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Auch Hertha-Maskottchen Herthinho gratuliert dem Bayern-Trainer zur Meisterschaft.

© Reuters

Hertha nach dem Bayern-Spiel: Verliebt verloren

Herthas Trainer Jos Luhukay fordert nach dem Spiel gegen die Bayern: „Wir müssen an die Grenzen gehen.“

Es war im Juli vergangenen Jahres, Hertha BSC weilte im Trainingslager in Österreich. Jos Luhukay saß auf der Terrasse des Mannschaftshotels, blickte auf die Berge und sprach über die kommende Bundesligasaison des Aufsteigers. Ob es für ihn etwas Besonderes sei, künftig gegen einen Trainerkollegen wie Pep Guardiola zu coachen? Seine Antwort damals: „Nein, dafür bin ich zu nüchtern. Mir ist es eigentlich egal, wer auf der anderen Seite sitzt. Im Spiel ist man so auf die eigene Mannschaft fixiert, da bekommt man kaum etwas mit vom Kollegen, zwei, drei Worte, ein Handschlag, das war’s.“

Acht Monate später saß Luhukay auf dem Podium neben Guardiola, der gerade Meister mit dem FC Bayern München im Olympiastadion geworden war. Hertha hatte zwar 1:3 verloren, aber Luhukay wirkte wie ein verliebtes Mädchen, das im Schulbus neben seinem Schwarm sitzen darf. Er redete nervös und schnell, lächelte permanent, schlug sich die flachen Hände auf den Kopf und ins Gesicht, wiederholte die Worte „Glückwunsch“ und „Respekt“ und sah verlegen herüber.

Ähnlich ehrfürchtig hatte seine Mannschaft den Bayern auf dem Feld gegenübergestanden, ließ ihnen rekordverdächtige 82 Prozent Ballbesitz und 93 Prozent ihrer Pässe ankommen. Immerhin kam später keiner auf die Idee, nach dem zwischenzeitlichen Anschlusstreffer von einer Steigerung zu sprechen. Dafür war dann doch zu offensichtlich, dass München nur kurz die Kräfte für die Feier geschont hatte.

„Ich dachte in der ersten halben Stunde, sie spielen zu zwölft“, sagte Luhukay, seine Augen glänzten dabei. Frust, das war deutlich, kam nach so einer Niederlage nicht auf, auch wenn es die dritte in Folge war. Die eingesparten Punktprämien gegen Bayern sind in dieser Saison eben bei allen Teams so gut wie eingeplant im Saisonetat. Die Frage ist nur, wie man sich dabei verkauft und was man aus so einem Spiel noch ziehen kann.

Für Hertha war es vor allem Anschauungsunterricht. Vor allem für die jüngeren Spieler wie Hany Mukhtar, Nico Schulz und John Anthony Brooks, die Luhukay überraschend aufgeboten hatte, als wolle er sagen: Ist ohnehin zweitrangig, wer da mit verliert. Doch wollte der Trainer es als Erziehungsmaßnahme verstanden wissen. „Die Jungen lernen unglaublich viel, nicht von der Couch, sondern mittendrin, auch wenn es schmerzhaft ist.“ Den Lerneffekt betonten denn auch alle brav, ohne ihn näher auszuführen.

Nun ist es schwer vorstellbar, dass man allein vom Zusehen so Fußballspielen lernt wie Arjen Robben oder Franck Ribéry. Aber es sind wohl eher die mentalen Qualitäten als die spielerischen, die gemeint waren. „Die Bayern sind unglaublich willig und immer fokussiert, sie zeigen, welche Aspekte zum Profifußball gehören“, sagte der Trainer. Damit spielte er wohl an auf Sami Allagui und Änis Ben-Hatira, die er aus dem Kader gestrichen hatte. Auf Nachfragen reagierte Luhukay erbost. „Ich habe das Gefühl, als würde ich Lionel Messi draußen lassen. Wir haben außer Adrian Ramos keinen Spieler, der den Unterschied ausmacht.“ Den Torjäger plagten am Mittwoch Oberschenkelprobleme, hinter seinem Einsatz am Freitag bei Schalke 04 stehen leichte Zweifel.

Luhukay hofft, dass die Lektion aus dem Bayern-Spiel angekommen ist im dritten Duell mit einem Spitzenteam in einer Woche. „Wir müssen an die Grenzen gehen“, forderte er. Dass er nach einer weiteren Niederlage verliebt neben Jens Keller sitzen würde, davon ist, nüchtern betrachtet, nicht auszugehen.

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