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Lächelnd laufen. Hany Mukhtar ist der Spaß am Spiel oft anzusehen.

© City-Press

Hertha-Talent auf dem Sprung: Hany Mukhtar und die Liebe zum Ball

Wenn Hany Mukhtar Talent und Spielfreude mit Kraft und Reife verbindet, gehört er zu den Besten bei Hertha BSC. Ob es für ihn in der Bundesliga-Rückrunde für mehr als nur Kurzeinsätze reicht?

Das Duell näherte sich langsam seinem Höhepunkt. Hany Mukhtar und Tolga Cigerci spielten sich den Ball schon eine ganze Zeit lang volley zu, erst ziemlich gemächlich, dann immer fordernder. Der Ball flog jetzt knapp über der Grasnarbe, das Tempo nahm stetig zu – und dann prallte der Ball von Cigercis rechtem Fuß auf den Boden. Der Mittelfeldspieler von Hertha BSC senkte schamhaft den Kopf; Mukhtar aber, 18 Jahre alt und einen guten Kopf kleiner, streckte sich, klopfte seinem Kollegen gönnerhaft auf die Schulter. Und lachte.

Hany Mukhtar trägt sowieso immer ein Lächeln auf dem Gesicht. „Ich bin von Haus aus ein fröhlicher Mensch“, sagt er. „Es gibt auch keinen Grund, traurig zu sein.“ Nicht wenn er Fußball spielen kann. Vermutlich findet sich im kompletten Kader von Hertha BSC kein Spieler, der ein innigeres Verhältnis zum Ball unterhält als er. „Hany würde den Ball am liebsten mit ins Bett nehmen“, sagt sein Trainer Jos Luhukay. Stimmt gar nicht, entgegnet Mukhtar. Es gibt sogar Tage, an denen er überhaupt nicht gegen einen Ball tritt. „Man muss auch abschalten können und ein gutes Gleichgewicht finden.“

Im Grunde gilt das auch für seine Karriere als Profifußballer, die gerade in eine wichtige Phase eintritt. Mukhtar ist bei Hertha schon früh als hochbegabt auffällig geworden. 2012 führte er die U 17 zur deutschen B-Jugendmeisterschaft, ein paar Wochen darauf durfte er erstmals mit den Profis ins Trainingslager fahren. Schon mit 17 debütierte er für Hertha in der Zweiten Liga – und im Oktober des vergangenen Jahres schließlich auch in der Bundesliga. Da war er 18 Jahre und 219 Tage alt. „Er hat Fortschritte in seiner gesamten Entwicklung gemacht“, sagt Jos Luhukay.

Das war auch im Trainingslager in Belek zu beobachten, vor allem in Herthas letztem Testspiel gegen Borussia Mönchengladbach. Bei der 0:3-Niederlage war Mukhtar einer der wenigen Lichtblicke bei den Berlinern. Auffällig war seine Entschlossenheit in der Defensive: Mit großem Eifer und durchaus erfolgreich stürzte sich der schmächtige Offensivspieler in die Zweikämpfe – ganz anders als Ronny, mit dem Mukhtar bei Hertha über kurz oder lang um einen Platz im offensiven Mittelfeld konkurrieren könnte. Der Brasilianer betreibt die Defensivarbeit eher alibimäßig.

Mukhtar ist wild entschlossen, seine Chance zu nutzen

„Hany ist von seinen körperlichen Voraussetzungen viel stärker als vor einem Jahr“, sagt Luhukay. „Ich will nicht sagen, dass er da noch kindlich war, aber es fehlten ihm ein bisschen Kraft und Robustheit.“ Für Mukhtar wird es nun darum gehen, in seinem Spiel ein Gleichgewicht zwischen kindlichem Vergnügen und erwachsener Reife zu finden. „Er muss die Sicherheit haben: Wann kann ich ins Dribbling gehen? Und wann muss ich den Pass spielen?“, sagt Luhukay. „Aber das ist auch ein Stück weit Erfahrung.“

Auf elf Kurzeinsätze ist Mukhtar in knapp anderthalb Jahren für Herthas Profis gekommen. Das ist nicht übermäßig viel – vor allem nicht angesichts seines offenkundigen Talents. Es zeigt aber auch, wie Trainer Luhukay mit jungen Spielern umgeht. „Man muss so einem Jungen die Zeit geben“, sagt er. Der Holländer hat für den deutschen U-19-Nationalspieler auch in der Rückrunde noch keine tragende Rolle vorgesehen, Mukhtar wird eher situativ zum Einsatz kommen. Mehr lässt auch die Konkurrenz auf seiner Position kaum zu. „Ich bin geduldig“, sagt Mukhtar, „ich bin aber auch so selbstbewusst zu sagen: Es ist allein von mir abhängig.“

Er ist wild entschlossen, seine Chance zu nutzen. Er arbeitet zusätzlich im Kraftraum und bleibt auch nach den Trainingseinheiten oft auf dem Platz. Dann stellt er sich an die Wand, an der sonst die Torhüter ihre Reaktionen schulen, und tritt den Ball immer wieder mit seinem schwächeren linken Fuß dagegen. Im Sommer hat er ein Jahr vor dem Abitur die Schule verlassen, um sich voll auf den Fußball zu konzentrieren. „Ich habe einfach gemerkt, dass es zu viel für mich wird.“

Trotzdem war es alles andere als eine selbstverständliche Entscheidung. Mukhtar, Sohn eines sudanesischen Vaters und einer deutschen Mutter, kommt aus einer Akademikerfamilie, in der viel Wert auf die schulische Ausbildung gelegt wurde. Seine Eltern haben ihn erst einmal ausgelacht, als er ihnen von seinem Plan erzählte. Schließlich haben sie ihm zumindest die Zusage abgerungen, weiter Englisch-Unterricht zu nehmen. „Es war die richtige Entscheidung“, sagt Hany Mukhtar. „Wenn ich 30 bin, kann ich immer noch mein Abitur machen. Aber ich kann nicht mit 30 sagen: Ich will jetzt die Profikarriere nachholen.“

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