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Herthas Peter Pekarik (links) im Zweikampf mit Douglas Costa vom FC Bayern.

© dpa

Hertha BSC nach dem 0:2 gegen Bayern München: Ersatz für den Sieg

Das Duell mit dem FC Bayern München gilt Hertha BSC trotz der 0:2-Niederlage als Mut- und Muntermacher für die drei ausstehenden Spiele.

Pal Dardai federte schon wieder auf seinen Turnschuhsohlen. Die Körperspannung ist zurück. Auch Haltung und Mut. Nicht nur beim Trainer von Hertha BSC, sondern – vielleicht noch wichtiger – bei der Mannschaft. Drei Tage nach dem Pokalaus gegen Dortmund, bei dem die Mannschaft seltsam erschöpft wirkte, hat Hertha gegen den FC Bayern den Blues vertreiben können, auch wenn das Spiel am Ende aus Berliner Sicht 0:2 endete. Die Basics wie Laufbereitschaft, Engagement und Einsatzwille stimmten wieder. „Darauf können wir aufbauen für die drei Endspiele, die vor uns liegen“, sagte Pal Dardai – und federte.

Für gewöhnlich stärken Siege. Für sie gibt es keinen Ersatz, heißt es. Positive Resultate lassen das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten wachsen, sie mehren das Selbstbewusstsein. Aber es gibt auch Niederlagen, aus denen mehr mitzunehmen ist als die üblichen Lerneffekte. Und dieses Spiel gegen den designierten Meister geht als Stimmungsaufheller durch, als Mut- und Muntermacher für die drei restlichen Bundesligaspiele in Leverkusen, gegen Darmstadt und in Mainz.

Denn hinter dem Berliner Bundesligisten liegt keine so gute Woche, sie begann mit einer Niederlage in der Liga in Hoffenheim. Der emotionale Saisonhöhepunkt für den Verein, das Pokalhalbfinale gegen Dortmund, ging besonders aussichtslos verloren. Schließlich – und erwartbar – unterlag Hertha auch dem Serienmeister aus München. Genau genommen hängt die Mannschaft von Pal Dardai sogar schon seit Anfang April und dem 0:5 in Mönchengladbach durch. Aus den vergangenen vier Bundesligaspielen erbeutete Hertha BSC lediglich einen Punkt – durch ein Unentschieden gegen den abgeschlagenen Tabellenletzten Hannover, was wie eine Niederlage wirkte.

Nach der lauen Vorstellung am Mittwoch im Pokalwettbewerb hätte Hertha gegen die Bayern auch richtig unter die Räder geraten können. Das aber vermieden die Berliner, weil sie sich läuferisch und kämpferisch höchst respektabel präsentierten. Dardai hatte seine Mannschaft aufgefrischt, durch die Hereinnahme von Spielern wie Valentin Stocker, Maximilian Mittelstädt und Tolga Cigerci, die bisher selten zum Einsatz kamen. Zudem brachte er mit ungewohnten Verschiebungen eine neue taktische Flexibilität ins Spiel. So gab Mitchell Weiser, der sich sonst vorzugsweise rechts in der Abwehr verdingt, direkt hinter der Sturmspitze eine Mischung aus Achter und Zehner. Und Niklas Stark, bisher in der Innenverteidigung der Berliner im Einsatz, konnte sich mit seiner Größe, Dynamik und Beweglichkeit ordentlich Respekt verschaffen als Sechser vor der Abwehr. „In der Endphase der Liga kann es sein, dass er da bleibt“, sagte Dardai am Sonntag.

Frische Kräfte und taktische Flexibilität

Seine Mannschaft hat über weite Strecken des Spiel mutig nach vorn verteidigt, den Münchnern immer wieder zugesetzt und am Ende insgesamt mehr Zweikämpfe (52 Prozent) gewonnen als die Bayern (48). Zur Wahrheit auf dem Platz gehört aber auch, dass die Berliner den Münchner Nationaltorwart Manuel Neuer nicht einmal im Ansatz zu einer Rettungstat haben zwingen können. Zwar konnten Dardais Spieler vergleichsweise oft ins letzte Drittel der Bayern eindringen, gefährliche Tor-Abschlüsse brachten sie aber nicht zuwege. Dafür war der letzte Pass oder die finale Flanke meist unsauber und somit unverwertbar. „Wir hatten in einigen Phasen des Spiels nicht das nötige Spielglück“, sagte Michael Preetz. Herthas Manager war aber angesichts der positiven Körpersprache und der hohen Bereitschaft der Spieler durchaus zufrieden.

„Wenn wir jetzt in Leverkusen gewinnen, sieht die Welt ganz anders aus“, sagte Mitchell Weiser, der eine engagierte Leistung im zentralen, offensiven Mittelfeld zeigte. Durch sein frühes, aggressives Anlaufen störte er ein ums andere Mal das Aufbauspiel der Münchner. „Wir wollen unseren Platz behalten, den wir uns fast eine Saison lang in der Tabelle erarbeitet haben“, sagte der 22-Jährige. „Keiner will abrutschen. Ich denke, es ist alles möglich.“

Einen Platz unter den ersten sieben Mannschaften, die sich für den Europapokal qualifizierten, kann Hertha eigentlich nur noch theoretisch verlieren. In Leverkusen bekommen es die Berliner nun mit der dritten Spitzenmannschaft in kürzester Zeit zu tun. „Klar, das wird eine große Aufgabe, aber wenn wir so wie gegen München auftreten, werden wir da eine Chance haben“, sagte Preetz.
Pal Dardai werde nun alles daran setzen, den „guten Tabellenplatz“ erfolgreich zu verteidigen, wie er sagte. „Wir haben eine junge Mannschaft, jeder hat auch gesehen, wo unsere Grenze momentan ist.“ Gegen Mannschaften wie Borussia Dortmund oder Bayern München brauche man besondere Tage, um etwas zu holen. Diese Tage sind bei Hertha noch nicht angebrochen. „Wenn wir ehrlich sind, haben wir einmal Schalke und Leverkusen schlagen können und einmal unentschieden gespielt gegen Dortmund, sonst haben wir nichts geholt gegen die Spitzenteams“, sagte Dardai, der dieses Thema in der kommenden Saison angehen möchte. „Wir können uns entwickeln, aber Schritt für Schritt.“

Vor dem Spiel gegen den FC Bayern hatte Pal Dardai seiner Mannschaft für den Schlussspurt in der Liga eine Rechnung aufgemacht. „Um da zu bleiben, wo wir sind, brauchen wir noch sechs Punkte. Jetzt aber haben wir dafür nur noch drei Spiele.“ Ein anspruchsvolles Vorhaben, aber kein unmögliches. Jetzt, da die Körperspannung wieder da ist. Und die Haltung.

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