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Genki Haraguchi (rechts), Herthas japanische Offensivbegabung, mit Sturmpartner Julian Schieber.

© AFP

Hertha BSC trifft auf den FC Schalke 04: Genki Haraguchi und die neue Effizienz aus Fernost

Pal Dardai hat viel Geduld für Genki Haraguchi aufgebracht. Jetzt scheint der Japaner endlich so zu spielen, wie es sich der Trainer von Hertha BSC erhofft hat.

Genki Haraguchi gelang eine nahezu perfekte Torvorbereitung. Die komplette Abwehr hatte er ausgehebelt, so dass Valentin Stocker nach seiner Vorarbeit allein auf das Tor zulaufen und mit dem Außenrist den Torhüter überwinden konnte. Dummerweise spielten Haraguchi und Stocker beim Training in dieser Woche nicht in derselben Mannschaft. Der Japaner hatte den Ball im Dribbling vor dem eigenen Tor verloren, selbst mit einem beherzten Griff an Stockers Hüfte konnte er sein Missgeschick nicht mehr ausbügeln. Trotzdem: Vor ein paar Wochen hätte man nach einer solchen Aktion vermutlich noch gesagt: Egal. Hauptsache, Haraguchi gelingt überhaupt mal ein Assist.

Das scheint sich gerade zu ändern. „Ich erwarte, dass Genki sechs Tore schießt und sechs vorbereitet. Nicht nur drei und drei“, sagt Pal Dardai, der Trainer von Hertha BSC – und keiner lacht. Am vergangenen Wochenende bereitete Haraguchi beim Sieg in Ingolstadt beide Tore vor, auch an Julian Schiebers spätem Siegtreffer zum Saisonauftakt gegen Freiburg war er beteiligt. So viel Effizienz war noch nie im Spiel des Japaners, den Hertha vor zwei Jahren für 500 000 Euro von den Urawa Red Diamonds verpflichtet hatte. Als Mann für die Zukunft wurde Haraguchi damals präsentiert, doch selbst für Herthas Geschmack ließ die Zukunft ein bisschen lange auf sich warten. Umso freudiger nehmen sie im Verein die jüngsten Signale zur Kenntnis. „Das ist jetzt der richtige Genki“, sagt Dardai. Zumindest hoffen sie das bei Hertha.

„Genki ist jetzt ein sehr guter Flügelspieler“, sagt der Ungar. , auch wenn sich nach zwei Saisonspielen abschließende Urteile eigentlich noch verbieten. Zumal Hertha gegen zwei Mannschaften gespielt hat, die am Ende der Saison eher im unteren Drittel der Tabelle zu erwarten sind. Wie gut Haraguchi wirklich ist, wird man wohl erst nach den nächsten beiden Begegnungen gegen Schalke 04 (heute, 17.30 Uhr) und bei den Bayern (Mittwoch) genauer sagen können. Nach den Spielen gegen zwei Mannschaften, die am Ende der Saison im unteren Drittel der Tabelle zu erwarten werden.

Haraguchi erzielt auch mit der Sprache Fortschritte

Es ist für den 25-Jährigen nicht unbedingt leichter geworden, nachdem sich Hertha von einem Landsmann und Teamkollegen getrennt hat, der für Haraguchi die Rolle des „Senpais“ spielte, wie die Japaner sagen. „Das bezeichnet ältere, erfahrene Menschen, die schon länger bei einem Unternehmen sind“, hat Haraguchi einmal erzählt. Hajime Hosogai habe ihm in vielen Situationen geholfen, habe Tipps und Ratschläge zur Eingewöhnung gegeben. „Er und seine Frau haben über mich gewacht“, sagt Haraguchi. Seit Hosogais Wechsel zum VfB Stuttgart ist damit nun wohl oder übel Schluss. Haraguchi muss nicht nur auf dem Feld seinen eigenen Weg suchen und finden, sondern auch im Alltag, aber so eine Umstellung kann sich ja auch durchaus positiv auswirken.

Dass Hertha in diesem Sommer einen schnellen Spieler für die offensive Außenbahn gesucht hat, war auch Ausdruck einer gewissen Skepsis, was die weitere Entwicklung des japanischen Nationalspielers betrifft. Dardai hat schon häufiger erzählt, dass er sich kurz nach seinem Amtsantritt bei Hertha einen Zusammenschnitt mit den schönsten Toren und den besten Vorlagen Haraguchis in der japanischen Liga angeschaut habe und dass er ehrlich begeistert gewesen sei. Wenig begeistert war er hingegen von Haraguchis Leistungen in Deutschland. Der Unterschied war so groß, dass sich der Verdacht aufdrängte, man habe sich bei Hertha einen deutlich weniger begabten Zwillingsbruder andrehen lassen. In seinen ersten beiden Jahren in der Bundesliga kam Haraguchi in 53 Spielen auf gerade drei Tore und vier Vorlagen.

„Im vergangenen Jahr haben wir sehr viel Vertrauen in Genki investiert und ihn viel spielen lassen“, sagt Dardai. Haraguchi hat ohne Zweifel gute Anlagen: Er ist ballsicher, schnell, eifrig. Dass er bisher noch keine prägende Figur in Herthas Spiel geworden ist, liegt an seiner auffälligen Schwäche vor dem Tor. Ob Torschuss oder Flanke – die finale Aktion ist Haraguchi in der Regel misslungen. Auch taktisch hat er sich oft ein wenig naiv angestellt. Was man ihm heute erklärt hatte, konnte er morgen schon wieder komplett vergessen haben. Auch deshalb arbeiten Herthas Trainer jetzt viel mit Demonstrationen und Videos, „da kann Genki sehen, was wir von ihm wollen“, sagt Dardai.

Mit großem Wohlwollen hat der Trainer zur Kenntnis genommen, dass Haraguchi auch mit der Sprache Fortschritte erzielt. Sein Deutschkurs macht sich offenbar bezahlt. „Er versteht schon viel mehr als noch vor einem Jahr, aber wir machen es ihm auch leicht“, sagt Dardai, Stichwort Demo-Videos. „Es gibt nichts, was man nicht verstehen kann.“ Über Haraguchis Gegenspieler an den nächsten beiden Spieltagen wird ihm Herthas Trainer ohnehin nicht viel erzählen müssen. Sie heißen aller Voraussicht nach Benedikt Höwedes und Philipp Lahm.

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