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Herthas Hoffnungsträger: Und dann kommt Ramos

Plötzlich hat Hertha einen Stürmer, der Tore schießt: Der Kolumbianer Ramos haucht dem Klub etwas Leben ein. Gegen Leverkusen traf er zweimal.

Berlin - Adrian Ramos hatte sich die Pudelmütze tief ins Gesicht gezogen. Seine Hände legte er hinter seinem Rücken zusammen, und er sprach ein paar vorsichtige Sätze in die Fernsehkameras. Der 23 Jahre alte kolumbianische Stürmer von Hertha BSC war gestern der gefragteste Spieler des Bundesligisten. Der scheu wirkende Stürmer hatte am Abend zuvor in der Nachspielzeit gegen den Tabellenführer aus Leverkusen ein schönes Kopfballtor zum 2:2-Ausgleich erzielt und Hertha ein wenig neues Leben eingehaucht. Und nun hauchte er in die Mikrofone: „Die Mannschaft hat nie geglaubt, dass wir dieses Spiel verlieren. Ich hoffe, dass ich dem Team geholfen habe.“

Es sind schüchterne, artige, ja banale Sätze, die dem jungen Mann aus Südamerika zu entlocken sind. Sie stehen so krass im Gegensatz zu dem, was er für Hertha derzeit ist – ein Hoffnungträger. Bislang war Ramos in der öffentlichen Wahrnehmung nicht mehr als ein Mitläufer, der als Sommerfehleinkauf durchging. Nun klammern sich die Hoffnungen vieler Fans an die Vollstreckerqualitäten Ramos’, um den drohenden Abstieg doch noch irgendwie abwenden zu können. „Auch wenn sich das 2:2 für manchen vielleicht nach zu wenig anhört, ich bin fest davon überzeugt, dass uns dieser Punkt noch helfen wird“, sagte Friedhelm Funkel.

Ramos erzielte die letzten vier Tore für Hertha

„Ramos ist die Nummer eins im Sturm“, sagte Herthas Trainer. Er hätte auch sagen können: Ramos ist der einzige Stürmer des Teams, der in der Lage ist, den Ball auch mal im Tor unterzubringen. Vor dem glücklichen Ausgleich hatte Ramos die Berliner gegen Leverkusen in Führung gebracht. „Ich freue mich für Adrian, sein erster Doppelpack. Das wird ihm Auftrieb geben – und uns“, sagte Herthas Verteidiger Steve von Bergen. Ramos hat die letzten vier Tore für Hertha erzielt, auch zuvor gegen Stuttgart (1:1) und Frankfurt (1:3) hatte er getroffen. Vor allem aber das Tor zum 2:2 gegen Bayer war gut gemacht, wie Funkel sagte. „Da muss vieles passen. Die Ecke war gut geschlagen, und dann musst du den Ball mit dem Kopf richtig treffen, nicht zu voll, sonst geht er vielleicht drüber. Es gibt einen Fußballgott, der uns zu diesem Punkt verholfen hat.“

Herthas Trainer feierte das 2:2 gegen Leverkusen wie einen Sieg. Schon deswegen, weil Hertha seit August nichts mehr zu feiern hatte. „Natürlich ist die Stimmung gelöster, als wenn wir dieses Spiel verloren hätten“, sagte Funkel. Kurz vor Schluss hatte Leverkusen das Ergebnis in ein 2:1 gedreht und alles sah nach der 13. Niederlage aus. Bis Ramos kam.

„Er hat in den letzten Wochen gut gearbeitet und jetzt hat er auch das Quäntchen Glück“, sagte Funkel. „Ich werde jetzt bestimmt keinen Druck auf ihn ausüben“, sagte der Trainer. „Er ist ja noch jung. Deswegen hoffe ich erst einmal, dass er beständig bleibt.“

Möglicherweise wird der Stümer gegen Lissabon geschont

Für eine Mannschaft wie Hertha, der es seit Monaten an Durchschlagskraft mangelt, ist es enorm wichtig, einen vorn drin zu haben, der in der Lage ist, einen Treffer zu erzielen. „Dieses Spiel ist jetzt mein Maßstab“, sagte Funkel. „Wenn wir so konzentriert und intensiv auftreten wie gegen Leverkusen, dann haben wir auch bei den Bayern eine Chance.“ Bevor Hertha zum Hinrundenabschluss nach München reist, empfangen die Berliner am Mittwoch Sporting Lissabon in der Europa League. „Wir wollen unbedingt weiterkommen, denn es ist eine riesige Chance, auch im nächsten Jahr international zu spielen und nebenbei Geld zu verdienen.“ Herthas Trainer ist sich noch nicht sicher, ob er Ramos vielleicht für das weit wichtigere Bundesligaspiel in München schonen soll. „Einen wie ihn, der jetzt ja trifft, nimmt man nicht gern aus der Mannschaft, aber ich weiß nicht, ob er schon die Kraft hat.“ Allerdings wird Hertha gegen Lissabon schon der offensive Raffael fehlen, der gesperrt ist. „Ich weiß es wirklich noch nicht, was ich machen werde“, sagte Funkel.

Adrian Ramos möchte die Vorsicht des Trainers nicht ganz teilen. „Ich arbeite weiter, damit der Trainer mich weiterhin einsetzt.“ Dabei rückt er etwas seine Mütze zurecht. Dann huscht ihm ein Lächeln übers Gesicht. „Ich habe eben das erste Mal in meinem Leben Schnee gesehen. Schön, sehr schön, nur ist es leider viel zu kalt. Aber das ist jetzt mein Beruf.“

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