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Das war’s! War’s das? Herthas Trainer Otto Rehhagel (links) im Dialog mit Manager Michael Preetz.

© dapd

Hertha verliert vor DFB-Bundesgericht: Der dritte Abstieg in zehn Tagen

Das Sportgericht weist Herthas Einspruch zum Relegationsspiegel gegen Düsseldorf zurück. Die vorgetragene Beeinflussung durch psychische Umstände sei nicht ausreichend. Der Klub lässt sein weiteres Vorgehen offen.

Bruce Springsteen hatte sein krachendes Konzert im Frankfurter Stadion fast schon beendet, die Flüge der Verantwortlichen von Hertha BSC waren längst ohne sie abgefertigt, als die Richter ihr Urteil sprachen. „Die Berufung ist zurückgewiesen“, sagte Goetz Eilers, der Vorsitzende Richter beim Bundesgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) um 22.38 Uhr. Die vorgetragene Beeinflussung durch psychische Umstände sei nicht ausreichend. Dennoch sei ein Platzsturm natürlich „immer bedrohlich“. Aber die Spieler hätten den Schiedsrichter selbst aufgefordert, weiterzuspielen. Die Restspielzeit sei vorfallsfrei über die Bühne gegangen. Die Trainer hatten laut den Richtern Betätigungsfreiheit und noch in der Nachspielzeit ausgewechselt.

Herthas Einspruch gegen das Relegationsrückspiel in Düsseldorf wurde damit auch in zweiter Instanz abgelehnt. Nach dem Aus auf dem grünen Rasen und der Niederlage vor den DFB-Sportgericht war es für Hertha sozusagen der dritte Abstieg innerhalb von zehn Tagen. Ein Wiederholungsspiel wird es vorerst nicht geben. Hertha ist damit abgestiegen. Aber: Die Berliner können noch vor das Schiedsgericht ziehen. Ob sie dies tun werden, war zunächst unklar. „Darüber werden wir heute nicht entscheiden“, sagte Präsident Werner Gegenbauer. „Das war eine Verhandlung, in der Argumente wirklich vorgetragen werden konnte. Jetzt sind wir müde und gehen ins Bett. Es war ein langer Tag. Morgen werden wir dann beraten, wie es weiter geht.“ Gegenbauer hatte im Vorfeld angekündigt, diese Entscheidung auf der Mitgliederversammlung am Dienstag diskutieren zu lassen. Ein weiteres Verfahren könnte sich Wochen und Monate hinziehen und den Saisonstart gefährden.

Dabei hatten die Berliner alles versucht in der etwa acht Stunden dauernden, zähen Verhandlung. Am Anfang keimte noch Hoffnung auf, als Richter Goetz Eilers und auch der DFB-Kontrollausschussvorsitzende Norbert Weise die Zeugen, vor allem Schiedsrichter Wolfgang Stark, mit kritischen Fragen in die Mangel nahmen. Am Ende durften die Berliner gar ein Video vorführen. Auf der Leinwand war aus der Vogelperspektive zu erkennen, wie Düsseldorfer Fans auf das Feld liefen, als der Ball noch im Spiel war. Wie damit eine Schwächung der Mannschaft nach Wiederanpfiff nachgewiesen werden sollte, war schleierhaft.

In seinem Plädoyer dankte Anwalt Christoph Schickhardt den Richtern dann, mit Bezug auf das DFB-Sportgericht, mit dessen Urteilsbegründung Hertha nicht zufrieden war, dafür „dass Sie unsere Wertschätzung für die Sportgerichtsbarkeit wieder hergestellt haben“. Aber auch insgesamt elf Zeugen konnten nicht darlegen, dass die Mannschaft geschwächt war in ihrem Bemühen, das entscheidende Tor zu erzielen. Schickhardt lobte die Verhandlungsführung als „weise“ und „perfekt“ – „aber das Urteil war im entscheidenden Sprung falsch“. Und: „Eine psychische Schwächung unserer Spieler lag vor, das Coaching war zum Schluss aufgehoben.“

Sehen Sie hier Herthas Kampf vor dem DFB-Gericht in Bildern:

Rehhagel brachte das richtig in Rage

Einen eigenwilligen Auftritt hatte Otto Rehhagel hingelegt. Es begann mit einer Bitte von Hertha-Anwalt Schickhardt: Der Trainer habe noch einen Termin und wolle früher in den Zeugenstand. „Wir Älteren halten zusammen“, antwortete Eilers. Dann bat der 70-jährige Richter den 73-jährigen Rehhagel um die Vorstellung seiner Person. „Jeder weiß doch, was ich gemacht habe“, sagte Rehhagel und fügte mit Hinweis auf seine Medienpräsenz hinzu: „Wenn ich den Arm hebe, macht es klickklickklick und man sieht mich in Australien.“ Allgemeines Gelächter.

Der Trainer sagte, er habe beim Relegationsrückspiel in Düsseldorf am Ende seiner Tätigkeit nicht mehr nachkommen und die Mannschaft nicht erreichen können. „Ich war lange in Griechenland und jetzt benutzte ich ein griechisches Wort: Es war Chaos.“ Die Bedingungen seien irregulär gewesen. Er habe befürchtet, die Situation hätte eskalieren können wie die Heysel-Stadionkatastrophe 1985 oder die Loveparade-Massenpanik 2010 in Duisburg. Auf die Frage, ob er selbst Angst gehabt hätte, sprach er von „Halb-Angst“, wofür er auch eine Begründung lieferte: „Ich saß 1943 in den Kellern im Ruhrgebiet, als die Amerikaner uns bombardiert haben.“

Die chaotischen Szenen von Düsseldorf:

Zudem sagte Rehhagel, in der Coaching-Zone seien ab der 85. Minute Frauen und Kinder gewesen. Daraufhin reichten die Fortuna-Anwälte Fotos wie zuvor die Hertha-Verteidigung Fotos ein. Sollten die Berliner Bilder beweisen, dass Spieler angegangen wurden, sollte nun auf den Düsseldorfer Fotos erkennen zu sein, dass in der Schlussphase keine Zuschauer in der Coaching-Zone waren. Da wie auf den Berliner Bildern eine Zeitangabe auf den Fotos fehlte, konnte das Gericht den Beweiswert nicht feststellen.

Doch Rehhagel brachte das richtig in Rage. Erst herrschte er den DFB-Kontrollvorsitzenden Weise bei einer Frage an: „Waren Sie im Stadion?“ Nach der nächsten Zeugenvernehmung bat Schickhardt, den Saal verlassen zu dürfen. Herr Rehhagel sei außer sich darüber, dass seine Aussage in Frage gestellt wurde. Nachdem die Verhandlungen nach einigen Beschwichtigungsminuten Unterbrechung fortgesetzt wurde, lief Rehhagel immer noch aufgebracht telefonierend in einem Nebenraum herum. Als er schließlich ging, sagte ein Hertha-Sprecher auf Nachfrage zu Rehhagels Termin: „Er ist nach Hause geflogen. Der Mann hat genug.“

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