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Sich Raum und Luft verschaffen. Pierre-Michel Lasogga (hier gegen den Leverkusener Kadlec) will mit Hertha an diesem Samstag gegen Kaiserslautern Platz 17 verlassen. Der Stürmer sorgt meist für Torgefahr.

© dpa

Hertha gegen Kaiserslautern: Ein furchtbar leichtes Spiel

Der Druck auf Hertha BSC steigt. Das Spiel gegen den designierten Absteiger Kaiserslautern könnte für die Berliner zur Befreiung werden – oder zur Belastung.

Die Lage wird immer dramatischer bei Hertha BSC. Ein Discounter hat den Preis für den Hertha-Kräuterlikör bereits von 8,99 Euro auf 5,99 heruntergesetzt, bei einer anderen Supermarktkette gibt es das Hertha-Bier im Sonderangebot. Ob die Handelskonzerne im Angesicht des nahenden Abstieges Trost in Flaschenform spenden wollen? Oder wollen sie für trunkene Zuversicht sorgen?

Und Otto Rehhagel muss sich bereits Fragen nach seiner seelischen Gesundheit anhören. Ein wirrer Fragesteller, der den Trainer schon mal frühstückend in einem Hotel erlebte, erkundigte sich, ob ihm Frühstücken Ruhe gebe und so vor dem Burnout bewahre.

Die Anspannung ist hoch bei Hertha vor dem Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern an diesem Samstag um 15.30 Uhr, da helfen weder Alkohol noch Frühstück noch beides kombiniert. Das drittletzte Bundesligaspiel der Saison ist kein entscheidendes im engeren Sinne: Die Berliner können weder den Klassenerhalt schaffen noch absteigen; nur Rettungsplatz 15 kann verloren gehen. Aber das Spiel entscheidet, ob Hertha überhaupt noch eine echte Chance auf den Klassenerhalt hat.

Gewinnt Hertha nicht und verliert Köln gegen Stuttgart, kann es zwar kurzfristig zum Relegationsrang reichen. Aber gegen wen wollen die Berliner überhaupt noch siegen, wenn nicht daheim gegen einen praktisch abgestiegenen Tabellenletzten? Sieglos zum Klassenerhalt – das ist eine mehr als vage Aussicht. Gegen die schlechteste Bundesliga-Mannschaft der Saison werden die wohl mehr als 50 000 Zuschauer im Olympiastadion auf einen erlösenden Sieg drängen. Dabei droht gerade das vermeintlich einfache Spiel gegen Kaiserslautern das schwerste der ganzen Saison zu werden.

Gegen wen soll Hertha noch gewinnen, wenn nicht gegen den Tabellenletzten?

„Ich muss meine Jungs warnen“, sagt Rehhagel, „nicht, dass sie glauben, gegen einen vermeintlichen Absteiger wird es einfach.“ Die Gefahr, den Gegner zu unterschätzen droht nicht, wenn man den Aussagen von Torwart Thomas Kraft glaubt: „Man hat gesehen, dass abgestiegene Mannschaften oft befreit aufspielen und guten Fußball zeigen.“

Die Gäste agieren im Anspruchsvakuum, die Heimmannschaft dagegen nah am Platzen vor Druck. „Wir dürfen uns nichts mehr zuschulden kommen lassen“, sagt Kraft, „wir müssen gewinnen, egal wie.“ Leider kommen nicht alle im Team so gut mit solch unzweideutigen Zielvorgaben klar wie der beständige Torwart. Seit Jahren tun sich die Berliner schwer bei Alles-oder-nichts-Spielen, und speziell zu Hause geht wenig zusammen. Nur vier der vergangenen 32 Bundesliga-Heimspiele haben sie gewonnen. „Bedenklich“, nennt Rehhagel die Heimschwäche. „Wir können nach guten Auswärtsspielen zu Hause nicht nachlegen, das muss sich in den letzten zwei Heimspielen ändern“, fordert Kraft.

Wie das gegen Kaiserslautern gehen soll, weiß der Torwart auch. Hertha dürfe „auf keinen Fall abwartend“ spielen. Doch die Mannschaft hat sich so sehr auf das Konterspiel verlegt, dass die eigene Spielkontrolle fast völlig verkümmert ist. Ein Hilfsmittel könnten zwei Angreifer sein. Zuletzt kam deutlich mehr Gefahr auf, wenn Pierre-Michel Lasogga und Adrian Ramos gemeinsam stürmten. Aber erstens will Rehhagel abwarten, wie fit sich Lasogga, der erst am Donnerstag wieder ins Training einstieg, präsentiert. Und zweitens hätte er dann keinen Stürmer mehr auf der Bank, um auf negative Spielereignisse zu reagieren. Der dritte Stürmerposten ist seit Rob Friends Abgang vakant.

"Auf keinen Fall abwartend spielen", sagt Torwart Thomas Kraft.

Beklagt wird jedoch weiter nur das Werkeln böser Mächte. Verletzungspech, Platzverweisen, Eigentoren und ausgelassenen Torchancen geben Rehhagel und Manager Michael Preetz im Chor die Schuld für die aktuelle Situation. Die Alibi-Wagenburg steht. Noch scheint Hertha nicht die Kraft zu haben, daraus auszubrechen.

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