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Hertha BSC Berlin - Hannover 96

© dpa

Herthas Saisonauftakt: Die neue alte Hertha

Beim 1:0-Sieg gegen Hannover 96 zeigt Hertha BSC, dass die Reflexe der Vorsaison noch funktionieren.

Berlin - Eine Viertelstunde vor dem Ende meldete sich die Vergangenheit noch einmal zu Wort, nicht besonders massiv, aber zumindest deutlich zu vernehmen. Aus der Ostkurve des Olympiastadions erklang ein Gesang, dem eigentlich die Geschäftsgrundlage entzogen ist: „Marko Pantelic, oho“. Das Liedchen war schon in der vorigen Saison oft mehr Klage als Anfeuerung, eher gegen Lucien Favre gerichtet, den Trainer von Hertha BSC, als für Pantelic, den exzentrischen Stürmer des Fußball-Bundesligisten. Am Samstag, um kurz nach fünf, bestand kein Zweifel, wen die Berliner Fans meinten. Der Serbe spielt nicht mehr für Hertha, aber er bündelt offensichtlich immer noch die Sehnsucht des Anhangs nach großer Show. Favre denkt nicht vorrangig in solchen Kategorien. Beim 1:0 der Berliner gegen Hannover war allein das Ergebnis eine Show. Aber das reichte Herthas Trainer. „Der Sieg war enorm wichtig“, sagte er. „Das kann man sich vorstellen.“

Der Erfolg erfüllte gleich mehrere Funktionen. Er diente der eigenen Beruhigung, aber er wirkt auch als Signal an die Außenwelt, die der Hertha alles zutraut, nur keine Wiederholung der erfolgreichen Vorsaison. „Am Anfang weißt du nicht, wo du stehst“, sagte Favre. „Die Wahrheit ist das offizielle Spiel.“ Und diese Wahrheit ist für die Berliner jetzt erst einmal erfreulicher, als viele gedacht haben. Das Spiel gegen Hannover wirkte in vielem wie eine Reprise der Vergangenheit. Die Mannschaft tut sich gerade gegen mäßige Gegner spielerisch schwer, überzeugt vor allem in der Defensive, die Fans rufen nach Pantelic, der Trainer ignoriert diesen Wunsch – und am Ende gewinnt Hertha durch einen späten Treffer mit einem Tor Unterschied.

Möglicherweise hat dieses Tor, das auf eine ganz eigene Weise spektakulär war, einiges über die neue Hertha erzählt, die der alten doch noch frappierend ähnelt. Hannovers Verteidiger Constant Djakpa schien am eigenen Fünfmeterraum schon alles unter Kontrolle zu haben, dann stocherte Gojko Kacar ihm den Ball irgendwie durch die Beine und tunnelte gleich auch noch Torhüter Robert Enke. „Das hat reingepasst, dass wir durch so ein Tor verlieren“, sagte Hannovers Verteidiger Christian Schulz. Stimmt. Weil das Tor gezeigt hat, dass sich Kacar und Hertha eben nicht so einfach abschütteln lassen.

Die Mannschaft besitzt einen Behauptungswillen, der am entschiedensten von Kacar verkörpert wird. „Er kann Tore schießen“, sagt Favre. „Das hat mich nicht überrascht.“ Zum ersten Mal, seitdem er vor anderthalb Jahren nach Berlin gekommen ist, hat der Serbe die Vorbereitung ohne Probleme absolvieren können. „Ich bin hundert Prozent bereit und topfit“, sagt Kacar. Gemeinsam mit dem Brasilianer Cicero besetzte der 22-Jährige gegen Hannover die Zentrale im Mittelfeld, Pal Dardai, der Routinier, musste dafür auf der Bank bleiben. Warum?, wurde Favre gefragt. „Warum nicht?“, antwortete er.

Auch Patrick Ebert fand sich auf der Bank wieder. Seinen Platz nahm Lukasz Piszczek ein, der von der Position des rechten Außenverteidigers ins Mittelfeld vorrückte. In der Viererkette verteidigte stattdessen Nemanja Pejcinovic. Der Zugang aus Serbien sieht seine Position eigentlich in der Innenverteidigung, aber genauso gut wie rechts kann er links spielen, wo sich Marc Stein gegen Hannover nachdrücklich für einen Platz auf der Bank empfahl. Und wenn der Schwede Rasmus Bengtsson in zwei Wochen den Trainingsrückstand aufgeholt hat, könnte er ein ernsthafter Anwärter auf einen Platz in der Innenverteidigung sein, obwohl Arne Friedrich und Steve von Bergen im ersten Spiel nach Josip Simunic einen sehr stabilen Eindruck hinterließen. Aber es war ja nur Hannover.

Nur? An keinem Spieltag sind die qualitativen Unterschiede vermutlich stärker verwischt als am ersten, an dem alle Mannschaften noch ein wenig auf der Suche nach sich selbst sind. Arne Friedrich schielte während des Spiels gelegentlich auf die Anzeigetafel und stellte dabei fest, dass auch Teams mit anderen Ambitionen als Hertha zum Saisonauftakt mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatten. Bremen und Leverkusen zum Beispiel. „Am ersten Spieltag musst du einfach nur gewinnen“, sagte Friedrich. Gesagt, getan.

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