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© DPA

Hockey: Schon wieder Belgien

Die deutschen Teams wissen nicht, was sie sich bei der Hockey-EM in Amsterdam zutrauen können.

Berlin - Wenn der Modus der Europameisterschaft vor zwei Jahren schon so gewesen wäre wie diesmal, wäre Markus Weise eine Menge Ärger erspart geblieben. Manchester 2007 – diese Chiffre steht für den größten anzunehmenden Unfall in der Geschichte des Deutschen Hockey-Bundes. Die deutschen Männer mussten auf dem dritten Platz einlaufen, um sich direkt für die Olympischen Spiele zu qualifizieren, sie führten – trotz bescheidener Darbietung – im kleinen Finale 2:0 gegen Belgien, verloren durch ein Tor in letzter Sekunde 3:4 und sicherten sich erst über Umwege die Teilnahme an Olympia. Bei der EM in Amsterdam, die heute beginnt, geht es erneut um ein übergeordnetes Ziel: um die Qualifikation für die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr. Aber diesmal reicht sogar Platz vier.

Eine komfortable Situation für die deutschen Männer und ihren Bundestrainer. Markus Weise sieht das anders: „Allein in unserer Gruppe haben drei Mannschaften reelle Chancen auf den Einzug ins Halbfinale.“ Die Deutschen natürlich, der amtierende Weltmeister und Olympiasieger, dazu England und – Belgien.

Bei den Frauen, die schon heute gegen Irland ihr erstes Spiel bestreiten, scheint die Qualifikation zur WM etwas weniger schwierig zu werden. Scheint. „Ich sehe unsere Gruppe definitiv nicht als Selbstgänger“, sagt Bundestrainer Michael Behrmann. Aber das liegt weniger an der Stärke der Gegner Irland, Spanien und Schottland, als an der eigenen Unberechenbarkeit. Das Team sucht bisher vergeblich die nötige Konstanz. Beeindruckende Auftritte wie Anfang Juli in Berlin gegen Holland wechseln sich mit unerklärlichen Einbrüchen ab. „Wir haben uns das nötige Selbstbewusstsein noch nicht erarbeitet“, sagt Behrmann. Trotzdem hat sich die Mannschaft ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Sie will Europameister werden – wie 2007 in Manchester.

In solchen Sphären denken die Männer nicht. „Bei uns ist das Ziel noch nicht so richtig festgelegt“, sagt Weise. „Wenn wir einen guten Job machen, schaffen wir die WM-Qualifikation. Wenn wir einen sehr guten Job machen, ist durchaus mehr drin.“ Eine gewisse Unwägbarkeit bleibt, und die liegt vor allem in der Zusammensetzung des Kaders begründet. Dass deutsche Hockey-Nationalmannschaften jung sind, ist nichts Neues. Weises Jahrgang 09 aber ist extrem jung – und unerfahren noch dazu. Von den achtzehn Spielern haben nur fünf mehr als 100 Länderspiele bestritten (was im Hockey wesentlich häufiger vorkommt als im Fußball), acht sind 23 oder jünger. Mit Timo Wess, Tibor Weißenborn, Niklas Meinert und Sebastian Biederlack, die ihre Länderspielkarriere beendet haben, hat das Team viel Routine verloren. „Wir haben eine Mannschaft, die sich gerade erst findet“, sagt Weise. „Aber sie besitzt ganz sicher das Potenzial für Außergewöhnliches.“

Die Qualifikation fürs Halbfinale wäre nach bisherigen Maßstäben nichts Außergewöhnliches – selbstverständlich ist sie trotzdem nicht. England unternimmt als Ausrichter der Olympischen Spiele 2012 derzeit ungekannte Anstrengungen, um das Hockey-Team zum Medaillenkandidaten aufzupäppeln. Kein Verband verfügt über mehr Geld, angeblich sind es drei Millionen Euro pro Jahr. Und auch die Belgier, am Sonntag erster Gruppengegner für Weises Team, haben zuletzt deutliche Fortschritte gemacht. Wie eng das Duell inzwischen geworden ist, hat sich vor zwei Wochen in Mannheim bei den letzten Tests vor der EM gezeigt. Zweimal trafen beide Mannschaften aufeinander, das erste Spiel gewannen die Deutschen, das zweite die Belgier.

Stefan Hermanns 

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