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Vom Regen in die Relegation: Patrick Ebert und Thomas Kraft freuen sich aufs Nachsitzen.

© dapd

Nach Herthas 3:1 gegen Hoffenheim: Sieg mit Nebenwirkung

Das 3:1 gegen Hoffenheim war ein Sieg mit Nebenwirkungen. Mit positiven. Hertha BSC gewinnt mit dem Erfolg am letzten Spieltag auch den Glauben an die eigene Stärke zurück.

Ein bisschen Demut ist in der aktuellen Situation ganz sicher nicht die schlechteste Eigenschaft. Deswegen hat sich Peter Niemeyer auch ganz entschieden gegen vorzeitige Glückwünsche gewehrt, nachdem Hertha BSC sich am letzten Spieltag der Fußball-Bundesliga durch ein 3:1 gegen die TSG Hoffenheim auf einen Relegationsplatz gerettet hatte. Ein Grund zur Freude, sicher, mehr aber auch nicht. „Wir sind nur unendlich froh, dass wir nach so einer beschissenen Rückrunde vom lieben Gott noch die Chance bekommen haben, die Relegation zu spielen“, sagte Niemeyer.

Ein bisschen Selbstvertrauen ist ganz sicher nicht die schlechteste Eigenschaft wenn ein Bundesligist in zwei Ausscheidungsspielen gegen den Dritten der Zweiten Liga antreten muss. Dieses Selbstvertrauen haben sich die Berliner, nach Wochen voller berechtigter Zweifel und Selbstzweifel, am Samstag mit dem Erfolg gegen Hoffenheim zurückerobert. „Man sieht wozu man in der Lage ist, was man schafft, wenn man sein Herz in die Hand nimmt“, sagte Peter Niemeyer. „Ich glaube, das ist eine Menge.“ Es ist auf jeden Fall mehr, als viele erwartet hatten.

Das 3:1 gegen Hoffenheim in Bildern:

So richtig trauen die Herthaner und ihre Fans der neuen Chance trotzdem noch nicht. Sie haben in dieser Saison schon zu viel erlebt, um mit ungeteiltem Optimismus in die Relegation gegen Fortuna Düsseldorf zu gehen. Aber überhaupt wieder optimistisch sein zu dürfen – das ist der entscheidende Unterschied zu den vergangenen Wochen, als alles zusammenzukrachen schien. „Uns sind alle Steine vom Herzen gefallen“, sagte Co-Trainer Ante Covic. „Aber wir tragen immer noch einen kleinen Rucksack auf dem Rücken.“

Herthas Sieg gegen Hoffenheim war ein Sieg mit Nebenwirkungen. Mit positiven. „Die Mannschaft hat das geschafft, was man ihr immer abgesprochen hat: dass sie entscheidende Spiele nicht gewinnen kann“, sagte Manager Michael Preetz. Diese Erkenntnis ist für die beiden Duelle gegen die Fortuna sicher nicht die schlechteste. Entscheidender als Relegation geht nämlich nicht. Da gibt es nur Schwarz oder Weiß, hopp oder top, Held oder Versager. Gerade deshalb spielt die Psychologie eine nicht zu unterschätzende Rolle. Und sie spricht – was man vor wenigen Tagen kaum für möglich gehalten hätte – sogar ein bisschen für Hertha.

Energie Cottbus als mahnendes Beispiel

Auch gegen Hoffenheim gab es Phasen, die Zweifel an der psychischen Stabilität der Berliner aufkommen ließen. „Alle waren zwar bereit“, sagte Trainer Otto Rehhagel, „aber wenn man ein bisschen übermotiviert ist, lähmt das auch die Beine.“ Der glückliche Ausgang sollte den Berlinern ein wenig mehr Zuversicht in ihre eigene Stärke vermittelt haben. „Es ist ein Unterschied, ob du mit einem Sieg in die Relegation gehst oder ob du da so reintaumelst“, sagte Preetz. So wie vor drei Jahren der FC Energie Cottbus, der sich am letzten Spieltag auf den Relegationsplatz rettete – und dann dem Zweitligisten Nürnberg unterlag. Die Cottbuser hatten schon das Erreichen der Relegation als so großen Erfolg verstanden, dass ihnen im entscheidenden Moment die nötige Spannkraft fehlte.

Diese Gefahr besteht natürlich auch bei den Berlinern, die erst im letzten Moment vom vorletzten auf den drittletzten Platz gehüpft sind. Zumindest ist der Mannschaft diese Gefahr bewusst. „Es bringt nichts, wenn wir uns in Sicherheit wiegen“, sagte Niemeyer. Von Taumeln aber kann nach dem Erfolg gegen Hoffenheim keine Rede mehr sein, auch wenn der Trend in der Rückrunde bei Hertha eindeutig negativ war. Doch das trifft mindestens im selben Maße auf die Düsseldorfer zu, die im Winter souverän und ohne Niederlage die Zweite Liga angeführt haben und in der Rückrundentabelle mit nur noch 21 Punkten Platz neun belegen.

So verlief Herthas Saison 2011/12:

Neben der psychischen Komponente gibt es für Hertha in der Relegation allerdings auch noch eine physische. „Viele Spieler sind körperlich am Limit“, sagte Peter Niemeyer, der gegen Hoffenheim erneut als Verteidiger aushelfen musste. Christoph Janker und Roman Hubnik haben nach ihren Verletzungen kaum regenerieren können. Doch mangels Alternativen werden sie auch gegen Düsseldorf wieder spielen müssen, im Rückspiel am Dienstag kommender Woche notfalls inklusive Verlängerung.

Noch ärger sieht es im Sturm aus, in dem Hertha ohnehin nur über zwei konkurrenzfähige Spieler verfügt. Pierre-Michel Lasogga hat sich, wie befürchtet, einen Kreuzbandriss zugezogen und fällt sechs Monate aus. So bleibt für den Angriff nur noch Adrian Ramos, der in den vergangenen Wochen fast schon bemitleidenswert über den Platz gestolpert ist. Angesichts der bevorstehenden Aufgaben alles andere als eine beruhigende Aussicht Andererseits: Nie war es für Ramos einfacher, zum Helden zu werden.

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