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Spiel mit Wunden. Fabian Lustenberger musste bei seinem Startelfdebüt für Hertha vorzeitig vom Platz. Auch für die anderen Berliner war es ein schmerzhafter Nachmittag.

© dapd

Nach dem 0:0 gegen Mainz: Hertha und die Last der Geschichte

Das Spiel gegen Mainz zeigt, dass Hertha BSC eben doch nur ein ganz normaler Aufsteiger ist. Das Spiel zu machen, fällt den Berlinern noch schwer.

Fabian Lustenberger trug eine wollene Mütze auf dem Haupt, aber sie diente nicht dazu, den Verlust seiner Lockenpracht zu kaschieren. „Gott sei dank musste sie nicht dran glauben“, sagte der Mittelfeldspieler von Hertha BSC. Überhaupt war der Zusammenprall von Lustenbergers Kopf mit dem Stollenschuh seines Kollegen Andre Mijatovic noch relativ glimpflich abgelaufen. Keine Gehirnerschütterung, keine Übelkeit, die Wunde musste nicht einmal genäht werden, und auch die Kopfschmerzen waren über Nacht weitgehend abgeklungen. Doch selbst wenn der Auftritt durch die Verletzung ein jähes Ende gefunden hatte und das 0:0 gegen Mainz für die Berliner alles andere als befriedigend gewesen war, „die Freude überwiegt“, sagte Lustenberger.

Der Schweizer war vermutlich der einzige Berliner, der dem Spiel etwas Positives abgewinnen konnte. Erstmals in dieser Saison stand er in der Startelf – im Nachhinein aber erwies sich das als zweifelhaftes Vergnügen. „Es gibt sicher angenehmere Spiele, um in die Mannschaft reinzukommen“, sagte Trainer Markus Babbel. Bei Hertha lief wenig zusammen: Die Mainzer blockierten die Lieferwege der Berliner in die Spitze, ein Aufbauspiel fand de facto nicht statt. „Es war insgesamt ein schwieriges Spiel, besonders für die Mittelfeldspieler“, sagte Lustenberger. „Wir sind viel hinterhergelaufen.“

Es war nicht das erste Mal, dass Hertha mit diesen Problemen zu kämpfen hatte. Gegen Nürnberg zum Saisonauftakt war es ähnlich, gegen den Mitaufsteiger Augsburg ebenso. „Ich habe das Gefühl, dass sich meine Mannschaft schwer tut, wenn schon unter der Woche die Erwartung da ist, dass man als Favorit ins Spiel geht“, sagte Babbel. Richtig erklären kann er das nicht. Mainz sei doch kein Gegner, bei dem man vor Ehrfurcht erstarren müsse.

Aber eben auch keiner, den man mal eben in Grund und Boden spielt. „Wir müssen akzeptieren, dass wir Aufsteiger sind“, sagte Kapitän Mijatovic. Doch diese Erkenntnis hat sich immer noch nicht flächendeckend durchgesetzt. Hertha geht eben nicht als der typische Bundesliga-Neuling durch. „Das höre ich jede Woche von meinen Kollegen, dass Hertha kein normaler Aufsteiger ist“, sagt Babbel. „Aber damit müssen wir leben.“ Doch einfacher macht das die Sache nicht. Hertha leidet ein wenig unter der eigenen Geschichte. Dass von der Mannschaft mehr erwartet wird, als sie zu leisten imstande ist, zeigte sich am Samstag nach dem Abpfiff. Das 0:0 gegen den Tabellenfünften der Vorsaison wurde von Herthas Fans mit wütenden Pfiffen bedacht.

Die bisherigen Ergebnisse der Berliner wirken ein wenig so, als wären sie am Würfeltisch zustande gekommen. Hertha hat beim Tabellenzweiten Dortmund gewonnen, den Dritten Stuttgart geschlagen – sich gegen den Fünfzehnten Mainz aber keine echte Torchance erspielt. In Wirklichkeit sind solche Resultate typisch für einen Aufsteiger. Die Mannschaft lebt sehr stark von ihrer Mentalität und profitiert davon, wenn die anderen der Favorit sind – das ist weniger eine Frage der Einstellung als der taktischen Möglichkeiten.

„Unsere Stärke ist, dass wir gut stehen und nach Ballgewinn schnell umschalten“, sagt Lustenberger. „Das Spiel zu machen ist noch ein bisschen unser Problem. Da müssen wir bessere Lösungen finden.“ Hertha steht generell sehr tief, weil die Viererkette nicht die schnellste ist und der Gegner hinter der letzten Linie nicht zu viel Raum vorfinden darf. Das war selbst gegen Mainz so, hat aber gerade in Heimspielen gegen vermeintlich schwächere Teams gravierende Auswirkungen auf das Spiel nach vorne.

Wenn Hertha gegen die aggressiven Mainzer überhaupt einmal den Ball gewinnen konnte, war der Weg zum gegnerischen Tor viel zu weit. Einmal lief Raffael in der eigenen Hälfte los, zwei Mainzer hängte er ab, kurz vor deren Strafraum aber wurde er von vier Gegenspielern gestellt. „Wir haben nicht verstanden, uns durchzusetzen“, sagte Babbel. Weil Mainz früh attackierte, versuchte Hertha es viel zu oft mit langen Bällen. Doch das war keine taktische Vorgabe, sondern Ausdruck einer gewissen Hilflosigkeit.

Dem Mittelfeld fehlte es an Staffelung, weil Lustenberger und Ottl zu sehr auf einer Linie spielten. Peter Niemeyer, der anfangs auf der Bank saß, bringt mehr Tiefe ins Spiel: Er geht weite Wege und stellt damit eine Verbindung zur vorderen Linie her. „Zu Hause müssen wir ein bisschen mehr Feuer haben, die Zweikämpfe gewinnen“, sagte Fabian Lustenberger, „aber das ist schwierig, wenn man gar nicht in die Zweikämpfe reinkommt.“

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