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Bittere Erinnerung. Für Preetz endete das letzte Nürnbergspiel mit Tränen.

© dpa

Hertha gegen Nürnberg: Das Trauma aus dem Abstiegsjahr besiegen

Bei der Rückkehr in die Bundesliga spielt Hertha BSC auch gegen die Vergangenheit an - beim Abstiegsduell im März 2010 hatte Nürnberg im Olympiastadion triumphiert.

Berlin - Man wird am Samstagabend im Olympiastadion nicht aufs Spielfeld schauen müssen, um zu wissen, wann Raphael Schäfer, der Torhüter des 1. FC Nürnberg, am Ball ist. Man wird es laut und deutlich hören können. Jeder Ballkontakt des Nürnberger Kapitäns wird von Pfiffen begleitet werden, ein paar nicht jugendfreie Beschimpfungen inklusive. Der Fußballfan an sich vergisst eben nicht so schnell. Knapp anderthalb Jahre ist es her, dass Schäfer zum besonderen Liebling der Anhänger von Hertha BSC aufgestiegen ist. Sein Klub hatte gerade 2:1 bei den Berlinern gewonnen, Herthas Abstieg schien so gut wie beschlossen, doch anstatt sich still zu freuen, wandte sich Schäfer der Ostkurve zu, hob seine Arme und jubelte demonstrativ vor Herthas Anhang. Gut 150 Berliner Fans fühlten sich dadurch hinreichend provoziert, um anschließend den Platz zu stürmen.

Es ist eine nette Pointe, dass für Hertha BSC das Abenteuer Bundesliga nach einem Jahr Zwangsaufenthalt in der Zweitklassigkeit mit einem Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg beginnt. Für die Berliner ist dieses Duell wie ein Rendezvous mit der Vergangenheit. Mit einer dunklen Vergangenheit. Als Hertha und der Club im März 2010 zuletzt in der Bundesliga aufeinandertrafen, ging es für beide Mannschaften um die sportliche Existenz – und in keinem Spiel hat sich Herthas ruhmloser Abstieg so sehr verdichtet wie in diesem: mit Pech und Unvermögen, mit Trauer und Tränen, Frust und Wut.

Gegen Nürnberg spielte Hertha so stark wie vielleicht nie zuvor unter dem glück- und erfolglosen Trainer Friedhelm Funkel. Die Mannschaft hatte 60 Prozent Ballbesitz, brachte 25 Schüsse auf des Gegners Tor, erspielte sich Chancen en masse, ging nach vielen vergeblichen Versuchen endlich 1:0 in Führung – und verlor am Ende durch ein Kontertor des Nürnbergers Angelos Charisteas in der Nachspielzeit. Als die Niederlage amtlich war, brach Michael Preetz in Tränen aus. Es war das erste Mal, dass Herthas sonst so kontrollierter Manager öffentlich zeigte, wie sehr ihn der Absturz seines Klubs wirklich bewegte.

An diesem Samstag treffen Preetz und Hertha ihr Trauma wieder. „Das ist ein interessanter Aspekt“, sagt Preetz, „aber für mich spielt das überhaupt keine Rolle.“ Außerdem habe die Mannschaft von heute mit der aus der Abstiegssaison „nicht mehr allzu viel gemeinsam“. Aus der Elf von damals werden wohl nur Lewan Kobiaschwili und Adrian Ramos am Samstag noch auf dem Platz stehen; übrig geblieben sind außerdem Raffael, der vermutlich auf der Bank Platz nehmen wird, und Roman Hubnik. Der Tscheche konnte wegen seiner Fußprellung auch gestern noch nicht mit der Mannschaft trainieren und fällt definitiv aus. Dafür kann Trainer Markus Babbel wieder mit Maik Franz und Torhüter Thomas Kraft planen, die am Wochenende beim Pokal in Meuselwitz fehlten.

Michael Preetz will sich mit den Erinnerungen an das letzte Spiel gegen Nürnberg nicht länger aufhalten. Er weiß, dass das Thema dieser Tage wieder hochkommt, „aber wir setzen eine andere Überschrift über dieses Spiel“. Die Schlagzeile lautet: Hertha ist wieder zu Hause. Und obwohl es für die Berliner eine Rückkehr ist, wissen sie noch nicht, ob sie sich auf Anhieb in der gewohnten Umgebung zurechtfinden werden. „Für uns ist es wahnsinnig schwierig, uns selber einzuschätzen“, sagt Trainer Babbel vor seinem ersten Bundesligaeinsatz mit Hertha. „Man hat keinen Orientierungspunkt im Moment. Aber man darf nicht träumen.“

Die Zurückhaltung des Ressorts Sport ändert nichts an der positiven Grundstimmung rund um Hertha. Dazu passend stellte der Klub gestern einen neuen Werbepartner vor. Das „Reiseland Türkei“ lässt sich dieses Engagement knapp 400 000 Euro pro Jahr kosten. Für Hertha ist die Türkei ein gutes Vorbild. In der Tabelle der beliebtesten Reiseziele liegt sie derzeit auf Platz sieben.

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