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Gipfelmütze. Nach seinem Tor in Bochum setzte sich Peter Niemeyer (rechts) beim Jubeln die Wollmütze von Hertha-Physiotherapeut Reinhard Mörz auf.

© Matthias Koch

Herthas Auftritt in Bochum: So selbstbewusst und sicher

Nach dem wichtigen Sieg in Bochum kann sich Hertha den Aufstieg höchstens noch selber nehmen – das Team hat aber sogar den Aberglauben auf seiner Seite.

Für Reinhard Mörz dürften die nächsten Wochen ziemlich warm werden. Bis Hertha BSC den Aufstieg in die Bundesliga perfekt gemacht hat, wird der Physiotherapeut des Vereins trotz steigender Frühlingstemperaturen wohl seine Wollmütze tragen müssen. Peter Niemeyer, Herthas Kopf im Mittelfeld, war nach seinem so wichtigen Führungstor in Bochum zur Trainerbank geeilt, hatte dort Mörz die Mütze vom Kopf gerissen und sie sich aufgesetzt – eine schöne, ungewöhnliche Jubelpose. Aber die abergläubischen Profis tun meist nie etwas ohne Hintergedanken. „Wenn unser Physio die Mütze getragen hat, haben wir nie verloren“, erklärte hinterher Patrick Ebert. „Die muss er jetzt immer tragen, auch wenn 40 Grad sind.“

Nun mag der eine oder andere Fußballfan in Berlin über die Jahre so seine prinzipiellen Zweifel an Aussagen von Patrick Ebert entwickelt haben. Und auch wenn Mörz bei seiner Kopfbedeckung bleibt: Es bleibt fraglich, ob der Tabellenführer aus Berlin solcherlei Unterstützung überhaupt noch nötig hat. Nach dem 2:0-Sieg in Bochum beträgt der Vorsprung auf den Relegationsplatz sieben Punkte.

Bei fünf noch ausstehenden Spielen, davon drei im heimischen Olympiastadion, ist das ein fast schon komfortables Polster. „Das war ein sehr, sehr wichtiger Sieg, mit dem wir einen direkten Aufstiegskonkurrenten auf Abstand gebracht haben“, sagte Herthas Trainer Markus Babbel: „Jetzt geht es darum, sich das nicht mehr nehmen zu lassen.“

Hertha BSC hat nun allerbeste Aussichten, den Aufstieg frühzeitig perfekt zu machen. Die Berliner, die schon eine gute Hinrunde gespielt haben, sind mit dem Sieg in Bochum am VfL als bisher erfolgreichste Mannschaft der Rückrunde vorbeigezogen. Das im Sommer gefasste Ziel, der direkte Wiederaufstieg, wird sich nicht verhindern lassen – zumindest wohl nicht von der Konkurrenz. Einzig Hertha selbst könnte sich noch in die Quere kommen, wenn nämlich der jüngste Sieg in Bochum und der hohe Vorsprung die Mannschaft verführte und vom Weg abbrächte. „Wir sind super glücklich. Das war ein extrem wichtiger Schritt, auch wenn wir noch nicht durch sind“, warnte André Mijatovic. Herthas Kapitän glaubt aber nicht, dass die Mannschaft die Zeichen falsch deutet. „Ich bin mir sicher, dass wir aufsteigen werden. Wir sind selbstbewusst und sicher.“

Ein wenig war es durchaus verständlich, dass nach dem verdienten Sieg in einem sehr wichtigen Spiel bei den Siegern ein paar Emotionen hochkamen. „Die Mannschaft hat hier hart gearbeitet. Sie hat fantastisch gekämpft und ist viel gelaufen. Auch wenn beim ersten Tor etwas Glück mit dabei war“, sagte Babbel.

Das mit dem Glück wollte an diesem Abend aber nicht einmal Babbels Bochumer Kollege Friedhelm Funkel hören, der ja eine gewisse Beziehung zu Hertha unterhält. Mit ihm als Trainer konnte der Abstieg nicht verhindert werden: „Hier hat heute die viel reifere Mannschaft verdient gewonnen“, sagte Funkel. Für den VfL sei Hertha „uneinholbar“, aber der FC Augsburg, der zwischen beiden Teams in der Tabelle hängt, solle sich nicht zu sicher fühlen. Die Berliner aber seien ihrem Ziel nun ganz nah gekommen, „und das bei diesem Druck in Berlin – mein Kompliment“, sagte Funkel. Dann umarmte er Babbel, und wünschte ihm ein gutes Gelingen.

Solche Szenen nehmen für Babbel in letzter Zeit zu. Immer öfter und fast überall bekommt Herthas Trainer zu hören, dass seine Mannschaft eigentlich nicht in die Zweite Liga gehöre. Von den Kosten ihrer Zusammenstellung und ihres Unterhaltes her stimmt das schon lange. Nun aber auch vom sportlichen Abschneiden. Und nun wird sie es auch nicht mehr lange tun. Derzeit ist schwer vorstellbar, dass Herthas Mannschaft einen Einbruch erleidet. Jeder der Spieler wittert förmlich die Bundesliga, spürt die Verwirklichung eines kleinen Traums.

Peter Niemeyer jedenfalls, der von Werder Bremen ausgeliehen ist und im Aufstiegsfall in Berlin bleiben wird, kratzte sich als Matchwinner verlegen am Kopf. „Das war schon extrem wichtig, hier zu gewinnen“, sagte er. Letztlich sei ihm egal, als Erster oder Zweiter aufzusteigen, Hauptsache es klappe irgendwie. „Und so gesehen war das heute ein Big Point.“

Dann erzählte er noch seine Variante von der Geschichte mit der Mütze. Er sei nach seinem Treffer auf Mörz zugelaufen, weil er sich bei ihm bedanken wollte. Noch am Morgen habe er nicht daran gedacht, am Abend auf dem Platz stehen zu können. Er hatte einen steifen Nacken und konnte sich nur eingeschränkt bewegen. Bis er sich in die Hände von Mörz begab. „Na, meine Hände allein waren es nicht, ein paar Spritzen haben schon mitgeholfen“, sagte Mörz. Und vielleicht hat es ja auch ein wenig an seiner Mütze gelegen.

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