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Lima

© dpa

Hertha: Endlich zu Hause

Der teuerste Neuzugang Herthas hat endlich getroffen. Mit seinem ersten Bundesliga-Tor soll für Herthas André Lima eine schwierige Eingewöhnungsphase enden.

Berlin - Aus André Lima könnte wirklich mal ein großer Stürmer werden. Er bringt alles mit, was für eine erfolgreiche Karriere notwendig ist: Lima weiß genau, was er will, zudem verfügt er über eine gewisse Anpassungsfähigkeit. „Nur Kommentar, keine Fragen“, ließ der brasilianische Stürmer von Hertha BSC den Journalisten über seinen Dolmetscher ausrichten, und dann spulte er ungefragt sein Statement ab. Es endete mit einem Dank an – in dieser Reihenfolge – den Trainer, seine Mitspieler, Gott, seine Frau, seine Tochter und den verletzten Kollegen Lucio, dem er sein erstes Tor in der Bundesliga widmete. Dann verschwand Lima. Dass es in Deutschland unter Fußballern zurzeit Mode ist, nicht oder nur wenig mit Journalisten zu sprechen, hat er also schon mitbekommen. Aber vielleicht handelte es sich auch um seine kleine Form der Rache. „Er hat viel Kritik einstecken müssen, wurde von der Presse und den Medien schon abgeschrieben“, sagte Herthas Kapitän Arne Friedrich. „Deshalb freue ich mich für ihn.“

Am Ende war es kaum noch zu ermitteln, bei wem die Freude größer war: in seinem unmittelbaren Umfeld oder bei Lima selbst. Immerhin fiel dessen Jubel exzessiver aus, nachdem er drei Minuten vor Schluss zum 1:0-Endstand gegen Hannover 96 getroffen hatte: Erst hüpfte er über die Bande und ging vor der Ostkurve demütig auf die Knie, beim Weg zurück aufs Feld bestieg er dann die Werbebande, riss die Arme in die Luft und gebärdete sich wie ein Triumphator. „Ich bin auch nur ein Mensch“, sagte Lima später. „Ich habe eine gewisse Zeit gebraucht, um mich anzupassen. Ich hoffe, dass es jetzt besser wird.“ Herthas Manager Dieter Hoeneß sagte, er wisse, was in Lima vorgehe, „aber er weiß auch, dass ich Vertrauen zu ihm habe“. Der Verein habe keinerlei Druck auf ihn ausgeübt, „ich glaube, er hat diesen Druck selbst empfunden“.

Ende August hatte Lima bei Hertha einen Vertrag über vier Jahre unterschrieben – mit der Option allerdings, seinem neuen Verein auch sofort zu helfen, nachdem Christian Giménez den Verein kurzfristig verlassen hatte. Der Brasilianer, 22 Jahre alt, sollte im Grunde so etwas sein wie Giménez in Jünger, Schneller und Eifriger, ein typischer Strafraumstürmer und damit die perfekte Ergänzung zum allgegenwärtigen Marko Pantelic. Lima kam aus dem laufenden Spielbetrieb in Brasilien nach Berlin, war in seiner Heimat Torschützenkönig geworden, und auch die Ablöse von 3,5 Millionen Euro ließ auf eine gewisse Qualität schließen. Doch Lima fremdelte zunächst in der neuen Umgebung. „Ich verstehe, dass ich anfangs stark kritisiert wurde“, sagte er. „Vielleicht wollte ich auch zu schnell zu viel.“

Weil Trainer Lucien Favre zuletzt meistens nur einen echten Stürmer aufbot, war für Lima kein Platz mehr in der Mannschaft. Nur am fünften Spieltag in Duisburg spielte er 90 Minuten durch, in den vergangenen drei Begegnungen kam er überhaupt nicht zum Einsatz, und auch gegen Hannover durfte der Brasilianer nur aufs Feld, weil Marko Pantelic nach einer halben Stunde mit einer Wadenzerrung ausgewechselt werden musste. Dass Favre in dieser Situation Lima brachte und nicht Solomon Okoronkwo, der in dieser Saison bereits vier Tore erzielt hat, war zumindest für Dieter Hoeneß keine Überraschung. „Er hat gut trainiert zuletzt“, sagte Herthas Manager. „Man sieht es an seinen Bewegungen: Er gewöhnt sich langsam an die Bundesliga.“ An das höhere Tempo, die größere Intensität und auch an die ungewohnte Härte der Verteidiger, die sich nicht einfach wegschieben lassen. Hoeneß ist überzeugt, „der Junge ist willig und lernbereit“.

Gegen Hannover wollte Herthas Manager bereits Fortschritte gesehen haben. „Es war wichtig, dass er an den ersten Pfosten geht“, sagte Hoeneß. „Das musst du als Stürmer machen.“ In der Schlussphase des Spiels schlich sich Lima auf diese Weise tatsächlich zweimal an den rechten Fleck, zweimal traf er nach Hereingaben von außen ins Tor, zweimal stand er allerdings knapp im Abseits. Beim zweiten Mal aber zählte der Treffer. „Ein bisschen Glück gehört auch dazu“, sagte Dieter Hoeneß.

Glück oder nicht – bei Hertha hoffen sie nun vor allem auf die therapeutische Wirkung des Erfolgserlebnisses. „Das Tor kann Lima helfen“, sagte Trainer Favre. „Er ist jetzt frei im Kopf.“ Und mittelfristig steigen auch seine Chancen auf einen Stammplatz in der Mannschaft. „In Zukunft will ich mit zwei Stürmen spielen“, sagte Favre. Mit seinem Auftritt gegen Hannover hat André Lima zumindest angedeutet, dass er diesem Vorhaben nicht mehr im Wege steht.

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