistoß in die Torwartecke schießen soll“, erzählte Plattenhardt. Also tat er es. „Das war volles Risiko“, sagte der Linksfuß, weil ein Torwart in diesem Fall eigentlich im Vorteil ist. Doch gegen diesen wuchtigen wie präzisen Schuss direkt in den rechten Winkel war der Dortmunder Torwart Roman Bürki absolut machtlos.

Vor einer Woche hatte Hertha beim schwächelnden HSV noch verloren

Der eingewechselte Mitchell Weiser hatte mit einem Sololauf einen Freistoß in zentraler Lage, rund 17 Meter vom Tor entfernt, herausgeholt. Für solche Angelegenheiten hat Hertha eben einen Spezialisten. All seine sechs Tore, die er für Hertha bis dahin erzielt hatte, waren direkt verwandelte Freistöße. Nun also Nummer sieben. Auch der formidable Salomon Kalou, der die Führung erzielt hatte, und Vladimir Darida standen bereit, doch Plattenhardt ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen. „Ich hatte ein gutes Gefühl“, sagte er hinterher. „Drei ganz wichtige Punkte“, sagte Kalou: „Wir wussten, wenn wir zwei Tore schießen, können wir Dortmund schlagen.“

Vor einer Woche hatte Hertha in derselben Startaufstellung beim schwächelnden HSV noch verloren. Gerade Marvin Plattenhardt war kritisiert worden, weil er mit einem unnötigen Ballverlust den Gegentreffer eingeleitet hatte. Nun wurde er als Matchwinner gefeiert. „Man muss auch mal Kritik bekommen, dann kann man sich verbessern“, sagte Plattenhardt auf dem Weg in die Kabine. Dort sprach ihn dann Michael Preetz an. „Ich habe ihm gesagt, dass er mir das auf dem Trainingsplatz mal zeigen muss, wie man mit nur zwei Schritten Anlauf den Ball derart beschleunigen kann“, erzählte ein gelöster Manager. Knapp einhundert Stundenkilometer schnell war der Schuss, wie die Statistik hinterher auswarf. „Marvin hat diese Extra-Qualität“, sagte Preetz, „sie war heute die siegbringende Option.“

Herthas Manager sprach von einem „Festtag für den Fußball in Berlin“, man habe es endlich mal geschafft, gegen einen solchen Gegner „den Vorsprung über die Linie zu bringen“. Dafür bedurfte es Engagement, Mut und Plattenhardts linken Fuß. Man sei oft nah dran gewesen in den letzten Wochen, diesen Sieg gegen eine große Mannschaft habe die Mannschaft sich wirklich verdient, sagte Preetz. Dieser Sieg stärke das Selbstvertrauen und das Selbstverständnis, zu Hause jeden schlagen zu können. Vor drei Wochen hatten die Berliner auch schon den FC Bayern am Rand einer Niederlage und erst in der verlängerten Nachspielzeit den Ausgleich kassiert. „Auswärts aber brauchen wir Lösungen“, sagte Preetz, man werde nun in Köln einen weiteren Anlauf unternehmen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Seit Anfang Dezember haben die Berliner auswärts nicht mehr gepunktet, sondern alle fünf Spiele in Serie verloren. Eine Erklärung dafür hat niemand bei der mit 31 Punkten heimstärksten Mannschaft der Liga. In der Auswärtstabelle liegt der Tabellenfünfte aus Berlin im letzten Drittel. „Vielleicht müssen wir anders spielen als zu Hause“, sagte Pal Dardai am Tag danach. Bisher sei sein Team auf fremden Plätzen oft ausgekontert worden. „Im Profifußball zählen am Ende nur die Punkte. Vielleicht sollten wir auswärts einfach mal auf bunkern spielen, also ein ganz billiges Spiel abliefern“, sagte er augenzwinkernd. Und dabei irgendwie auf einen Freistoß hoffen.

Folgen Sie der Sportredaktion auf Twitter:

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false