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Sport: Hertha haltlos

Nach einer 0:1-Niederlage gegen Werder Bremen fallen die Berliner auf Platz sechs zurück

Von Klaus Rocca

Berlin. Eigentlich gibt es solche Spiele nur bei großen Turnieren wie Europa- oder Weltmeisterschaften. Für Dieter Hoeneß kam es gestern in der Bundesliga zu einem „Spiel um Platz drei“. Herthas Manager hatte jeden Tag der Woche auf die Bedeutung der Auseinandersetzung mit dem Tabellendritten Werder Bremen hingewiesen. Vielleicht haben die Berliner Profis ihm nicht gut genug zugehört, oder aber sie wurden einfach erdrückt vom aufgebauten Druck. Eigentlich wollte Hertha BSC sich mit einem Sieg auf Platz drei der Tabelle schieben und den Konkurrenten von der Weser überholen. Es kam anders: Hertha unterlag dem SV Werder vor 40 166 Zuschauern mit 0:1 (0:1). Damit fiel das Team in der Tabelle auf Platz sechs zurück. Wieder konnten die Berliner einen Klub aus dem oberen Drittel nicht schlagen.

Was war nicht alles in den letzten Tagen zu lesen gewesen über Pascal Borel. Die Statistiker hatten herausgefunden, dass der 24-Jährige im Trikot des SV Werder bisher der schwächster Torhüter der Bundesliga ist. Natürlich hatten ihn auch die Berliner als Schwachpunkt im Team des Gegners ausgemacht. 25 Gegentore musste er bisher hinnehmen, weshalb er zuletzt beim 5:3-Sieg über den 1. FC Kaiserslautern von den eigenen Fans verhöhnt worden war. „Werder ist die Mannschaft, die bisher am meisten Tore geschossen, aber auch am meisten kassiert hat. Wenn wir uns darauf einstellen und aus verstärkter Abwehr spielen, gewinnen wir und stoßen auf den dritten Rang vor“, hatte Hoeneß vor dem Spiel gesagt. Alles schien so einfach. Kapitän Michael Preetz hatte angekündigt, viel schießen zu wollen, auf Abpraller zu lauern. Daraus wurde so gut wie nichts. Denn aus irgendeinem Grund schoss Hertha ein ganze halbe Stunde lang überhaupt nicht auf das Tor von Borel. So war selbst einem Borel nicht beizukommen.

Hertha BSC wirkte von Beginn an unsicher. Was sich durch die schnelle Führung der Bremer noch verstärkte. Herthas Verteidiger Nené hatte seinen Gegenspieler und Landsmann Ailton in der zehnten Minute im Strafraum allein gelassen. Der pausbäckige Brasilianer hatte keine Mühe, eine Flanke von Lisztes einzuköpfen. Es war Ailtons zehntes Saisontor.

Die Bemühungen der Berliner, bei denen Alex Alves und Michael Preetz eine Doppelspitze bildeten, wirkten dagegen umständlich. Spielmacher Marcelinho konnte lange nicht wie gewohnt das Offensivspiel ordnen. Oft spielte er zu eigenwillig. Zudem war jede Menge Zufall im Spiel der Herthaner. Dazu gehörte, dass Alex Alves einen Freistoß von Marcelinho an den Hacken bekam und halbwegs Gefahr für das Bremer Tor hervorrief. Den Berliner Fans war das natürlich zu wenig. „Das war eine Katastrophe. Niemand hat seine Leistung gebracht“, sagte Kotrainer Holger Gehrke.

Mit Pfiffen wurden die Berliner in die Pause geschickt. Im Nebel kamen sie zurück auf den Rasen. Das Wetter verschlechterte sich von Minute zu Minute. Das Spiel auch, obwohl Herthas Trainer Huub Stevens in René Tretschok (für Rehmer) und Stefan Beinlich (für Hartmann) zwei kreative Kräfte sowie in Bartosz Karwan (Marx) einen dritten Stürmer brachte. Den Berlinern gelang es zwar, Kontrolle über das Spiel zu bekommen, doch Chancen wollten sich nicht ergeben. Pascal Borel wird diesen Tag so schnell nicht vergessen. Nicht einmal musste er hinter sich greifen. Seine Vorderleute hatten sich längst auf das Verteidigen ihres Vorsprungs verlegt. Der allgemeine Unmut auf den Rängen nahm konkrete Form an. „Wir wollen euch kämpfen sehen“ und „Aufhören“ schallte es von den Rängen.

Man kann den Berlinern nicht das Bemühen absprechen, doch derart ideen- und kraftlos hat man sie selten gesehen. Das Team sollte dieses schlechte Spiel schleunigst abhaken. Am Dienstag geht es im Uefa-Cup gegen Fulham um das Erreichen der vierten Runde. Am kommenden Wochenende fahren die Berliner zum Tabellenführer nach München. Über Platz drei wird aber erst einmal nicht gesprochen bei Hertha. Dafür gibt momentan andere Sorgen.

Klaus Rocca

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