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Sport: Hiddink macht’s möglich

Mit Australien hat der Holländer schon sein drittes Team ins Achtelfinale geführt

Seine Augen waren von der Müdigkeit geschwollen, aber in ihnen brannte das Feuer des Triumphes. Guus Hiddink, 59 Jahre alt, Fußballtrainer aus den Niederlanden, hat wieder Unmögliches geschafft. Mit einem 2:2 gegen Kroatien führte er Australien sensationell ins WM-Achtelfinale; am Montag wartet auf Italien ein starker Gegner. Bei den vorherigen Turnieren schaffte es Hiddink mit den Niederlanden und Südkorea bis ins Halbfinale. „Es gibt kein Geheimnis Guus Hiddink“, sagte er nach dem siegreichen Unentschieden. Mit solch kleinen Lügen hält er die Legende um seine Person am Leben.

In einem atemberaubenden Spiel, bei dem sogar Schiedsrichter Graham Poll den Verstand verlor, holten die Australier zwei Mal einen Rückstand auf. „Wir haben immer eine Antwort“, sagte Verteidiger Lucas Neill, „das liegt an unserem neuen Teamgeist.“ Selbstbewusstsein in Mannschaftsstärke zu organisieren ist Hiddinks Passion. Schon die Südkoreaner hatten vor vier Jahren vor Begeisterung gestrotzt. „Guus gibt uns den Glauben an uns“, sagte Australiens überragender Kapitän Mark Viduka ehrfürchtig. Viduka ist Hiddinks Vertrauensperson und seine zentrale Angriffsfigur im bevorzugten 4-5-1-System.

Der Tüftler Hiddink hat bisher jeden Gegner mit einer Spezialtaktik überrascht. Gegen Japan wechselte er mit Tim Cahill und John Aloisi zwei Offensivrenner ein, als die Asiaten die Kraft verließ. Ein fast verlorenes Spiel endete 3:1. Gegen Brasilien massierte Hiddink die Abwehr, um den Stars die Spiellaune zu verderben. Mit Mühe kam der Weltmeister zu einem 2:0. Im Entscheidungsspiel gegen Kroatien kalkulierte Hiddink freilich zunächst falsch. Der überraschend aussortierte Stammtorwart Mark Schwarzer musste zusehen, wie Ersatzmann Zeljko Kalac mit einem schweren Fehler das 1:2 durch Niko Kovac ermöglichte. Nachdem seine Kollegen den Patzer wettgemacht hatten, versprach Kalac ihnen in der Kabine zwei Flaschen Champagner. Liverpool-Angreifer Harry Kewell wird wohl den ersten Schluck bekommen, traf er doch zum „wichtigsten Tor meines Lebens“, wie er sagte. Dass es ein Abseitstreffer war, dürfte der Legende nichts anhaben, die im feiernden Australien jetzt kreiert wird und an der sich die Spieler längst berauschen. „Normalerweise trete ich bei wichtigen Toren gegen die Eckfahne, diesmal habe ich mit ihr gesungen“, gestand ein vom Erfolg benebelter Archie Thompson. Die Magie, über sich selbst hinauszuwachsen, gehört bei Hiddink zum System. Die Basis dafür ist aber profanes hartes Training. „Wir sind vielleicht fitter als andere Teams“, sagte Viduka, der von harten Konditionseinheiten berichtete.

Hiddink lebt harte Arbeit vor, schließlich war die WM-Qualifikation mit Australien nur sein Nebenjob. Vornehmlich trainierte er den PSV Eindhoven und führte ihn zum holländischen Meistertitel und ins Halbfinale der Champions League. In seiner Heimat hat Hiddink einen Spitznamen: Guus Geluk. So nennt man in den Niederlanden Gustav Gans, die stets glückliche Comicfigur. Glückssache ist Hiddinks Erfolg nicht. „Das Glück gehört den Tüchtigen“, gestand Kroatiens Kapitän Niko Kovac zu. „Und die Australier waren tüchtiger als wir.“

Nach der WM will Guus Hiddink auch noch den russischen Fußball wecken und ihn zu europäischer Meisterschaft bei der EM führen. Hiddink wird sich dabei auf sein Gefühl für das menschlich Machbare verlassen können – und auf seine Freude an harter Arbeit. Nach dem Triumph mit Australien klingelte sein Handy unaufhörlich. „Meine Mutter ist dran, sie ist sehr hartnäckig“, scherzte Hiddink. Das liegt wohl in der Familie.

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