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Sport: Hertha lebt, die Serie ist tot

Kurz vor Schluss trifft Raffael zum 1:0 über Stuttgart, zum ersten Bundesligaheimsieg seit zwei Jahren

Berlin - Markus Babbel hat ja jüngst über die Mentalität der Berliner sinniert. Einigen in Stuttgart erscheinenden Zeitungen hatte er erzählt, dass „der Berliner an sich“ ja tendenziell „gerne mal zum Größenwahn“ neige. „Er ist laut, redet viel, will viel – aber getan wird oft erstmal wenig.“ Nun sei mal dahingestellt, inwiefern Babbels lustige Einlassungen auf Gegenliebe bei den Menschen in seiner neuen Hotel-Heimat Berlin gestoßen sind, zumindest aber haben sie dem gestrigen Bundesligaspiel zwischen Herthas BSC und dem VfB Stuttgart ein zusätzliche Brisanz verliehen. Und das bei der tropischen Hitze über Berlin.

Am Ende war es dann der Brasilianer Raffael, der Hertha im 18. Versuch zu einem Bundesligaheimspielsieg verhalf. Das 1:0 (0:0) war zudem der erste Saisonsieg für den Aufsteiger aus Berlin, der jetzt fünf Punkte auf dem Konto hat. „Endlich ist die Serie beendet“, sagte Babbel. „Den Druck hat man der Mannschaft schon ein wenig angemerkt. Zu seinem umstrittenen Stuttgarter Interview mochte er nicht mehr groß Stellung nehmen: „Wer das ganze Interview liest, wird erkennen, dass ich mich ehrlich, aber bestimmt nicht beleidigend geäußert habe. Ich verstehe nicht, warum es darum so einen Wirbel gegeben hat.“

Gut 52 000 waren ins Olympiastadion gekommen. Das wären sie vermutlich auch ohne Babbels Berlin-Bemerkungen, doch einige hatten das wohl noch im Hinterkopf. Bei der ersten Namensnennung des Trainers zu Spielbeginn gab es viel Zuspruch, aber auch unüberhörbar Pfiffe. Ganz entgangen ist es wohl den wenigsten, bei dem Medienecho. Für Babbels Mannschaft aber ging es ohnehin um Wichtigeres. So galt es, eine Negativserie zu durchbrechen, wie sie die Bundesliga seit ihrer Einführung 1963 noch nicht gesehen hatte. In 17 Bundesligaheimspiele am Stück waren die Berliner ohne Sieg geblieben. Nacht gut zwei Jahren ist diese Serie jetzt Geschichte.

Es wäre mal interessant zu erforschen, inwiefern es daran lag, dass gestern in der Startelf der Herthaner nicht ein echter Berliner stand? Sei’s drum. Herthas Trainer hatte jedenfalls zwei personelle Veränderungen für das vierte Saisonspiel vorgenommen. Für Maik Franz, der sich im vergangenen Spiel die Nase gebrochen hatte, rückte Roman Hubnik in die Innenverteidigung. Der Tscheche hat seine Fußprellung inzwischen auskuriert. Zudem beließ Babbel Stürmer Pierre-Michel Lasogga in der Elf, nachdem er zuletzt in Hannover nach seiner Einwechselung das Tor zum 1:1 schoss. Für ihn rotierte Tunay Torun aus der Startelf. Alles Maßnahmen, die zunächst nicht den gewünschten Erfolg zeitigten.

Hertha konnte die Schwaben nicht in Bedrängnis bringen. Im Gegenteil. Zwar wirkten auch die Gäste etwas nervös, doch die Spielanlage der Stuttgarter wirkte reifer. Sie hatten das bessere Positions- und Passspiel und folglich auch die erste große Torchance. Nach einem Freistoß, den Patrick Ebert verschuldet hatte, traf der Stuttgarter Japaner Okazaki per Kopf nur die Latte des Berliner Gehäuses.

Die Herthaner kamen erst in der Schlussphase des ersten Abschnitts besser ins Spiel. Das Mittelfeld wurde jetzt schneller weil direkter durchspielt, und so ergaben sich ein paar halbwegs gescheite Gelegenheiten. Die beste in der ersten Hälfte hatte Ebert, dessen Schuss aus halbrechter Strafraumposition ans Außennetz ging.

„In dieser ersten Halbzeit haben wir einfach zu wenig investiert – und das habe ich den Spielern in der Kabine auch gesagt“, erzählte Babbel später. Nach sechs Minuten der zweiten Hälfte kam Andre Mijatovic zum Kopfball, doch Herthas Kapitän traf die Flanke von Ebert nicht gut genug. Nach einer Stunde brachte Babbel einen frischen Spieler. Torun ersetzte Lasogga, der so gut wie keine Szene hatte, allerdings auch ein wenig auf verlorenem Posten war .

Gegen Mitte der zweiten Halbzeit hatte Hertha erneut die Chance zur Führung. Nach einem Freistoß von Ebert kam Adrian Ramos zum Kopfball. Doch der Ball strich knapp übers Tor der Stuttgarter. Eine Viertelstunde vor dem Ende hatte Raffael plötzlich die große Chance, seine Mannschaft in Führung zu bringen. Nach einer zu kurzen Abwehr von Torwart Ulreich köpfte der Brasilianer aufs Tor, doch das Bein eines Stuttgarters verhinderte Zählbares. Auf der Gegenseite war es ein glänzend parierender Kraft, der einen Kopfball von Progrebnyak vereitelte.

Beide Mannschaften taumelten quasi dem Ende entgegen. Bis kurz vor Schluss die Entscheidung fiel. Nach einer Flanke von Ebert kam erneut Raffael völlig frei zum Kopfball. Und dieses Mal ließ er sich die Chance nicht entgehen. Der Jubel kannte keine Grenzen.

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