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Mit einer klaren Linie überzeugt er seine Mannschaft. Markus Babbel tritt am Spielfeldrand nur dann in Erscheinung, wenn er glaubt, seine Spieler zu erreichen.

© dpa

Nach dem Sieg in Wolfsburg: Hertha BSC: Das erzwungene Glück

Markus Babbel hat sich einen unverstellten Blick für seine Spieler und die Spiele seiner Mannschaft erhalten – das lässt Hertha als leichteren Gegner erscheinen, als es die Berliner in Wirklichkeit sind

Ein wenig wirkt es so, als freue sich Markus Babbel über sich selbst. Da steht er nun am Rand des Trainingsgeländes, ist wegen des 3:2-Sieges in Wolfsburg vom Vortag bestens gelaunt und gibt bereitwillig Einsicht in seinen inneren Kosmos, der geprägt ist von einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Von der sonntäglichen Schicht hat der Trainer von Hertha BSC zahlreiche Spieler aus seinem Kader befreit, sie dürfen die spätherbstliche Sonne anderswo genießen.

Dieses Mal trifft es Spieler wie die Südamerikaner zum Beispiel, und Pierre-Michel Lasogga und Nikita Rukavytsya, die keine Vergangenheit bei einem anderen Bundesligaklub haben und eben nicht, wie jüngst die Berliner Bayern-Fraktion nach dem Spiel ein paar Tage länger in München bleiben und das kollektive Auslaufen schwänzen durften. „Man muss da gerecht sein“, sagt Babbel.

Doch sein Gerechtigkeitsempfinden kennt nicht nur Großmut, sondern auch „unpopuläre Maßnahmen“, wie er es nennt. Vor dem Spiel in Wolfsburg hatte es die beiden populären Spieler Patrick Ebert und Änis Ben-Hatira getroffen. Beide flogen aus sportlichen Gründen aus dem Kader. Babbel hatte es missfallen, wie die Stammspieler sich zuletzt in der Gruppe bewegt hätten. „Ich stelle sie nicht an den Pranger, aber im Moment sind sie nicht in der Lage, der Mannschaft zu helfen“, sagt Babbel. Wenn seine Vorgaben nicht umgesetzt würden, aus welchen Gründen auch immer, dann „muss ich reagieren als Trainer“. Mit den beiden Spielern habe er mehrmals ausführlich gesprochen, angemahnt, wie wichtig taktische Disziplin für den Erfolg von Hertha sei. Wenn das nicht begriffen werde, „ist es für mich legitim zu sagen: So, jetzt kommen andere rein“.

Der nette und verbindliche Herr Babbel kann eben auch anders. Seine Mannschaft weiß das. So hatte es vor einigen Wochen auch schon Raffael getroffen, den besten Fußballer der Berliner, der vom Trainer öffentlich gerügt wurde. Der Brasilianer zeigte die gewünschte Reaktion und spielt seitdem mit Verve, wodurch seine großen Qualitäten zum Tragen kommen. Nicht erst in Wolfsburg, wo er die wichtige Führung erzielte zu einem Zeitpunkt, als Hertha auch mit zwei, drei Toren hätte hinten liegen können.

Und auch das spricht für Babbel: Er hat sich nicht nur einen unverstellten Blick auf seine Spieler erhalten, sondern auch auf die Spiele seiner Mannschaft. Es sei eben auch viel Glück dabeigewesen beim spät gesicherten 3:2-Auswärtssieg in Wolfsburg. Denn seine Mannschaft sei überhaupt nicht gut reingekommen ins Spiel. Man hätte dem Gegner „zu viele Chancen gestattet“. Bloß gut, dass die Wolfsburger mit ihren fantastischen Offensivkräften das nicht zu nutzen wussten. Danach aber hätte sich sein Team gut reingebissen und bis zum Schluss alles gegeben. „Trotzdem müssen wir es besser hinbekommen“, mahnt Babbel, „es kann nicht sein, dass wir auswärts drei Tore schießen müssen, um zu gewinnen.“

Der 39-Jährige tut Hertha gut. Insbesondere durch seine gelassene, aber auch konsequente Art in der Menschenführung. Sein Einfluss auf die Gruppe ist wertvoller als man gemeinhin meint. Er nennt die Dinge deutlich beim Namen, in beide Richtungen. Mancher mag Babbel unterschätzen, der in der täglichen Trainingsarbeit nicht das Wort führt, der an der Seitenlinie so reduziert agiert, der sich von den Stimmungen und Schwingungen um Hertha herum nicht ergreifen und davontragen lässt. Und vielleicht ist ja auch das ein Teil des Geheimnisses Herthas: Es sieht leichter aus, gegen die Berliner zu spielen, als es tatsächlich ist. Denn natürlich wussten die Wolfsburger, dass Hertha mit Ramos und Rukavytsya schnelle Konterspieler und mit Raffael einen Einfädler haben, der die Lücken sieht und selber marschieren kann, wie es Felix Magath hinterher sagte.

Markus Babbel spielt dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle. Er lässt sich nicht verrückt machen vom Getöse ringsherum, so bleibt er cool in der Ansprache an die Mannschaft und bei der Absprache mit ihr. Wenn gesagt ist, dass die Münchner in ihrer alten Heimat verweilen dürfen, dann ändert auch eine Klatsche nichts daran. Und so hat er auch nicht die Nerven nach dem lausigen 0:0 gegen Mainz verloren. „Es ist wichtig, dass sich jeder darauf besinnt, was wir wollen“, sagt Babbel in Richtung der beiden angezählten Ebert und Ben-Hatira, „sie müssen darüber nachdenken, weshalb ich das mache. Beide können uns helfen, das haben sie schon gezeigt, aber da müssen sie erst wieder hinkommen.“ Am Sonntag trainieren beide unter Babbels Aufsicht. Der Rest macht derweil frei. Wieder mal hat es in beiden Richtungen nicht die Falschen getroffen.

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