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Hoffenheim: Piano gibt’s nur noch in der Bar

Herbstmeister Hoffenheim legt die Zurückhaltung ab - und kündigt Prämien für den Europacup an.

Auch die kleine Bäckerei-Filiale in der Hoffenheimer Ortsmitte müht sich, die Binnenkonjunktur anzukurbeln. Wer fünf mit Marmelade gefüllte „Berliner“ kauft, bekommt einen Sonderpreis. Die Strategie könnte aufgehen, viele im Kraichgau haben das Gefühl, es gäbe genug Grund, sich zu belohnen. Das gilt nicht nur für Schleckermäuler, sondern auch für die sogenannten Herbstmeister von 1899 Hoffenheim. Spätestens heute Abend, wenn man sich zur Weihnachtsfeier trifft, werden die Spieler erfahren, dass ab sofort einiges anders sein wird. Keiner nimmt dem Aufsteiger künftig mehr das Saisonziel Klassenerhalt ab. „Die Prämie für den Klassenerhalt können wir schon jetzt auszahlen“, sagt sogar Mäzen Dietmar Hopp und kündigt an, über Prämien für einen internationalen Wettbewerb zu verhandeln. Er versicherte der „Rhein-Neckar-Zeitung“: „Wenn wir einen internationalen Wettbewerb erreichen, werden wir die Mannschaft am Gewinn beteiligen.“ Aus dem Munde eines Dietmar Hopp, dessen Privatvermögen auf 6,3 Milliarden Euro geschätzt wird, hört sich dies wie eine Kampfansage an. Die Erfolgsaussichten jedenfalls sind bestens: Hoffenheim schaffte es als erst zweiter Neuling, überhaupt in der Winterpause auf Rang eins zu stehen, was vorher nur dem 1. FC Kaiserslautern in der Saison 1997/1998 gelang, der dann auch Meister wurde.

Dass man in Hoffenheim viel der Zurückhaltung ablegte, die man zu Saisonbeginn zur Schau trug, zeigen zahlreiche Beispiele. Längst sind die Ansprüche gestiegen und die Ziele in Richtung internationaler Bühne ausgerichtet. Nicht nur die Verpflichtung von Torhüter Timo Hildebrand beweist das, auch der Umzug in die neue, 60 Millionen Euro teure „Rhein-Neckar-Arena“ mit exklusiver Pianobar ab Januar. Am Rande spricht man von der Möglichkeit weiterer Einkäufe.

Nach dem 1:1 gegen Schalke verkündete Hopp den nächsten Entwicklungssprung: „Wir sind nicht mehr der Dorfverein, wir sind der Verein der Metropolregion Rhein-Neckar.“ Das neue Selbstverständnis sorgt für eine neue Sichtweise: Man werde in Zukunft der Gejagte sein, sagte Trainer Rangnick. „Jetzt wird es darum gehen, das Niveau zu halten.“ Wohin der Weg von 1899 am Ende führt, wollte der vorsichtige Rangnick nicht sagen.

Dafür sieht Manager Jan Schindelmeiser den Klub auf dem Weg zur „eigenen Marke“ weit gekommen. „Die Spielweise, gepaart mit dem Erfolg, hat dazu beigetragen, die Reputation des Vereins dramatisch zu verbessern, über die deutschen Grenzen hinaus.“ Er gehe davon aus, „dass wir uns in der oberen Tabellenhälfte halten können“. Man werde die Mannschaft aber nicht mit einer zu hohen Erwartungshaltung belasten.

Wer aber, das darf man fragen, soll den FC Bayern München außer den Hoffenheimern wirklich in Gefahr bringen? 1899 kann, anders als viele Konkurrenten, ohne internationale Belastung manches Tief vielleicht leichter überwinden. Einen internationalen Wettbewerb wird Hoffenheim nicht sofort, aber irgendwann einmal brauchen. Mäzen Hopp verkündet immer wieder, irgendwann solle sich das Projekt selbst tragen. Schon im Fall des Stadions tritt der Klub nur als Mieter auf, die Arena gehört einer Beteiligungsgesellschaft unter Hopps Kontrolle. Was auch für das neue, 15 Millionen Euro teure Trainingszentrum in Zuzenhausen gilt. Wie schnell man sich bei 1899 aber die Voraussetzungen schaffen kann, für die andere Jahre brauchen, zeigt auch die Infrastruktur rund ums Stadion. Die Autobahnzufahrt zur neuen Arena an der A6, so heißt es, hat Hopp auch gleich mitbezahlt.

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