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Marcel Ndjeng, 30, steht seit dieser Saison bei Hertha BSC unter Vertrag. Für Trainer Jos Luhukay spielte Ndjeng zuvor bereits in Paderborn, Gladbach und Augsburg.

© dpa

Herthas Marcel Ndjeng im Interview: "Ich bin Luhukays Spieler, nicht sein Sohn"

Herthas Marcel Ndjeng spricht im Interview mit dem Tagesspiegel über sein besonderes Verhältnis zu Trainer Jos Luhukay, seine Zeit als Balljunge in Köln und einen möglichen Wechsel zum FC Barcelona.

Herr Ndjeng, Sie sind in Bonn geboren. Der 1. FC Köln …

… ist der Verein, zu dem aus Bonn immer alle hingefahren sind. Bei mir war es auch so. Bis zur C-Jugend bin ich sogar Fan vom FC gewesen, war Balljunge im Müngersdorfer Stadion und habe Toni Polster und Bodo Illgner verehrt. Das waren die Größten für mich – und später, zu meiner aktiven Zeit, natürlich Dirk Lottner. Eine FC-Ikone.

Sie sind beim FC auch mit Jos Luhukay in Kontakt gekommen.

Stimmt. Er war dort Co-Trainer, da muss ich noch in der A-Jugend gespielt haben. Ich vermute, dass er mich damals zum ersten Mal wahrgenommen hat.

2005 hat er Sie nach Paderborn geholt. Es war, wie man heute weiß, der Beginn einer langen Beziehung.

Das ist eine Legende. Paderborn wollte mich schon ein Jahr zuvor aus Düsseldorf verpflichten, da war Pawel Dotschew noch Trainer. Als ich den Vertrag unterschrieben habe, galt Luhukay zwar schon als Kandidat für den Trainerposten, im Amt war er aber noch nicht.

Aber Luhukay hat Sie anschließend nach Mönchengladbach geholt, zum FC Augsburg und schließlich in diesem Sommer zu Hertha. Wann haben Sie zum ersten Mal gedacht: Das kann doch kein Zufall sein?

Zufall ist es ja eigentlich nie. Und ein Problem, wenn Sie darauf hinauswollen, ist es für mich sowieso nie gewesen. Ich habe das eher als Wertschätzung verstanden: Da ist jemand, der immer wieder auf mich baut, weil er mich seit langem kennt. Es hat mich auf jeden Fall gefreut, dass Jos Luhukay mich über Herrn Preetz hat fragen lassen, ob ich nach Berlin kommen will.

Luhukay hat Sie nicht selbst kontaktiert?

Nicht direkt. Der Trainer hat mich angerufen und mich gefragt, ob Herr Preetz sich schon bei mir gemeldet habe. Hatte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht, aber Luhukay hat mir mitgeteilt, dass das in den nächsten Tagen passieren könnte. Da wusste ich natürlich Bescheid.

Haben Sie ein bisschen geschmunzelt?

Das nicht. Aber lustig war es natürlich schon. Als feststand, dass Luhukay Hertha-Trainer wird, bin ich dauernd gefragt worden: Und? Was ist jetzt mit Hertha? Hast du schon eine Wohnung in Berlin? Dabei wusste ich noch gar nichts von Hertha.

Was Ndjeng wohl macht, wenn Luhukay Trainer in Barcelona wird.

Welche Rolle hat Luhukay bei Ihrem Wechsel gespielt?

Hertha ist für sich eine gute Adresse, keine Frage. Trotzdem müsste ich lügen, wenn ich sage: Ich hätte mich auf jeden Fall für den Klub entschieden, egal wer da Trainer ist. Natürlich hat Jos Luhukay eine Rolle gespielt. Für mich ist es wichtig, einen Trainer zu haben, der mir vertraut. Das tut Luhukay. Ich weiß, was er von mir verlangt und was er an mir schätzt.

Was denn?

