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Raus oder rein? Trainer Pal Dardai hat sich noch nicht entschieden, wer heute gegen Frankfurt stürmen darf: Salomon Kalou (links) oder Sandro Wagner.

© imago/Contrast

Hertha BSC vor dem Spiel gegen Eintracht Frankfurt: Hertha und der lange Weg zum Tor

Was Hertha BSC in der Fußball-Bundesliga noch zum Klassenerhalt fehlt, ist ein Sieg aus den beiden verbleibenden Saisonspielen. Doch um zu siegen, muss die Mannschaft Tore schießen. Und genau daran hapert es schon seit Wochen.

Sandro Wagner hat am vergangenen Wochenende eine große Chance vergeben. Die Chance, sich einem breiteren Publikum noch einmal als grandioser Torjäger in Erinnerung zu rufen. Nach dem Auslaufen am Sonntag trat ein ARD-Reporter mit dem Ansinnen an den Stürmer von Hertha BSC heran, ihm ein paar Fragen zur U-21-Europameisterschaft 2009 zu stellen. „Das ist lange her“, sagte Wagner nur und zog weiter seines Weges. Dabei gibt es für einen Fußballer von Hertha BSC im Moment ganz sicher unangenehmere Dinge, als über den EM-Titel mit der deutschen U-21-Nationalmannschaft zu reden. Zumal Wagner damals sogar zwei Tore zum 4:0-Sieg im Finale gegen England beigesteuert hat. Böse Zungen behaupten, dass dieses Spiel vor sechs Jahren bereits der Höhepunkt seiner Karriere als Stürmer gewesen sei.

Richtig viel ist danach jedenfalls nicht mehr gekommen. Seit 2009 hat Wagner in 80 Bundesligaspielen gerade mal sieben Tore erzielt; in dieser Saison ist er in 14 Einsätzen für Hertha weder als Torschütze noch als Vorbereiter aufgefallen. Trotzdem ist es gut möglich, dass der 27-Jährige heute, wenn es im Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt (15.30 Uhr, live bei Sky) um den entscheidenden Schritt zum Klassenerhalt geht, zum ersten Mal in dieser Saison in der Startelf steht. Trainer Pal Dardai hat am Tag vor dem Spiel zumindest noch offen gelassen, mit wem er die Stelle im Sturm zu besetzen gedenke.

In der Rückrunde hat Salomon Kalou nur ein einziges Tor erzielt

Dass Wagner mit seiner bisherigen Bilanz überhaupt in der Verlosung ist, liegt daran, dass die Bilanz seines Kollegen Salomon Kalou aktuell nicht wesentlich besser ausfällt. Im Sommer wurde die Verpflichtung des leibhaftigen Champions-League-Siegers von den Hertha-Fans noch hymnisch gefeiert, inzwischen ist allgemeine Ernüchterung eingekehrt. In der Rückrunde hat der Ivorer (nach fünf Treffern vor der Winterpause) nur noch ein einziges Tor erzielt; seit neun Spielen oder 738 Spielminuten ist er inzwischen ohne Treffer – und am vergangenen Wochenende, bei der Niederlage in Dortmund, wurde er bereits zur Pause vom Platz genommen. „Bei ihm fehlte etwas“, hat Trainer Dardai hinterher gesagt.

Was Hertha noch zum Klassenerhalt fehlt, ist ein Sieg aus den beiden verbleibenden Saisonspielen. Doch um zu siegen, muss die Mannschaft Tore schießen. Und genau daran hapert es schon seit Wochen. Ganze elf Tore hat Hertha in der Rückrunde erzielt, nur der Aufsteiger Paderborn hat noch weniger geschossen (neun). Das kommt nicht von ungefähr: Seitdem Dardai Trainer ist, liegt der Fokus verstärkt auf der Defensive. Hertha verteidigt etwas tiefer als unter Jos Luhukay. Dadurch hat die Mannschaft zwar deutlich an Stabilität gewonnen – allerdings auf Kosten der Offensive, weil der Weg zum gegnerischen Tor nach Ballgewinnen nun deutlich länger ist. Kalou startete in den vergangenen Wochen mehrere Konterversuche, doch immer, wenn er die für den Gegner kritische Zone erreicht hatte, verlor er Konzentration, Geschwindigkeit und letztlich auch den Ball.

Julian Schieber ist mit sieben Treffern Herthas bester Torschütze

„Für Salomon ist es schwer in unserem Spielsystem“, sagt Dardai. Trotzdem denkt er nicht darüber nach, das System dahingehend zu ändern, dass Kalous Stärken besser zur Geltung kommen. „Wir werden nicht Hurrafußball spielen“, verkündete er vor dem Spiel gegen Frankfurt. „Das taktische Konzept bleibt.“ Die andere Möglichkeit wäre, einen Stürmer aufzubieten, der mit dem System besser zurechtkommt. Dummerweise gibt es den in Herthas Kader derzeit nicht. Auch Sandro Wagner ist eher ein Vollstrecker, der im Strafraum bedient werden muss. Allerdings taugt er etwas mehr als Kalou zum Zielspieler, der die Bälle auch mal behaupten kann, bis die Mitspieler nachgerückt sind. „Beide sind ähnliche Stürmer, beide können knipsen“, sagt Dardai, „aber beiden fehlt auch ein Tick Schnelligkeit.“

Ein anderer Stürmertyp ist Julian Schieber, der gern mit Anlauf aus dem Mittelfeld kommt und den Co-Trainer Rainer Widmayer für besonders stark hält, wenn er mit dem Gesicht zum Tor spielt. Schieber ist mit sieben Treffern immer noch Herthas bester Torschütze – obwohl er seit zwölf Wochen verletzt ausfällt.

Für Dardai, der gerade in seiner Heimat Ungarn die Fußballlehrer-Lizenz erhalten hat, heißt das: Er muss mit dem vorhandenen Personal zurechtkommen. Also lobt er Wagner für den Eifer im Training und den nimmermüden Einsatz als Einwechselspieler. Und hebt die besonderen Fähigkeiten Kalous hervor, seine überraschenden Bewegungen und Pässe etwa, anstatt auf seinen Defiziten herumzuhacken. „Jedes Mal wenn wir gewonnen haben, hat Salomon da mit dringesteckt“, sagt er. Das grundsätzliche Vertrauen in Kalou ist immer noch vorhanden. Pal Dardai sagt: „Ich glaube, er wird noch knipsen.“

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