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Fühlt sich gut. Herthas Torjäger Adrian Ramos sagt, er könne nicht in jedem Spiel treffen. Dem Kolumbianer fehlen zunehmend die Anspiele aus dem Mittelfeld.

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Update

Hertha mit Ronny und Brooks: Das laue Lüftchen aus Berlin zu Gast in Braunschweig

Zuletzt hat Hertha BSC wenig Tore erzielt. Das liegt nicht nur am Angriff, sondern auch am Mittelfeld der Berliner. In Braunschweig darf sich nun Ronny wieder einmal von Beginn an versuchen.

In dieser Woche wehte ein rauer Wind bei Hertha BSC. Als die ersten Ausläufer des Orkantiefs Xaver Berlin erreichten, geriet das Flanken- und Torschusstraining zum Wagnis. Die Spieler fluchten, wenn der Wind wieder mal einen hoch gespielten Ball in eine ungeahnte Richtung befördert hatte.

Nun werden sich die letzten Sturmböen sicherlich bis Sonntag gelegt haben, wenn Hertha bei Eintracht Braunschweig spielt (17.30 Uhr, live im Ticker bei Tagesspiegel.de). Schade eigentlich, denn „ich hätte nichts dagegen, wenn der Wind dort eine Flanke von uns ins gegnerische Tor tragen würde“, sagte Trainer Jos Luhukay und lachte. Dabei ließ sich nicht alles auf den Wind schieben: Bei vielen der Schüsse, die aus kurzer Distanz am Pfosten oder weit am Tor vorbei landeten, ließ sich Xaver schwerlich eine Mitschuld geben. Bedenklich, vor allem weil Luhukay nach der Übung erklärte, es sei ihm nicht unbedingt darum gegangen, seinen Spielern wieder Sicherheit zu vermitteln, sondern vor allem Genauigkeit.

Das Toreschießen ist gerade nicht Herthas Paradedisziplin. Drei sieg- und torlose Heimspiele liegen hinter den Berlinern, besonders das 0:0 gegen Augsburg ließ am eigenen Offensivvermögen zweifeln. „Zu einem guten Fußballspiel mit vielen Chancen gehören zwei Mannschaften“, erinnerte Luhukay auf Nachfrage an die destruktive Spielweise der Augsburger. Nun ist defensiv spielen ebenso wenig verboten wie eine gut verriegelte Abwehr zu knacken und Torchancen zu nutzen. „Wir hatten vier Chancen, so wenig wie noch nie in dieser Saison“, sagte Luhukay, „aber in der Bundesliga musst du eine davon nutzen.“

Rechnet man die sechs Tore im rauschhaften Auftaktspiel gegen Frankfurt heraus, hat Hertha ungefähr ein Tor pro Spiel geschossen. Ein Schnitt, der im unteren Drittel der Bundesliga läge. Da richtet sich der Blick schnell auf die Stürmer, und es gab nach dem Spiel gegen Augsburg nicht wenige Fans und Experten, die mit dem Finger auf Adrian Ramos zeigten. Der Kolumbianer hatte zwei der vier Chancen in Augsburg vergeben, und überhaupt habe sich die einzige Sturmspitze viel zu oft ins Mittelfeld fallen lassen, lauteten die Vorwürfe.

Zuletzt hatte Hertha gerade gegen defensive Gegner Probleme

Adressiert fühlte sich Ramos nicht von der Kritik. „Ich kann nicht in jedem Spiel treffen“, sagt der Angreifer, der sieben Treffer erzielt hat. „Ich fühle mich jedenfalls gut und trainiere gut, deswegen bin ich auch nicht besorgt.“

Falls Berlin ein Sturmproblem hat, dann nur zeitweise wegen des Windes. Wenn sich ein Stürmer ins Mittelfeld fallen lässt, weil ihn vorne keine Bälle erreichen, spricht das häufig eher gegen das Mittelfeld als gegen den Stürmer. Denn zuletzt hatte Hertha gerade gegen defensive Gegner Probleme, sich klare Chancen herauszuspielen, und es kamen wenig Bälle bei Ramos an. Der muss anscheinend ohnehin alles selbst machen, ist nicht nur Herthas bester Torschütze, sondern auch bester Vorlagengeber mit vier Assists. Dahinter kommen mit drei Torvorlagen schon Per Skjelbred, bei dem zwei geschlagene Standards dazuzählen, und Alexander Baumjohann, in nur vier Spielen. Der Kreuzbandriss des Kreativspielers, das betont Luhukay oft, trifft Hertha schwer. Mit Baumjohann war Herthas Mittelfeld sehr beweglich, weil er auf allen offensiven Mittelfeldpositionen spielen konnte, oft rochierte und ein Auge für öffnende Pässe hatte. Änis Ben-Hatira, der in Braunschweig wegen einer Außenbandreizung ausfällt, verzettelt sich immer noch zu oft, Sami Allagui zieht oft in die Mitte, um selbst abzuschließen, Per Skjelbred ist fleißig, aber kein Spielmacher und Nico Schulz schnell, aber kein Dribbel- oder Flankenkünstler. Zuletzt brachte Luhukay deshalb Marcel Ndjeng zurück ins Team, der oft nur aus dem Halbfeld flankt, aber das immerhin gut. In Braunschweig soll es nun Ronny richten, der zu seinem vierten Startelf-Einsatz kommt. In der Defensive entschied sich der Trainer diesmal für den wieder gesunden John Anthony Brooks als Langkamp-Ersatz.

Auswärts, wenn oft der Gegner gezwungen ist, das Spiel zu machen, tut sich Hertha leichter, traf in München zwei Mal und in Hoffenheim zuletzt sogar drei Mal. Auf fremden Plätzen kommt Hertha dank der guten Balleroberungen und des schnellen Umschaltens auf Offensive oft vor das Tor und schließt effektiv ab.

Luhukay setzt im Mittelfeld auf Disziplin und Stabilität, aber die Torgefahr darf darunter nicht leiden. „Wir haben in dieser Saison noch kein Kontergegentor kassiert“, stellt Luhukay fest. Gegen die Braunschweiger, die gerade mal acht Tore geschossen haben und eher zurückhaltend spielen könnten, ist aber eher die Offensive gefragt. „Wir haben großes Vertrauen, dass wir in Braunschweig zu guten Möglichkeiten kommen werden“, sagte Luhukay. Auch ohne Mithilfe des Windes bei Pässen und Flanken.

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