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Eine Saison mit zwei Gesichtern - aber Manager Michael Preetz ist dennoch stolz auf Hertha.

© Thomas Eisenhuth/dpa

Hertha BSC nach dem 34. Spieltag: Michael Preetz: Hertha kann stolz sein auf diese Saison

Am letzten Bundesligaspieltag rutscht Hertha BSC aus den direkten Europapokalplätzen. Trotzdem werten Spieler, Trainer und Manager der Berliner die Spielzeit als Erfolg.

Es sah wirklich nicht gut aus für Niklas Stark. Die fleißigen Mitarbeiter des FSV Mainz 05, die die großen Gläser für die Feierlichkeiten ihrer Mannschaft mit Bier befüllten, konnten ihm leider nicht weiterhelfen; sie schickten den Profi von Hertha BSC weiter in den rückwärtigen Bereich. Und dort wurde Stark tatsächlich fündig. Kurze Zeit später marschierte er mit einem Kasten Bier auf der Schulter in den Kabinentrakt. Völlig leer ging Hertha BSC in Mainz also nicht aus.

Die richtig fette Beute blieb dem Berliner Fußball-Bundesligisten am Samstag allerdings verwehrt. Nur 0:0 in Mainz, trotz einer ansprechenden Leistung. In der Tabelle ging es für die Mannschaft dadurch am letzten Spieltag noch einen Platz nach unten. Anstatt sich als Sechster die Qualifikation für die Europa League zu sichern, muss Hertha als Siebter jetzt erst noch zwei Qualifikationsrunden überstehen. „Dass es so ist, wie es ist, das müssen wir annehmen“, sagte Innenverteidiger Sebastian Langkamp.  „Mit ein bisschen Abstand können wir stolz sein.“ Aber bis sie bei Hertha genug Distanz zu dieser Saison haben und einen klaren Blick – das könnte es noch etwas dauern.

Der letzte Eindruck bleibt. Und dieser Eindruck ist, dass die Berliner eine Menge verspielt haben. Vor fünf Wochen waren sie noch Dritter. Das hätte die direkte Qualifikation zur Champions League bedeutet, zum zertifizierten Geldvermehrungswettbewerb. Dann ging es runter auf Platz vier und in die Champions-League-Qualifikation. Runter auf Platz fünf und sechs in die weit weniger lukrative Europa League. Und am letzten Spieltag auf Platz sieben in die Qualifikation für die Europa League mit all ihren Unwägbarkeiten. Schwächephasen hatten in dieser Saison alle Mannschaften, die sich um eine Teilnahme am Europapokal beworben haben. „Bei uns hat diese Phase ein, zwei Spiele länger gedauert“, sagte Verteidiger Langkamp. Ein, zwei Spiele zu lange.

Langkamp wurde gefragt, ob man sich die beiden Qualifikationsrunden wie eine Strafrunde im Biathlon vorstellen müsse. Gar nicht, antwortete er, „das ist eine Runde, die wir uns erarbeitet haben“. Sie wollen die Saison bei Hertha nicht von ihrem Ende her bewertet sehen, sondern von ihrem Anfang. „Man muss das Ganze sehen, nicht nur dieses Spiel“, sagte Niklas Stark.

Zehn Punkte mehr? Dafür wurde Dardai vor einem Jahr belächelt

Wer war Hertha denn vor einem Jahr? Gerade dem Abstieg entronnen und ohne realistische Aussicht, sich kurz- oder mittelfristig mal wieder andere Ziele zu setzen. „Ganz Deutschland hat gesagt, dass Hertha absteigt – außer dem Trainerstab und der Mannschaft“, sagte Trainer Pal Dardai. Als der Ungar vor der Saison verkündete, dass er zehn Punkte mehr holen werde als in der vergangenen, wurde er müde belächelt. Es sind sogar fünfzehn Punkte mehr geworden. Intern hat Dardai Platz sieben für möglich erklärt – wenn alles gut laufe. Jetzt ist Hertha tatsächlich Siebter, und man hat das Gefühl, alles sei schlecht gelaufen.

In der Rückrunde haben nur die beiden Absteiger Hannover und Stuttgart weniger Punkte geholt; Hertha hat gerade mal vier Spiele gewonnen, weniger als der Tabellenvorletzte Stuttgart und der Drittletzte Frankfurt. Trotzdem sagt Manager Michael Preetz: „Wir haben allen Grund, auf diese Saison stolz zu sein.“ Ja, vielleicht später.

Platz sieben macht die Kaderplanung kompliziert

Im Moment jedenfalls will sich bei vielen Fans der Stolz nicht so richtig einstellen. Eher Sarkasmus. Hertha? Ist das nicht dieser Verein, der sich alles selbst kaputt macht? Der mit dem Hintern einreißt, was er sich mit den Händen aufgebaut hat? War nicht eigentlich jedem klar, dass die Mannschaft am letzten Spieltag noch aus den Europa-League-Plätzen purzelt? Und überhaupt: Was in der Quali gegen irgendeinen unaussprechlichen Gegner von jenseits des Urals passieren wird, das kann man sich ja jetzt schon ausmalen.

Die Spieler müssen eine Woche früher aus dem Urlaub zurückkommen, weil das erste Pflichtspiel schon Ende Juli stattfindet. Die Kaderplanung ist deutlich komplizierter geworden, weil erst Ende August feststeht, mit welchen zusätzlichen Einnahmen durch den Europapokal Hertha rechnen kann. „Ich bin nicht sauer über Platz sieben“, sagte Trainer Dardai. „Einfach geil“ sei das. Er sieht die beiden K.-o.-Runden in diesem Sommer als eine Art Weiterbildungsmaßnahme für seine Mannschaft. Dieses ganze Gerede von der Champions League seit der Winterpause habe zu einer Riesenblockade geführt, „das war zu viel für meine Mannschaft“, sagte Herthas Trainer.

Im Fach Stressresistenz steht für die Berliner nun gewissermaßen noch die Nachprüfung an, nachdem sie in der Rückrunde nicht die nötigen Leistungsnachweise erbracht haben. Pal Dardai sagt: „Du musst es dir erst einmal verdienen, in der Europa League dabei zu sein.“

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