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Friedrich

© dpa

Hertha BSC: Neue Harmonie

Kapitän Arne Friedrich gewinnt an Führungsstärke – und Herthas junge Mannschaft an Struktur. Auch Trainer Lucien Favre scheint endlich seine Stammformation gefunden zu haben.

Wie wird man eigentlich ein guter Mannschaftskapitän? Alles eine Frage des Vorbildes, findet Arne Friedrich. Dann erzählt er von der Nationalmannschaft und wie Michael Ballack da seine Kommandos gebe, er schwärmt von der beeindruckenden Körpersprache, „der Michael ist eben ein richtiger Führungsspieler“. So einer wollte Friedrich auch sein.

Das ist der erste Teil der Geschichte. Der zweite ist: Es funktioniert offensichtlich mit der Fortbildung in Sachen Führungsstärke. Natürlich wird Herthas Verteidiger nie über die fußballerischen Möglichkeiten verfügen, die der Mittelfeldspieler des FC Chelsea hat. Und doch ist Arne Friedrich ein anderer geworden, seitdem er vor ein paar Wochen, nach dem missratenen Rückrundenauftakt gegen Eintracht Frankfurt, die Mannschaft zur internen Aussprache bat. „In diesen Tagen sind wir näher zusammengerückt“, sagt Friedrich. Prompt siegte Hertha 3:1 beim Deutschen Meister Stuttgart, und es war der zuvor oft auffällig unauffällige Kapitän, der die Mannschaft antrieb. Seitdem läuft es bei Hertha und Friedrich. Auch beim 0:0 am Samstag in Wolfsburg war der Kapitän die prägende Figur. „Langsam wächst die Mannschaft zusammen“, sagt der alte und doch ganz neue Mannschaftskapitän.

Es hat nicht viel gefehlt am Sonnabend in Wolfsburg, und Herthas junges Team hätte drei Punkte mitgenommen aus der VW-Arena. In der Schlussphase hatten die Berliner drei klare Torchancen, die für den dritten Sieg in Serie hätten herhalten können. Doch Marko Pantelic vergab gleich zweimal, Solomon Okoronkwo scheiterte einmal am herausragenden Wolfsburger Torwart Diego Benaglio. Manchmal fehlt den Berlinern im Abschluss noch die Ruhe, sind sie in entscheidenden Phasen zu hektisch. Wie sehr sich Herthas Ansprüche in den vergangenen Tagen gewandelt haben, demonstrierte Trainer Lucien Favre, als er nach dem Gang in die Kabine im ersten Frust eine Wasserflasche gegen eine Kabinenwand zimmerte. Einen Tag später hatte der Schweizer die Enttäuschung über die verpasste Gelegenheit schon wieder verarbeitet. „Das Ergebnis war okay“, befand Favre. „Die Organisation war bei uns gut, Engagement und Spielintelligenz haben gestimmt. Außerdem sind wir zum zweiten Mal hintereinander ohne Gegentor geblieben, damit können wir zufrieden sein.“

In der Tat ist der Aufwärtstrend nach der eher enttäuschenden Hinrunde und dem 0:3-Debakel vor drei Wochen gegen Frankfurt nicht zu übersehen. Die Mannschaft gewinnt an Struktur. In Wolfsburg bot Favre bereits zum dritten Mal hintereinander dieselbe Startformation auf. Es scheint fast so, als sei in der Rückrunde nun weniger Platz für die Experimente des Schweizers als in der Hinrunde. „Natürlich kann ich jetzt nicht 14-mal dieselben Spieler aufstellen. Ich habe viel probiert, aber nun kenne ich die Mannschaft eben besser“, sagt Favre.

Auch die junge Mannschaft habe sich in den vergangenen Wochen kennen gelernt, erzählt Gojko Kacar. Neben dem Tschechen Rudolf Skacel und dem Brasilianer Raffael ist der Serbe Kacar einer von drei Zugängen aus der Winterpause, die nun zu Herthas neuer Startformation gehören. Der Integrationsprozess ist schon überraschend weit fortgeschritten. Laufwege, Zweikampfverhalten und das Verständnis mit den Mitspielern werden immer besser. „Die drei können im Kollektiv denken“, sagt Favre. Außerdem sei durch die neuen Spieler ein gesunder Konkurrenzkampf entstanden. Wenn er sich jetzt anschaue, was der von ihm zuletzt verschmähte Brasilianer André Lima im Training alles mache, um wieder in die Mannschaft zu kommen, „dann bin ich schon sehr zufrieden“, sagt Favre. „So etwas hat uns in der Hinrunde gefehlt.“

Wie weit kann die neue Harmonie Hertha in dieser Saison noch tragen? Favre wäre nicht Favre, wenn er diese Frage gern beantworten würde. Ein einstelliger Tabellenplatz ist das Ziel, mehr nicht. Vor dem nächsten Heimspiel am Freitag gegen den MSV Duisburg verweist der Trainer darauf, dass „der Unterschied zwischen dem letzten und dem sechsten Platz in der Bundesliga nicht so groß ist“. Dazu kommt, dass Hertha sich zuletzt bei den Heimspielen gegen Frankfurt und Bielefeld weitaus ungeschickter angestellt hat als bei den Auswärtsspielen in Stuttgart und Wolfsburg. „Deshalb wird das Heimspiel gegen Duisburg für uns auch schwerer werden, als es das Auswärtsspiel in Wolfsburg war“, sagt Lucien Favre.

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