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Sport: Hertha teilt die Liga

In der Rückrunde müssen sich die Berliner entscheiden: Abstiegskampf oder Champions League

„Wir stehen zu Recht im Mittelfeld. Wir sind Durchschnitt.“

Stefan Beinlich, Mittelfeldspieler von Hertha BSC.

Von André Görke und

Michael Rosentritt

Berlin. Am Montagvormittag fiel die Kabinenpredigt aus. Huub Stevens, der Trainer von Hertha BSC, war nicht in Berlin gewesen. Der Niederländer war in Gelsenkirchen, wo er am Abend eine Ausländerauswahl der Bundesliga betreute, die gegen die deutsche Nationalmannschaft spielte. Was tut man nicht alles, wenn es um einen guten Zweck geht.

Bei Hertha BSC ist ihm die gute Laune abhanden gekommen nach der 1:2-Niederlage in Kaiserslautern. Jetzt ist Spielpause. Hertha überwintert als Tabellenneunter. Warum aber steht Hertha da? Hertha teilt die Liga – in gut und schlecht. Hertha steckt mittendrin. Nach oben, zu den Champions-League-Plätzen, sind es zehn Punkte Rückstand. Nach unten, zu den Abstiegsplätzen, sind es sieben Punkte.

Hertha BSC hat eine verkorkste Hinrunde hingelegt. Angetreten war der Verein im Sommer mit dem Ziel, die großen Drei der Liga anzugreifen. Dieter Hoeneß will einmal mit der Meisterschale durch das Brandenburger Tor laufen. Da wird sich Herthas Manager ein wenig gedulden müssen. Die Bilanz des ersten Halbjahres ist ernüchternd: sechs Siege, fünf Unentschieden, sechs Niederlagen. Durchschnitt.

Dass die Mannschaft Potenzial hat, stellt niemand in Frage. Aber: „Wir haben das Problem, dass wir als Mannschaft nicht konstant genug spielen“, sagt Herthas Mittelfeldspieler Stefan Beinlich. So hat der Klub etwa beim Deutschen Meister in Dortmund gepunktet. Auch beim FC Schalke 04. Auf der anderen Seite aber hat Hertha gegen Mannschaften wie Bochum und Mönchengladbach verloren. Beinlich sagt: „Wir stehen zu Recht dort, wo wir stehen.“ Die aktuelle Tabellensituation lässt sich gut an seiner Person festmachen. Beinlich ist ein Spieler mit großem Potenzial – gut gespielt hat Beinlich in der Hinrunde nicht. „Vieles lief einfach nicht“, sagt Hoeneß. Es gäbe aber auch genügend Erklärbares. „Wir hatten 22 zum Teil schwere Verletzungen und entsprechend viele Ausfälle. Dinge, die wir direkt beeinflussen können, werden abgestellt“, sagt Hoeneß. So kam es, dass Hertha nur drei Heimspiele gewann, insgesamt zu wenig Tore schoss, das Umschalten von Defensive auf Offensive nicht funktionierte. „Unsere Offensive war nicht gerade von Druck geprägt“, sagt Hoeneß. Eine diplomatische Umschreibung.

Dass sich die Mannschaft am vergangenen Donnerstag gegen den FC Fulham für das Achtelfinale des Uefa-Cups qualifiziert hat, schützt sie vor Schlimmerem. „Wir haben sehr viel Arbeit vor uns“, sagt Hoeneß. Man werde in vielerlei Hinsicht angreifen müssen. Nach zuletzt vier sieglosen Spielen hat sich die Ausgangslage verschlechtert. „Jetzt wird es schwerer, aber wir peilen die Plätze fünf bis drei an“, sagt Hoeneß.

An das Erreichen der Champions League zu denken, jetzt, bei diesem Tabellenstand – „das wäre ziemlich vermessen“, sagt Herthas Mittelfeldspieler Andreas Schmidt. Bayern München hat in der vergangenen Saison 68 Punkte benötigt, um sich dafür zu qualifizieren. Hertha hat bei Halbzeit 23. Andreas Schmidt sagt: „Wir müssen in der Rückrunde schon 30 Punkte holen.“ 30?

„Die Lücke nach oben ist wieder größer geworden. Das ist einfach nur schlecht“, sagt Roberto Pinto. Ein Fazit der Hinrunde? „Das sollen mal lieber andere machen.“

Führungsspieler etwa. Einen Chef bei Hertha BSC zu finden, ist schwierig. Dick van Burik sagt gar nichts mehr, er ist in der Vergangenheit zu oft nach kritischen Aussagen gerügt worden. Marko Rehmer hat jüngst im Stadionheft verkündet, dass ihn Interviews nach Spielen nerven. Michael Preetz hat in seinem Abschiedsjahr erst ein Bundesligator erzielt.

Bleibt ein junger Mann wie Arne Friedrich. Der 23-Jährige hat in seinem ersten halben Jahr in Berlin den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft. Friedrich ist eine Verstärkung. Aber sonst? Der brasilianische Stürmer Luizao besitzt eine gewisse Klasse, hat sie aber bislang nicht nachgewiesen. Bartosz Karwan kam im Sommer als polnischer Nationalspieler zu Hertha – zuletzt durfte er bei den Amateuren mitspielen.

Heute wird die Mannschaft ihre letzte Trainingseinheit in diesem Jahr absolvieren. Der Trainer wird ein paar Worte an die Mannschaft richten, Hoeneß auch. Für die Spieler stehen dann zwei Wochen Winterferien an. „Ich will den Kopf frei bekommen“, sagt Stefan Beinlich. Über das, was in der Rückrunde kommt, „darüber reden wir erst, wenn es wieder losgeht.“

Trainingsauftakt ist der 3. Januar. Am 25. Januar empfängt Hertha zum Rückrundenauftakt den Meister Borussia Dortmund. „Wir werden eine Aufholjagd starten“, sagt Hoeneß, „aber mit Optimismus allein geht es nicht.“

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