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Hintergrund: So viele Rekorde... Wird fleißig weiter gedopt?

Frank Bachner über das Rennen zwischen Dopingsünder und Dopingfahnder - samt einer Liste aller 25 Schwimm-Weltrekorde dieser Spiele.

Jessica Hardy, die Weltklasseschwimmerin aus den USA, hatte einfach Pech. Kurz vor Beginn der Olympischen Spiele in Peking wurde sie als Dopingsünderin überführt. In ihrer Probe wurde das Mittel Clenbuterol entdeckt, eine Substanz, die in der Kälbermast eingesetzt wird. Eigentlich ist Clenbuterol ja ein uralter Hut als Dopingmittel, schon die deutsche Sprinterin Katrin Krabbe wurde vor 15 Jahren damit erwischt. Doch Hardy hatte eine besondere Methode, zu dopen: Sie hatte eine genau berechnete Dosis genommen, drei Tage vor und zwei Tage nach dem Dopingtest wäre Clenbuterol nicht mehr nachweisbar gewesen.

Wobei so eine lange Zeitspanne, in der Dopingmittel zu finden sind, fast schon auffällt, es gibt Substanzen, die bauen sich schneller ab. Aber es ist ein Zeichen dafür, dass auch Klassiker des Dopings heute eingesetzt werden, nur in viel feinerer Form, die den Nachweis schwieriger machen. Der alte Wettlauf, Hase gegen Igel, Dopingfahnder gegen Dopingsünder.

Was macht Epo?

Das Blutdopingmittel Erythropoetin (Epo) erhöht die Zahl der roten Blutkörperchen und ermöglicht damit eine höhere Sauerstoffaufnahme. Blutdoping ist vom Internationalen Olympischen Komitee erstmals 1988 auf die Liste der verbotenen Methoden gesetzt. Doch in den 90er Jahren wurde wild mit dem Mittel gedopt, weil Dopingfahnder in direkten Testmethoden das körpereigene nicht von künstlichem Epo unterscheiden konnten. Das ist erst seit dem Jahr 2000 möglich.

Und das hätte eigentlich das Ende von Epo als Dopingmittel sein müssen. Doch zwei Jahre später flog Skilangläufer Johann Mühlegg bei den Olympischen Winterspielen in Salt Lake City, nach dem Gewinn von drei Goldmedaillen, als Eposünder auf. Er hatte Darbepoetin, das sich nur unwesentlich von Epo unterscheidet. Aber groß genug, dass es zu diesem Zeitpunkt nur im Dopinglabor von Los Angeles nachweisbar war. Das wusste Mühlegg allerdings nicht. Doch bis heute wird versucht, mit variiertem Epo die Dopingfahnder zu umgehen. Bei der Tour de France 2008 tauchten neue Formen von Epo auf, zum Beispiel Retard-Epo Cera (Epo mit verlängerter Wirkung). Diverse Fahrer, sagte Martial Saugy, Direktor des Anti-Dopinglabors in Lausanne, dachten, das Produkt sei nicht nachweisbar. Doch damit lagen sie falsch, die Labors mussten nur ihren klassischen Epo-Test etwas anpassen.

Intelligentere Athleten, glaubt Saugy, benützen heute vor allem eine Kombination von Epo, Testosteron und Wachstumshormon. In kleinen Dosen genommen ist dieser Cocktail schwer nachweisbar.

Im Juni 2008 hat aber eine dänische Studie im Auftrag der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada diverse Beobachter aufgeschreckt. Die Autoren haben erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit von Epo-Tests geäußert. Das Risiko eines Athleten, nach Einnahme von Epo durch Urinkontrollen überführt zu werden, sei bei manchen Wada-Labors fast gleich null. Allerdings sagt der deutsche Dopingexperte und Molekularbiologe Werner Franke, dass die Studie nicht auf dem neuesten Stand basiere. Die Analyseverfahren seien inzwischen verfeinert worden.

Nachweis von Eigenblutdoping nach wie vor schwierig

Doch der frühere mexikanische Diskuswerfer und Dopinglieferant Angel Heredia behauptet im „Spiegel 33/08", er habe seinen Kunden Tabletten gegeben, die verhinderten, dass im Dopingtest verbotene Steroide auftauchen und die Probe negativ ist. Und es gebe ein Enzym, das dafür sorge, dass in der A-Probe eine ganz andere Epo-Konzentration auftauche als in der B-Probe. Damit ist juristisch kein Dopingnachweis möglich. Heredia belieferte eigener Aussage nach die US-Sprinterin Marion Jones, die ihren Dopingmissbrauch gestanden hatte.