Ich vermute meine positive Art. Viele sagen: Ich lächle immer. Am Anfang der Saison, als es bei uns noch nicht so lief, hat Luhukay mich zur Seite genommen und mir gesagt, ich solle so sein wie immer und die Leute in der Kabine zum Lachen bringen. Stellen Sie sich mal vor, wie das bei meinen Kollegen ankommt, wenn der neue Trainer so ernst ist und ich auch noch schlechte Laune habe. Dann denken natürlich alle: Der Marcel kennt den Trainer, der weiß, was das bedeutet, wenn er schlecht drauf ist. Jetzt wird es hier wahrscheinlich richtig ungemütlich.

Und fußballerisch?

Mir fehlt oft dieses Egoistische. Ich suche immer jemanden, den ich in Szene setzen kann. Vielleicht schätzt Luhukay genau das: dass ich zuerst an die Mannschaft denke.

Was schätzen Sie umgekehrt an ihm?

Ich finde es bezeichnend, dass bei Luhukay anfangs alle immer sehr skeptisch sind, vielleicht weil er noch keinen großen Namen hat – und dass dann schnell sehr positiv über ihn gesprochen wird. Luhukay sieht Fußball nicht nur als Geldmacherei. Man merkt, dass er den Sport liebt, dass er sich damit intensiv beschäftigt. Er erklärt genau, wo er hinwill, welchen Weg er geht und warum er das macht.

Sie kennen Luhukay sehr gut. Haben Sie ihn schon einmal so emotional erlebt wie nach der Niederlage beim FSV Frankfurt, als er die Mannschaft in der Öffentlichkeit heftig kritisiert hat?

Ja, natürlich. Bei allen Erfolgen, die ich mit Luhukay erlebt habe, vergisst man leicht, dass es auch Phasen gab, in denen es nicht so optimal gelaufen ist. Da kommt es dann vor, dass der Trainer versucht, die Mannschaft aufzuwecken. Er macht das ja, um uns zu schützen.

Das müssen Sie erklären.

Ich glaube, dass die Spieler bei Hertha am Anfang der Saison durch den Abstieg noch viele mentale Altlasten mit sich herumgeschleppt haben und dass Luhukay das schnell ins Positive wenden wollte. Die Zeit war knapp, die Aufgabe schwer, da hat er das Donnerwetter lieber selbst ausgelöst, bevor es von außen über uns hereinbricht. Und das hat ja auch gewirkt.

Spüren Sie eigentlich manchmal Vorbehalte, weil Sie als Lieblingsspieler des Trainers gelten?

Spüren nicht. Aber ich weiß, dass die Leute das denken. Das musst du ausblenden. Ich sehe das auch nicht negativ, dass ich immer wieder bei Jos Luhukay gelandet bin. Wenn wir so weitermachen, wird in der Rückrunde niemand mehr sagen: Warum hat er den denn geholt? Dann wird es eher heißen: Das war doch eine gute Entscheidung.

Halten Sie manchmal sogar bewusst Distanz zu Luhukay, um sich nicht dem Vorwurf zu großer Nähe auszusetzen?

Nein, Sie scheinen unser Verhältnis auch ein bisschen zu überschätzen. Ich bin nicht sein Sohn, ich bin sein Spieler. Wir haben ein ganz normales Verhältnis. Er nimmt mich weder in den Arm noch fragt er mich, wie ich bestimmte Dinge sehe. Ich glaube, mit mir redet er sogar eher weniger als mit anderen Spielern. Es ist auch nicht so, dass ich mir alles erlauben kann. In Augsburg hat er mich sogar mal auf die Tribüne gesetzt, als er mit meiner Leistung unzufrieden war.

Trotzdem: Hoffen Sie nicht insgeheim, dass Jos Luhukay mal Trainer beim FC Barcelona wird?

Selbst wenn das passieren sollte – ich fürchte, das käme für mich zu spät. Aber ich werde auch so auf eine ordentliche Karriere zurückblicken können, wenn ich irgendwann mal aufhören sollte. Wobei ich nach Augsburg nicht daran geglaubt habe, dass noch einmal so ein Verein wie Hertha kommt und sich auf diesen Deal einlässt. Aber Jos Luhukay schafft es offensichtlich immer wieder, die Leute zu überzeugen, dass meine Person sich positiv auf eine Mannschaft auswirkt.

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