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Hertha BSC Berlin - VfB Stuttgart 2:1

© dpa

Hertha gewinnt: Der Faktor Glück

Hertha BSC siegt sich nach oben, bleibt aber abhängig von Glück, Pech und späten Toren.

Berlin - Besonders glücklich sah er nicht aus, der Meistertrainer aus Stuttgart. Armin Veh wollte was Freundliches sagen, am Samstag nach der 1:2-Niederlage seines VfB Stuttgart gegen Hertha BSC im Olympiastadion. „Berlin ist immer eine Reise wert. Leider nur privat“, sagte Veh und machte dabei ein Gesicht wie einer, der gerade seinen Rückflug verpasst hat. „Wir haben gut gespielt, doch wir waren im Abschluss nicht klug genug. Es sollte einfach nicht sein.“

Es liegt in der Natur der Sache, dass der Sieger sich über dasselbe Spiel anders anhört. „Wir sind ruhig geblieben und haben Geduld bewiesen“, sagte etwa Lucien Favre. Herthas Trainer hätte auch sagen können: Wir sind ruhig geblieben und haben Glück gehabt. In solchen Fällen sagen das nur ganz wenige Trainer, weswegen es eigentlich nicht mehr verwundert, wenn es niemand mehr sagt.

Vor zwei Wochen hatte Hertha in Leverkusen eine einzige nennenswerte Torchance, und die nutzte Andrej Woronin zum 1:0. Am Samstag nun daheim gegen Stuttgart hatte Maximilian Nicu für Hertha das 1:0 „wie aus heiterem Himmel“ (Veh) erzielt. Nachdem der Stuttgarter Cacau zwischenzeitlich zum 1:1 getroffen, anschließend aber er und Mario Gomez beste Gelegenheiten ausgelassen hatten, erzielte Herthas Einwechselspieler Gojko Kacar drei Minuten vor dem Ende „wieder aus dem Nichts raus“ (Veh) das 2:1. „Solche Niederlagen sind bitter“, sagte der Stuttgarter Trainer noch. Eine Einschätzung, die verständlich war. Heutzutage wird ein normales Bundesligaspiel in einer Vielzahl von statistischen Werten aufgeschlüsselt wie Anzahl der Torschüsse, Ecken, Flanken, gewonnene Zweikämpfe, Fouls oder Ballbesitz. In einem Dutzend solcher Kriterien hatte der Gast aus Stuttgart das bessere Ende für sich. Nur in der relevantesten aller Kategorien, bei den erzielten Toren, eben nicht.

Im Fußball aber gibt es noch eine zweite Ebene jenseits der Statistik. Nicht selten entscheidet Glück beziehungsweise das Gegenteil davon über den Ausgang eines Spiels. Der Faktor Glück ist für Hertha zuletzt ein nicht zu vernachlässigender geworden. Unterm Strich ist der Berliner Bundesligist in dieser Saison auffallend stark von Glück und Pech abhängig. Gegen Bielefeld und Wolfsburg beispielsweise war Hertha die bessere, die spielerisch gefälligere Mannschaft, ließ aber vier Punkte liegen. Diese hat sie beim überglücklichen Auswärtssieg in Leverkusen und dem zumindest vom Glück begünstigten ersten Saisonheimsieg gegen Stuttgart zurückerobert. „Natürlich müssen wir uns spielerisch verbessern, wenn wir da oben bleiben wollen“, sagte Herthas Manager Dieter Hoeneß. Das allerdings erst, nachdem er den Sieg übergebührend beklatscht hatte. In gewisser Weise steckt Hertha in einem Dilemma. Spielt die Mannschaft gut und gewinnt nur nicht, heißt es, ihr fehlt es an Einstellung und Siegeswillen. Spielt die Mannschaft so lala, holt aber die Punkte, wird sie wegen fehlender spielerischer Klasse kritisiert.

Letztlich ist von Glück und Pech nur derjenige abhängig, dem es an konstanter Qualität fehlt. „Wir haben momentan nicht die Mannschaft, um dem Gegner richtig wehzutun“, sagte Hoeneß. Er verwies auf die Ausfälle von sechs offensiven Spielern, was statistisch gesehen stimmte. Die Ausfälle von Pantelic, Ebert und Piszczek fallen ins Gewicht. Die von Hoeneß genannten Hartmann, Riedel und Chermiti haben bisher ihren Wert nicht unter Beweis stellen können.

Dieter Hoeneß freute sich über den Sieg und überzog naturgemäß. Die Mannschaft habe „Killerinstinkt“ bewiesen. Nun ja – tatsächlich hatte Hertha in der Schlussphase das Glück lediglich etwas mehr herausgefordert als der Gast. Auffällig aber ist, dass Hertha in der Schlussphase entscheidende Tore erzielen kann. Was durchaus eine Qualität ist. Die Qualität der späten Tore ist aber nicht neu, sondern war schon unter Favres Vorgängen Röber, Stevens und Götz zu beobachten gewesen.

„Natürlich haben wir auch Glück gehabt“, sagte Hoeneß schließlich, „aber ich finde nicht, dass wir darin im Plus liegen.“ Was sollte er auch anderes sagen? Am Ende machte er es sich einfach und sagte: „Wir nehmen es mit.“

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