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© dpa

Hochsprung: Das Herz hüpft mit

Mit Ästhetik nach oben: Der Hochspringer Eike Onnen führt eine deutsche Tradition fort.

Ob Eike Onnen wusste, worauf er sich einließ, als er sich seine Sportart aussuchte? Der Hochsprung ist in Deutschland nicht irgendeine Disziplin, sie hat Olympiasieger hervorgebracht wie Dietmar Mögenburg, Ulrike Meyfarth und Heike Henkel. 2001 kam noch einmal ein Weltmeister aus Deutschland, der Berliner Martin Buß. Dann folgte der Sturz in ein Loch. Die Deutschen waren einfach nicht mehr auf der Höhe. Was der Hochsprung in Deutschland bedeutet, hat Eike Onnen daher auch sofort erfahren, als er am 20. Mai in Garbsen überraschend 2,34 sprang, also nur drei Zentimeter niedriger als Carlo Thränhardt bei seinem deutschen Rekord 1984. Die Aufgabe des Traditionspflegers hatte Onnen da gleich mitgewonnen.

Wenn er heute (13 Uhr deutscher Zeit) im Finale der Weltmeisterschaften in Osaka springt, kann man vielleicht sagen, dass das Herz der deutschen Leichtathletik ein wenig mithüpft. Es geht auch darum, ob die Deutschen nicht nur mit Wurfgeräten Weltspitze sein können, sondern auch noch genug Sprungkraft haben. Onnen hat sie auf jeden Fall, und als Nachfolger der pensionierten Meister hat er sich auch durch seinen Sprungstil empfohlen. Er verkörpert die Ästhetik des Hochsprungs, den Moment, wenn der Athlet quer in der Luft über der Latte liegt und der Schwerkraft eine kleine Pause abtrotzt. „Ich wollte schon irgendwann einmal so hoch springen, aber dass es so schnell sein würde, hätte ich nicht gedacht“, sagt er. Er wirkte auch nach seiner Bestleistung ein wenig überfordert, denn er ließ in Garbsen zunächst 2,37 Meter auflegen, also Thränhardts Höhe und nicht einen Zentimeter mehr. „Ich hatte mich vorher einfach noch nicht so genau damit beschäftigt“, sagt er.

Der plötzliche Höhenrausch hat dem 25-Jährigen jedenfalls viel Aufmerksamkeit gebracht, im Aktuellen Sportstudio segelte er zum Beispiel über die Torwand, seine Bekanntheit steigerte er aber vor allem mit weiteren sportlichen Hochleistungen wie dem Sieg beim Europacup in München. Der ganze Glanz steht ohnehin im Widerspruch zu dem, wie Onnen seinen Sport betreibt und wie er überhaupt sein Leben verbringt. „Ich brauche ein zweites Leben neben dem Sport“, sagt er. Zurzeit macht er an der Abendschule sein Abitur nach, er möchte anschließend Medizin studieren oder Nautik, um vielleicht einmal Kapitän zu werden wie sein Großvater.

Die Familie hat eine große Bedeutung, auch im Sport, seine Mutter Astrid Fredebold-Onnen ist seine Trainerin, sein Bruder kümmert sich um seine Internetseite. Kürzlich hat ihm auch seine Schwester einen großen sportlichen Gefallen getan. Vor den deutschen Meisterschaften in Erfurt waren auf einmal seine Schuhe verschlissen, dabei hatte er gerade in ihnen ein besonders gutes Sprunggefühl. Aufgeregt rief Eike Onnen bei seiner Schwester an. Sie ersteigerte ihm für 70 Euro ein neues Paar im Internet, weil es schon lange nicht mehr im Laden zu kaufen war.

Und auch seine Großmutter spielt eine Rolle, bei ihr hat sich Onnen vor Osaka noch einmal zu einem sportlichen Kurzurlaub zurückgezogen, sie lebt auf der Nordseeinsel Juist. Dort fand er noch einmal Ruhe, bevor es nun losgeht mit dem ganzen Trubel. Die geforderte Qualifikationshöhe von 2,29 Metern schaffte Onnen am Montag gleich im ersten Versuch. Der deutsche Chefbundestrainer Jürgen Mallow war so begeistert, dass er Onnen schon jetzt zu den Gewinnern in Osaka zählt: „Wenn er hier nicht gut springt, dann eben im nächsten Jahr. Er ist doch noch so jung.“

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