Heredia erzählt auch von Mitteln, welche die Muskelkontraktion verstärken, wichtig für Sprinter. Es sei unauffindbar für Dopingkontrolleure gewesen. Inzwischen wurden die Nachmethoden verfeinert, doch es gibt genügend Experten, die versuchen, diese Methoden auszutricksen.

Eine beliebte Dopingmethode war viele Jahre lang Eigenblutdoping. Es war in den Siebzigerjahren ein Renner unter Ausdauersportlern. Dabei wurde einem Athleten Blut abgenommen, das zentrifugiert wird. Dabei trennt man die roten Blutkörperchen vom Blutplasma. Die roten Blutkörperchen friert man ein, taut sie irgendwann wieder auf und spritzt sie kurz vor dem Wettkampf dem Athleten. Damit erhöht ein Sportler schlagartig seine Ausdauerfähigkeit. Doch diese Dopingmethode kam aus der Mode, als Epo auf den Markt kam und nicht nachweisbar war. Erst als die Fahnder Epo entlarven konnten, griffen viele Athleten wieder auf Eigenblutdoping zurück. Der Nachweis ist schwierig. Die Kunden des spanischen Arztes Eufemiano Fuentes, der ein regelrechtes Dopingnetzwerk mit Radprofis und anderen Sportlern aufbaute, arbeiteten genau mit dieser Methode. Auch der Tour- de-France-Sieger Jan Ullrich steht im Verdacht, mit Eigenblut gedopt zu haben.

Auch das Wachstumshormon (HGH) ist ein weit verbreitetes Dopingmittel. Die Sportler erhoffen sich dadurch nicht bloß zusätzlichen Muskelaufbau, sondern auch erhöhte Regenerationsmöglichkeiten. Es gibt zwar zwei Nachweisverfahren, aber die haben ihre Mängel. Der Berliner Endokrinologe Christian Strasburger hat ein Verfahren entwickelt, mit dem HGH-Missbrauch bis 36 Stunden nach der Einnahme nachgewiesen werden kann. Bei der so genannten Sönksen-Methode wird die Spanne sogar auf drei Wochen ausgedehnt. Doch vor Gericht sind diese Verfahren umstritten, weil sie nicht immer hundertprozentige Beweise liefern. Bei der Straßburger-Methode zum Beispiel sind für den Nachweis von HGH qualitativ hochwertige Antikörper nötig, die aber im vergangenen Jahr eine Zeitlang nicht auf dem Markt waren. Wegen der fehlenden passenden Anti-Körper war die Strasburger-Methode juristisch nicht wasserdicht. Nur wenn sie zur Verfügung stehen, ändert sich die juristische Lage möglicherweise.

Inzwischen vermuten Kölner Dopingexperten aber auch noch, dass es Dopingmittel gibt, die verhindern, dass der Muskel ermüdet. So könnte zum Beispiel ein Schwimmer auch auf den letzten Metern noch überdurchschnittlich viel Kraft haben.

Die Liste aller Welt-, Europa- und deutschen Rekorde bei diesen Spielen

Mit 25 Welt- und 33 Europarekorden gehen die olympischen Schwimm-Wettbewerbe von Peking in die Sport-Geschichte ein. US-Star Michael Phelps gewann von seinen acht Goldmedaillen (drei in der Staffel) nur einen nicht mit Weltrekord.

