zum Hauptinhalt
Schiller

© ddp

Herthas Finanzen: Geführt wie eine Firma

Nach dem Abschied von Dieter Hoeneß im Sommer 2010 soll eine Persönlichkeit aus der Wirtschaft Hertha leiten - und kein ehemaliger Fußballprofi

Berlin - Vor dem Spiel kommt der Ernst. Bevor Hertha BSC am Samstag in die Rückrunde startet, berät nämlich das Präsidium des Fußball-Bundesligisten über die finanzielle und strukturelle Zukunft des Vereins. Es wird eine Zukunft ohne Dieter Hoeneß sein, denn der allmächtige Manager hat für Mitte kommenden Jahres seinen Rückzug angekündigt. Und diese Zukunft wird so ganz anders aussehen als die Ära Hoeneß.

Das fängt damit an, dass es niemanden mehr wie ihn an der Spitze der Geschäftsführung geben soll. Keinen ehemaligen Fußballprofi also. Eine Persönlichkeit aus der Wirtschaft soll nach dem Wunsch einiger Präsidiumsmitglieder das Geschäft verantworten. So wie es in den meisten Klubs der Bundesliga schon der Fall ist. Um diese Führungskraft zu finden, wird sich Hertha wahrscheinlich einer Methode bedienen, die in der freien Wirtschaft üblich ist: Der Klub wird einen Headhunter beauftragen, eine Agentur, die auf Rekrutierung von Führungspersonal spezialisiert ist.

Doch das soll nicht die einzige Veränderung bleiben. Bisher bestand die Geschäftsführung nur aus Hoeneß und dem Finanzverantwortlichen Ingo Schiller. Ab Sommer 2010 könnte das Gremium aus vier Leuten bestehen, neben dem Vorsitzenden aus einem Finanzdirektor, einem Sportdirektor und auch einem Technischen Direktor. Schiller und Lizenzspielerchef Michael Preetz wären Kandidaten für die ersten beiden Positionen.

Bis zu den personellen Umbrüchen führt das alte Personal die Geschäfte fort – und muss dabei mache Umschichtung im Etat vornehmen. So erstellt Schiller gerade den Finanzplan für die kommende Spielzeit, der im März bei der Deutschen Fußball-Liga eingereicht sein muss. „Wir gehen davon aus, dass wir die Lizenz für die kommende Saison ohne Beanstandungen erhalten werden“, sagt Herthas Finanzfachmann. Für das laufende Geschäftsjahr, das am 30. Juni 2008 endet, rechnet Schiller noch mit einem ausgeglichenen Haushalt. Aber: Die Finanz- und Wirtschaftskrise werde auch Hertha treffen, „wenn auch noch nicht in der laufenden Saison“.

Herthas Verträge mit acht Exklusivpartnern sind langfristig oder konnten wie unlängst mit Audi um drei Jahre bis 2012 verlängert werden. „Ein bedeutendes Signal in diesen Zeiten“ nennt Schiller das. Auch mit dem Hauptsponsor Deutsche Bahn laufen die Gespräche in „guter Atmosphäre“, sagt Schiller. Die Bahn zahlt bislang acht Millionen Euro jährlich. Dem Vernehmen nach ist ein Abschluss in gleicher Größe realistisch. Es ist aber gut möglich, dass die Garantiesumme etwas geringer ausfällt und dafür der erfolgsabhängige Anteil steigt.

Allerdings musste auch Hertha vom Finanzplan der laufenden Saison abweichen. Bis zu zehn Profis sind verletzt oder angeschlagen, weshalb das Präsidium zusätzliche Mittel bereitgestellt hat. Marko Babic wurde aus Sevilla geholt, der Argentinier Cufré aus Monaco kam kurzfristig hinzu.

Wirtschaftlich steht Hertha stabil da. Nach der Rekordverschuldung aus dem Jahr 2006 (54 Millionen Euro) liegen die Verbindlichkeiten bei knapp unter 30 Millionen. Möglich war die Reduzierung durch eine Vertragsverlängerung mit dem Sportrechte-Vermarkter Sportfive für die Jahre 2014 bis 2018 geworden. Hertha erhielt dafür 25 Millionen Euro. Davon flossen 15 Millionen in die Schuldentilgung. Zudem konnte Hertha aus der Teilnahme an der Uefa-Cup-Gruppenphase einen Gewinn von rund einer halben Million Euro erzielen. Doch den Einnahmen standen ungeplante Ausgaben gegenüber. So musste Hertha auf Grund der guten Platzierung der Hinrunde mehr Punktprämien an die Spieler abführen. Zudem hatten sich insbesondere wegen des Leihgeschäfts von Andrej Woronin die Personalkosten um rund zwei Millionen Euro auf etwa 31 Millionen erhöht.

Für die kommende Saison rechnet Hertha mit Mindereinnahmen von rund sechs Millionen Euro. „Die möchten wir kompensieren“, sagt Schiller. Aus dem neuen Fernsehvertrag der Deutschen Fußball-Liga ergibt sich für die Berliner ein Loch von fünf Millionen Euro, darüber hinaus verweist Schiller auf die Unsicherheit, wie es mit der Konjunktur weitergeht. „Wir werden weiter konservativ wirtschaften“, sagt Ingo Schiller. Der Ernst hat Hertha BSC längst erfasst.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false