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Sport: Hitzfeld +Rummenigge =Ärger

Bayerns Coach wehrt sich gegen Kritik seines Chefs

Die Leute vom Fernsehen kamen extra früh; schon seit kurz nach sieben Uhr morgens waren die Reporter auf den Beinen, lange vor dem Beginn der Pressekonferenz des FC Bayern München. Sie bauten hektisch ihr Gerät auf, um die Veranstaltung im überfüllten Presseraum an der Säbener Straße live ins Fernsehen übertragen zu können. Und dann, um kurz nach halb zehn – Trommelwirbel – kam auch die Hauptperson: Ottmar Hitzfeld.

Am Abend zuvor hatten die Münchner den bereits sicher geglaubten Sieg gegen den englischen Klub Bolton Wanderers verspielt, damit die vorzeitige Qualifikation für das Uefa-Cup-Achtelfinale verpasst und so Karl-Heinz Rummenigge „stocksauer“ gemacht. „Wir haben das Ziel nicht erreicht“, raunte der Vorstandsvorsitzende der Bayern und griff den Trainer scharf an. Der ehemalige Mathematiklehrer Ottmar Hitzfeld nämlich hatte den Sieg sozusagen wegrotiert: Er hatte einige Stammkräfte geschont und dann auch noch die beiden besten Spieler ausgewechselt: Franck Ribéry und Lukas Podolski. Der eine hatte beide Tore der Bayern für den anderen vorbereitet. „Extraklasse“ sei vor allem Podolski gewesen, sagte Rummenigge und äußerte Unverständnis für die frühen Auswechslungen. Die Zuschauer hätten das Recht, die beste Mannschaft zu sehen: „Fußball ist nicht Mathematik.“ Nun war der Mathematiklehrer an der Reihe.

Hitzfeld reagierte auf die Schelte des Chefs, wie man es von einem Mann von Welt erwarten kann: gefasst, aber durchaus bestimmt. „Aussagen vom Vorstand kommentiere ich nicht“, sagte er, stellte jedoch klar: „Wir haben innerhalb von drei Tagen zwei Spiele, dementsprechend stelle ich die Mannschaft auf.“ Und, etwas ironisch: „Ich hoffe schon, dass ich das Fußball-Einmaleins beherrsche.“ Das sah nach Hitzfelds Rechnung so aus: Zwei Spiele in drei Tagen plus „20 gute Spieler“ (Hitzfeld) ist gleich zwei verschiedene Startformationen. Abgesehen von den etwas zu frühen Auswechslungen ging diese Taktik durchaus auf – die Kritik Rummenigges kam entsprechend überraschend. „Ich glaube nicht, dass Ribéry das 2:2 hätte verhindern können im Abwehrbereich“, bemerkte Hitzfeld süffisant, und er wisse auch nicht, „ob es eine Schwächung ist, wenn man Podolski herausnimmt und Luca Toni bringt“. Sein Team wusste der Coach dabei hinter sich. Oliver Kahn fand, Hitzfeld habe alles korrekt gemacht, und Mark van Bommel erinnerte Rummenigge daran, Kritik nur intern zu äußern.

Die Verrohung der Umgangsformen beim FC Bayern kommt gerade jetzt, da Hitzfeld laut über einen Abgang nach dieser Saison nachdenkt, denkbar ungünstig. Ob das siebte Jahr bei Bayern nun nach dieser öffentlichen Kritik das letzte sein werde, wollte ein Reporter von Hitzfeld wissen. „So etwas sollte nicht von Kleinigkeiten abhängig sein“, sagte der 58-Jährige. „Außerdem bin ich sturmerprobt.“

Michael Neudecker[München]

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