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Laufen für den Aufstieg. Im Trainingslager in Portimao hat Hertha bei knapp 20 Grad angenehme Bedingungen vorgefunden. Da macht die Arbeit mehr Spaß als in Berlin.

© Winter

Hertha-Trainingslager: Ende der Zurückhaltung

Hertha BSC hat die Vorbereitung auf die Rückrunde begonnen, die im Mai mit dem Aufstieg enden soll. Bigalke und Hartmann sollen den Verein verlassen.

„Bom Dia!“, ruft Ronny zur Begrüßung, und war so laut, wie das auf dem vorgelagerten Grün eines Golfhotel eher selten geschieht. Egal, ist eh nicht die ideale Zeit für Birdies und Bogeys, auch wenn der Winter an der Algarve bei knapp 20 Grad und zeitweiligem Nieselregen kommoder zu ertragen ist als im randsibirischen Berlin. Deswegen ist der Fußballspieler Ronny Heberson Furtado de Araujo mit seinen Kollegen von Hertha BSC für eine Woche nach Portugal gereist. Für den brasilianischen Mittelfeldspieler hat der Ausflug nach Portimao noch einen angenehmen Nebeneffekt: Der Brasilianer darf mal wieder in seiner Muttersprache plaudern, ohne in den Verdacht der Integrationsverweigerung zu geraten.

Ronny hat vier Jahre lang in Portugal gespielt, erst in Lissabon und später in Leiria. Es waren vier Jahre bescheidenen sportlichen Erfolgs, von denen am nachhaltigsten eine Veränderung seines Künstlernamens in Erinnerung geblieben ist. 2003, als er mit Brasilien die Junioren-Weltmeisterschaft gewann, stand noch „Tody“ auf seinem Trikot. Herthas Trainer Markus Babbel hält Ronny für den besten Fußballspieler im Kader von Hertha BSC, aber wegen sommerlichen Übergewichts und verheerender Fitnesswerte war davon nicht viel zu sehen in der jüngeren Vergangenheit. Mit seiner eher mäßigen Hinrunde steht Ronny für den Allgemeinzustand seines Vereins: viel Potenzial, aber zu wenig Ertrag.

Wenn es nach Markus Babbel und seiner Arbeitsgruppe geht, ist die im vergangenen Frühling zwangsweise erfolgte Versetzung in die Zweitklassigkeit in ein paar Monaten Geschichte. Still und leise wandelt Babbel über den Trainingsplatz in Portimao, die Arme hinter dem Rücken verschränkt, kaum einmal das Wort an sein Personal richtend. Doch bei aller im Alltag zur Schau gestellten Zurückhaltung kann der Fußballlehrer Markus Babbel im entscheidenden Augenblick sehr deutlich werden. Gerade erst hat er Herthas dienstältesten Profi Pal Dardai zur zweiten Mannschaft delegiert und den im Klub groß gewordenen Junioren-Nationalspielern Sascha Bigalke und Lennart Hartmann eröffnet, sie mögen sich doch bitte einen neuen Verein suchen. Dafür erhielten die Talente Marvin Knoll und Alfredo Morales Profiverträge. Und Babbel hätte wohl auch kein Problem damit, kurzfristig die Verpflichtung eines neuen Torhüters in Auftrag zu geben. Für den Fall, dass es in den kommenden Tagen von Portimao nicht funktionieren sollte mit Maikel Aerts.

Der Holländer ist am Montag mal wieder auf dem Trainingsplatz gewesen, zum ersten Mal in der kalten Jahreszeit, die sich in Portugal so angenehm warm anfühlt. „Das war schon ganz gut“, sagt der Torhüter, „das Knie zeigt keine Reaktion“, aber für eine genaue Prognose sei es noch zu früh, „ich war ja sieben Wochen verletzt, oder waren es acht?“ Genau genommen waren es neun Wochen, in denen Hertha sich mit den Ersatzleuten Sascha Burchert und Marco Sejna behelfen musste – weil Aerts nach einem Anriss im Kreuzband zu früh zu viel wollte und schon zwei Wochen nach dem Befund wieder im Tor stand. In Portimao lässt er es ruhiger angehen. Am Montagnachmittag, als die Kollegen vor dem Golfhotel ihre zweite Trainingseinheit abhielten, arbeitete Aerts im Kraftraum. Ein 34 Jahre altes Knie will sorgfältig belastet werde.

Wie schwer ihm diese Zurückhaltung fällt, kann jeder erahnen, der sich in diesen Tagen mit Aerts unterhält. „Ich bin Fußballprofi, ich will immer spielen, natürlich auch jetzt“, sagt der Hüne mit dem kahlen Kopf. Die vergangenen Wochen „waren einfach furchtbar“. Sein Trainer hat schnelle Abhilfe versprochen, vielleicht schon für den Donnerstag, wenn Hertha im ersten Spiel des Jahres gegen den holländischen Zweitligisten FC Zwolle die Frühform testet. „Wenn das Knie hält, wird Maikel spielen“, sagt Babbel. „Er braucht unbedingt Spielpraxis“, schließlich sind es nur noch 13 Tage bis zum Rückrundenauftakt in Oberhausen.

Wenn alles nach Plan läuft, wird Aerts bis dahin noch dreimal im Tor stehen: Donnerstag gegen Zwolle, Samstag gegen den belgischen Erstligisten Standard Lüttich und nach der Rückkehr aus Berlin gegen den Drittligisten SV Babelsberg. Das Berliner Publikum aber wird sich bis zum ersten Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf gedulden müssen. Den Test gegen Babelsberg absolviert Hertha vorsichtshalber unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

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