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Der Beginn eines denkwürdigen Nachmittags. Adrian Ramos bringt Aufsteiger Hertha in Führung. Am Ende steht ein rauschhafter 6:1-Sieg gegen Europacupteilnehmer Frankfurt.

© AFP

Hertha - Frankfurt 6:1: Das ist die Spitze!

Bundesliga-Aufsteiger Hertha BSC ist zurück in der Bundesliga - und wie: Die Berliner besiegen Eintracht Frankfurt überzeugend mit 6:1 und stehen damit vorerst an der Tabellenspitze.

Gegen vier Uhr, als die neue Bundesligaspielzeit eine halbe Stunde alt war und der Regen über Berlin einsetzte, war Hertha BSC endgültig in der obersten Spielklasse angekommen. Der Bundesligadebütant John Anthony Brooks, junge 20 Jahre alt, hatte gerade das 2:0 erzielt, da stand die Ostkurve Kopf. Die Herthafans unter den 54.376 Besuchern im Olympiastadion jubelten und johlten. Die Freude über die Rückkehr ihrer Mannschaft nach 452 Tagen Bundesligaabstinenz war unüberhörbar. Am Ende stand ein sattes, ein „unglaubliches“ (Trainer Jos Luhukay) 6:1 (2:1) gegen Eintracht Frankfurt, das Überraschungsteam der Vorsaison.

Noch nie hat Hertha nach einer Bundesligarückkehr das erste Spiel gewinnen können, und nun das. Die Berliner feierten ihren höchsten Sieg seit dem 6:0 gegen Borussia Mönchengladbach vor fast neun Jahren. Es war ein Sieg mit Ausrufezeichen. Berlin ist zurück – und wie! „Es ist ein wunderschöner Tag für Berlin, für die Fans und für die Mannschaft“, sagte Luhukay hinterher. „Das kann man nur träumen. Heute bin ich ein glücklicher Trainer.“ Mit dem Erfolg schoss sich Hertha an die Tabellenspitze. Wie lange dieses Hochgefühl die Mannschaft durch die Bundesliga trägt, wird sich zeigen. Aber den tollen Auftakt nimmt der Mannschaft niemand mehr. Das macht Hoffnung.

Den Grundstein legte Herthas Trainer mit einer personellen Entscheidung, die viele, vor allem die Frankfurter überraschte. Für Peer Kluge, der gesetzt schien, spielte Hajime Hosogai von Beginn an im zentralen Mittelfeld. Anders als die drei anderen Sommerzugänge, Sebastian Langkamp, Alexander Baumjohann und Johannes van den Bergh, mit denen in der Startelf zu rechnen gewesen war, hatte der Japaner Hosogai die halbe Vorbereitung verpasst.

Doch gerade der 27-Jährige sollte mit seiner Agilität und Wendigkeit, mit seinem klugen Stellungs- und sicheren Passspiel zum entscheidenden Faktor dieses Spiels werden. Hosogai brachte vor allem Tempo und Witz in den Auftritt der Berliner. „Er war heute überragend“, sagte Luhukay.

Aber es brauchte etwas Zeit. Die Berliner zeigten sich zunächst flatterig. Der Gast hatte gleich zwei gute Möglichkeiten. Doch Hertha überstand diese kleine Eingewöhnungsphase, kam dann immer besser in Tritt. Marcel Ndjeng und Adrian Ramos trafen die Latte. Es waren die Vorboten eines Angriffs, wie er Luhukay vorschwebt: Im defensiven Mittelfeld eroberte Kapitän Fabian Lustenberger den Ball und sofort initiierte er einen Gegenangriff. Der Ball wurde schnell und direkt nach vorn gespielt, über Baumjohann und Sami Allagui landete er auf dem linken Flügel bei Änis Ben-Hatira, der ein Auge für den in der Mitte mitgelaufenen Ramos hatte und diesen bediente. Der Kolumbianer hatte keine Mühe, den Ball über die Torlinie zu drücken.

Am Ende durfte noch der Aufstiegsheld ran - und treffen

Dieser Konter machte Luhukays Mannschaft selbstbewusst. Nur wenige Minuten später verhinderte Kevin Trapp im Frankfurter Tor mit einer Parade das 2:0 durch Baumjohann. Trapp gab nach einem Handbruch im März gestern sein Comeback. Allerdings war er nach einer halben Stunde und einer Ecke von Hertha machtlos. Der erste Schuss von Ben- Hatira konnte noch geblockt werden, der Nachschuss von Brooks aber fand die Lücke durch die vielen Beine im Strafraum. Für Brooks löste der Treffer bei seinem Bundesligadebüt ungeahnte Gefühle aus. Der lange Kerl hüpfte wie wild durch die Reihen seiner jubelnden Mitspieler.

Die Frankfurter kapierten nun, dass mit ihrem trägen Spiel beim mutigen und frechen Aufsteiger nichts zu holen sein würde. Die Eintracht spielte direkter und dadurch schneller und brachte so die Berliner Defensive in kleinere Verlegenheiten. Torwart Thomas Kraft erwies sich als guter Rückhalt, einmal lenkte er mit einem Reflex einen Kopfball von Marco Russ an den Pfosten.

Doch im folgenden Gewühl brachte das lange Bein von Ramos den Frankfurter Jan Rosenthal zu Fall. Den fälligen Elfmeter verwandelte Alexander Meier zum 1:2. Direkt vor der Pause hätte Hertha dann sogar noch auf 3:1 erhöhen können. Doch nach einer Ecke köpfte Allagui den Ball gegen die Latte.

Sein Tor aber holte der 27 Jahre alte Tunesier gleich zu Beginn der zweiten Hälfte nach. Nach einem Traumpass von Hosogai auf Baumjohann flankte dieser sofort vor das Tor, wo Allagui goldrichtig stand. Das 3:1 war Formsache. Viel schwieriger, dafür umso gehaltvoller, war Allaguis Abschluss nur wenige Minuten später, als er wieder von Hosogai per Steilpass in Szene gesetzt wurde, aber noch Frankfurts Torwart zu verladen hatte. Es klappte: 4:1.

Das Spiel war entschieden. Hertha war nicht nur die dominantere, sondern vor allem die lustvollere Mannschaft. Selten hat man in den zurückliegenden Monaten, vielleicht gar Jahren, in Berlin eine spielerisch so schwungvolle und ideenreiche Hertha-Mannschaft gesehen. Das 5:1 durch Adrian Ramos 20 Minuten vor Schluss war nahezu perfekt herausgespielt und sah unglaublich leicht aus.

Der Rest war Schaulaufen. Luhukay brachte Nico Schulz, Peer Kluge und Ronny ins Spiel. Dass einem weiteren Tor von Ramos wegen Abseits zu Unrecht die Anerkennung versagt blieb, konnte die Laune nicht beeinträchtigen. Denn auch Aufstiegsheld Ronny hatte noch sein persönliches Erfolgserlebnis. Nachdem er sich dreier Frankfurter mit Leichtigkeit entledigt hatte, traf er zum 6:1-Endstand. Der Jubel der Fans kannte keine Grenzen mehr. Und auch die Spieler bekamen das Lächeln nicht mehr aus ihren Gesichtern. Oder wie es Änis Ben-Hatira ausdrückte: „6:1 – das ist mal ’ne krasse Ansage.“

Lesen Sie hier in unserem Live-Blog den Spielablauf nach.

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