MÄNNER: WELTREKORDE: 400 m Lagen: Michael Phelps (USA) 4:03,84 Min./10.08.2008 4x100 m Freistil: USA 3:12,23 Min./10.08.2008 100 m Brust: Kosuke Kitajima (Japan) 58,91 Sek./11.08.2008 100 m Freistil: Eamon Sullivan (Australien) 47,24 Sek./11.08.2008 4x100 m Freistil: USA 3:08,24 Min./11.08.2008 200 m Freistil: Michael Phelps (USA) 1:42,96 Min./12.08.2008 100 m Rücken: Aaron Peirsol (USA) 52,54 Sek./12.08.2008 100 m Freistil: Alain Bernard (Frankreich) 47,20 Sek./13.08.2008 100 m Freistil: Eamon Sullivan (Australien) 47,05 Sek./13.08.2008 200 m Schmett.: Michael Phelps (USA) 1:52,03 Min./13.08.2008 4x200 m Freistil: USA 6:58,56 Min./13.08.2008 200 m Rücken: Ryan Lochte (USA) 1:53,94 Min./15.08.2008 200 m Lagen: Michael Phelps (USA) 1:54,23 Min./15.08.2008 4x100 m Lagen: USA 3:29,34 Min./17.08.2008  EUROPAREKORDE: 100 m Brust: Alexander Dale Oen (Norweg.) 59,41 Sek./09.08.2008 100 m Brust: Alexander Dale Oen (Norweg.) 59,16 Sek./10.08.2008 400 m Lagen: Laszlo Cseh (Ungarn) 4:06,16 Min./10.08.2008 4x100 m Freistil: Frankreich 3:12,36 Min./10.08.2008 100 m Rücken: Arkadi Wjatschanin (Russl.) 53,06 Sek./11.08.2008 4x100 m Freistil: Frankreich 3:08,32 Min./11.08.2008 200 m Schmett.: Nikolai Skworzow (Russland) 1:54,31 Min./12.08.2008 200 m Brust: Paolo Bossini (Italien) 2:08,98 Min./12.08.2008 200 m Brust: Daniel Gyurta (Ungarn) 2:08,68 Min./12.08.2008 4x200 m Freistil: Italien 7:07,84 Min./12.08.2008 200 m Schmett.: Laszlo Cseh (Ungarn) 1:52,70 Min./13.08.2008 4x200 m Freistil: Russland 7:03,70 Min./13.08.2008 100 m Schmett.: Milorad Cavic (Serbien) 50,76 Sek./14.08.2008 200 m Rücken: Arkadi Wjatschanin (Russl.) 1:54,93 Min./15.08.2008 200 m Lagen: Laszlo Cseh (Ungarn) 1:56,52 Min./15.08.2008 1500 m Freistil: Juri Prilukow (Russland) 14:41,13 Min./15.08.2008 4x100 m Lagen: Großbritannien 3:33,83 Min./15.08.2008 4x100 m Lagen: Russland 3:33,59 Min./15.08.2008 100 m Schmett.: Milorad Cavic (Serbien) 50,59 Sek./16.08.2008 4x100 m Lagen: Russland 3:31,92 Min./17.08.2008 DEUTSCHE REKORDE: 200 m Freistil: Paul Biedermann (Halle/S.) 1:46,00 Min./12.08.2008 FRAUEN: WELTREKORDE: 400 m Lagen: Stephanie Rice (Australien) 4:29,45 Min./10.08.2008 100 m Rücken: Kirsty Coventry (Simbabwe) 58,77 Sek./11.08.2008 200 m Freistil: Federica Pellegrini (Ital.) 1:55,45 Min./11.08.2008 200 m Freistil: Federica Pellegrini (Ital.) 1:54,82 Min./13.08.2008 200 m Lagen: Stephanie Rice (Australien) 2:08,45 Min./13.08.2008 200 m Schmett.: Zige Liu (China) 2:04,18 Min./14.08.2008 4200 m Freistil: Australien 7:44,31 Min./14.08.2008 200 m Brust: Rebecca Soni (USA) 2:20,22 Min./15.08.2008 200 m Rücken: Kirsty Coventry (Simbabwe) 2:05,24 Min./16.08.2008 800 m Freistil: Rebecca Adlington (Großbr.) 8:14,10 Min./16.08.2008 4x100 m Lagen: Australien 3:52,69 Min./17.08.2008 EUROPAREKORDE: 100 m Brust: Mirna Jukic (Österreich) 1:07,06 Min./10.08.2008 100 m Brust: Julia Efimowa (Russland) 1:06,08 Min./10.08.2008 100 m Rücken: Gemma Spofforth (Großbr.) 59,38 Sek./12.08.2008 4x200 m Freistil: Frankreich 7:50,37 Min./13.08.2008 200 m Brust: Sara Nordenstam (Norwegen) 2:23,79 Min./14.08.2008 200 m Brust: Mirna Jukic (Österreich) 2:23,76 Min./14.08.2008 4x200 m Freistil: Italien 7:49,76 Min./14.08.2008 800 m Freistil: Rebecca Adlington (Großbr.) 8:18.06 Min./14.08.2008 200 m Brust: Sara Nordenstam 2:23,02 Min./15.08.2008 4x100 m Lagen: Großbritannien 3:59,14 Min./15.08.2008 50 m Freistil: Britta Steffen (Berlin) 24,06 Sek./17.08.2008 100 m Rücken: Gemma Spofforth (Großbrit.) 59,05 Sek./17.08.2008 4x100 m Lagen: Großbritannien 3:57,50 Min./17.08.2008 (dpa)

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