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Rinne

© AFP

Hockey: Weniger bringt mehr

Fanny Rinne dominiert das Spiel der Hockey-Nationalmannschaft der Damen - das will der Bundestrainer ändern.

Berlin - Fanny Rinne hat gerade eine wichtige Entscheidung für ihre sportliche Karriere getroffen. In der vorolympischen Saison wird sie in Holland spielen, in der stärksten Hockey-Liga der Welt. So viel Veränderung hat es im Leben der Fanny Rinne nicht oft gegeben. Mannheim, die Stadt, in der sie vor 27 Jahren geboren wurde, hat sie bis vor einem Jahr nie richtig verlassen. Und auch dem TSV Mannheim ist sie immer treu geblieben: 20 Jahre lang hat sie für den Klub gespielt, sie ist mit ihm ab-, auf- und wieder abgestiegen, hat meistens gegen den Abstieg gekämpft – und ihre eigenen Ambitionen nie so wichtig genommen. Der Wechsel zum Berliner HC vor einem Jahr war ein Indiz, dass sich das geändert hat. So wie der Abschied nach nur einer Saison ein Indiz dafür ist, dass Fanny Rinne zurzeit ein bisschen auf der Suche ist.

Das war schon bei der Weltmeisterschaft im vorigen Herbst zu sehen: Deutschland, amtierender Olympiasieger, belegte nur Platz acht. Die ganze Mannschaft spielte schwach, und wie immer in diesem Fall wandte sie sich hilfesuchend an Fanny Rinne. Aber die war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. „Unsere Katastrophen-WM hing stark mit Fannys Rolle zusammen“, sagt Stürmerin Natascha Keller. „Seit dem Sommer hat sie für ihre Verhältnisse Scheiß-Hockey gespielt.“ Für ihre Verhältnisse heißt allerdings, dass sie immer noch deutlich besser war als die meisten anderen.

Rinne ist in jeder Hinsicht die dominierende Figur im deutschen Hockey, sportlich ohnehin, aber auch für die Außendarstellung. Kurz vor Olympia 2004 posierte Rinne für den „Playboy“, „weil die Fotos unser Hockey ins Rampenlicht gebracht haben“. Dass sie zudem mit dem 17 Jahre älteren Bundestrainer Markus Weise zusammen war, brachte noch eine menschliche Note ins Spiel. Inzwischen ist Weise a) nicht mehr Bundestrainer der Frauen (sondern der Männer) und b) nicht mehr mit Rinne zusammen.

Eigentlich, so sagt der neue Bundestrainer Michael Behrmann „ist es Fanny gar nicht so recht, im Mittelpunkt stehen zu müssen“. In der Nationalmannschaft soll sie das künftig auch nicht mehr in dem Maße wie früher. „Wir wollen die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilen“, sagt Behrmann, „damit wir nicht mehr so leicht auszurechnen sind.“ Wer es bisher geschafft hat, Rinne aus dem Spiel zu nehmen, hat im Idealfall gleich die ganze Mannschaft lahmgelegt.

Am neuen Design des Mittelfelds hat die Mannschaft in der Vorbereitung auf die am Wochenende beginnende Europameisterschaft in Manchester verschärft gearbeitet. Fanny Rinne soll auch mal aus der zentralen Position herausgehen, sich fallen lassen oder nach außen ausweichen. „Das heißt nicht, dass ich außen vor bin“, sagt Rinne. „Zurücknehmen werde ich mich mit Sicherheit nicht.“ Soll sie auch nicht, aber ihren Mitspielerinnen mehr Raum zur Entfaltung lassen. „Die anderen haben sich zum Teil rausgenommen“, sagt Behrmann. Um das zu verhindern, hat er Rinne (205 Länderspiele) nun erfahrene Kräfte an die Seite gestellt: Kapitänin Marion Rodewald (246), die aus der Abwehr ins Mittelfeld vorgerückt ist, und Anke Kühn (107). „Es ist noch Luft nach oben“, sagt Behrmann über die neue Kräfteverteilung. „Aber es wird immer besser.“

Fanny Rinne hat sich nicht in den Mittelpunkt gedrängt. „Anfangs habe ich mich ein bisschen schwer getan, Verantwortung zu übernehmen“, sagt sie, „jetzt bin ich reif genug.“ Natascha Keller verfolgt Rinnes Weg bereits seit deren Debüt in der Nationalmannschaft vor neun Jahren. „Am Anfang war sie eher eine Mitspielerin, nicht so auffällig“, sagt die Berliner Stürmerin. „Sie ist zur Mitgestalterin geworden und inzwischen die Gestalterin.“ Keller hält Rinne für „eine der besten Mittelfeldstrategen weltweit“, die dank ihrer Offensivkraft nicht nur erstaunlich viele Tore schießt, sondern beim Olympiasieg 2004 auch aushilfsweise in der Innenverteidigung gespielt hat. Michael Behrmann sagt: „Fanny wird an den wichtigen Dingen weiterhin elementar beteiligt sein.“

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