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Sport: Hertha - Freiburg: Eine Minute reicht nicht

Er hoffe, dass auch die Berliner Journalisten dafür Verständnis haben, dass man in der Freiburger Kabine freudig feiere, meinte Volker Finke, fast entschuldigend. Sie hatten.

Er hoffe, dass auch die Berliner Journalisten dafür Verständnis haben, dass man in der Freiburger Kabine freudig feiere, meinte Volker Finke, fast entschuldigend. Sie hatten. Schließlich war den von Finke trainierten Bundesliga-Fußballern des SC Freiburg im Olympiastadion, in dem bis vor kurzem die Gäste brav die Punkte abgeliefert hatten, ein Coup gelungen. Nach einem 0:2-Rückstand gegen Hertha BSC ein 2:2 erspielt und erkämpft - da musste auch der neutrale Beobachter Anerkennung zollen. Zumal dieses Unentschieden hochverdient war. Dieser Einschätzung Finkes stimmte sein Gegenspieler Jürgen Röber zu. Und wer wollte bei so viel geballter Kompetenz widersprechen?

Es war ein Tag der Premieren. Noch nie hat Hertha in dieser Saison unentschieden gespielt, noch nie einen Elfmeter zugesprochen bekommen und erstmals im fünften Spiel gegen Freiburg ein Tor kassiert. Apropos Elfmeter: Über die wurde gestern noch lange heftig diskutiert. Weniger von Finke, der meinte, es sei doch müßig, zudem habe es für beide Mannschaften einen gegeben und damit sei ausgleichende Gerechtigkeit geschehen. Nicht ganz. Am Strafstoß, den Diarra an Pal Dardai verschuldete und den René Tretschok sicher zum 1:0 verwandelte, gab es nichts zu rütteln. Diarra hätte sogar die Gelbe Karte sehen müssen, die stattdessen sein Mitspieler Kondé wegen (überflüssigen) Reklamierens gezeigt bekam.

Weit mehr Diskussionsstoff bot der zweite Elfmeter, den Schiedsrichter Merk in der 73. Minute verhängte und den Kobiaschwili in der 73. Minute zum Endstand verwandelte. Auch die Fernseh-Zeitlupe konnte nicht Merks Überzeugung bestätigen, Marko Rehmer habe Sellimi elfmeterreif gefoult. War es eine Konzessions-Entscheidung, dass Merk in der Schlussphase nach einem Foul von Sebastian Deisler nicht zum dritten Male auf den Elfmeterpunkt zeigte? Sonst wären wohl die Freiburger als Sieger vom Platz gegangen.

Gemessen an der Zahl der Torchancen, wäre das ungerecht gewesen. Da hatte Hertha ein Plus. Doch wie die Gäste den 0:2-Rückstand wegsteckten, technisch hervorragenden, schnellen Fußball mit gelungenen Kombinationen und gutem Kurzpassspiel boten - das beeindruckte. Besser und effektiver haben in dieser Saison wohl nur die Schalker im Olympiastadion gespielt.

Wenn Röber ("Es ist schon bitter, im Heimspiel eine 2:0-Führung noch zu verschenken") später ein wenig enttäuscht dreinblickte, dann hatte das noch einen anderen Grund. Ihn ärgerte die Reaktion eines Teils der Zuschauer, die bei der Einwechslung von Ali Daei glaubten, Röber wolle Eyjölfur Sverrisson vom Platz holen und kräftig pfiffen. "Da hätte doch jedem klar sein müssen, dass ich Dick van Burik meinte, weil der seine Auswechslung signalisiert hatte", kommentierte Röber, der den Unwilligen mit einer Handbewegung zeigte, was er von deren Reaktion hielt. Van Burik erlitt nach Angaben von Mannschaftsarzt Ulrich Schleicher eine schwere Rippenprellung, bekam "zeitweilig keine Luft". Sein Einsatz am Donnerstag in Mailand ist zumindest fraglich. Schleicher: "Man muss abwarten, wie er mit den Schmerzen zurechtkommt."

Dass Röber nicht Sverrisson vom Platz nehmen wollte, lag auf der Hand. Schließlich erzielte der Isländer, erneut als Stürmer aufgeboten, mit einem Gewaltschuss das 2:0, übrigens schon sein drittes Saisontor, war auch sonst wertvoll. Als Daei, den er vorn verdrängte, ins Spiel kam, ging Sverrisson nach hinten und stand auch da seinen Mann. Verhindern konnte auch er nicht, dass die Freiburger weiter mit ihren überfallartigen Kontern für erhebliche Unruhe sorgten. Doch auf der Gegenseite war auch Richard Golz bei den vielen Hertha-Chancen reichlich beschäftigt.

Enttäuschend wie der Ausgang war auch die Zuschauerresonanz. Gerade mal 28 131 Zahlende wurden angegeben - Saison-Minusrekord. Erklärung von Manager Dieter Hoeneß: "Ich habe dafür auch keine Erklärung."

Klaus Rocca

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