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Hooligans in Polen: Messer, Schlagstöcke, Totschläger

EM-Gastgeber Polen hat ein großes Problem mit gewalttätigen Hooligans

Die Szenerie hinter der Tribüne war absurd. Im „Olimpiyskiy“, dem gigantischen Nationalstadion von Kiew, standen überall Frauen mit bunten Kopftüchern und priesen fröhlich ihre Ware an: Sonnenblumenkerne, verpackt in Tüten. Um sie herum tanzten 100 000 Fans mit gelb-blauen Fahnen. Es war ein friedliches Fest – nur die angereisten deutschen Fans durften damals, 2001, nicht mitfeiern. „Aus Sicherheitsgründen“, wie schwer bewaffnete Polizisten knurrten. Vor wem man beschützt wurde? Hooligans? Wohl kaum, heißt es in Polizeikreisen, „die ukrainische Szene ist in den vergangenen Jahren nie aufgefallen. Es soll sie geben – irgendwo, vielleicht“.

Bei der Fußball-Europameisterschaft in Osteuropa im Jahre 2012 wird auch die Sicherheit eine große Rolle spielen. Vor allem die polnische Schlägerszene hat einen brutalen Ruf, auch wenn sie bei der WM 2006 kaum in Erscheinung getreten ist. Die ukrainischen Schläger dagegen „sind uns weitgehend unbekannt“, berichten Ermittler. Während der WM wurden keine Ukrainer festgenommen. „Die Reise nach Deutschland konnten sich vor allem die wohlhabenden Fans leisten. Die Hooligans aber stammen aus dem unteren Milieu.“ Selbst bei Champions-League-Spielen, etwa in Kiew, kam es nie zu größerer Randale; dabei kosten Eintrittskarten umgerechnet nicht mal zwei US-Dollar.

Aus dem polnischen Fußballalltag dagegen sind oft kriminelle Geschichten zu hören – angefangen in der „Extraklasa“, der höchsten Spielklasse. Familien würden sich dort kaum in Stadien trauen, berichten Fanmagazine. Gut 10 000 Männer sollen der polnischen Hooliganszene angehören, etwas mehr als der deutschen. In Polen greifen Fans auch immer wieder zu Waffen, „Messer, Totschläger oder Schlagstöcke – wie im Krieg“, berichten erfahrene Polizisten. In Deutschland dagegen würden Hooligans meist nur mit Mundschutz antreten und mit Quarzsand gefüllten Handschuhen, damit die Fingerknochen nicht so leicht brechen. Die deutsche und die polnische Szene scheinen gute Kontakte zu haben: Im November 2005 hat sich die „Nordostfraktion“ – eine Truppe von Fußballschlägern aus Berlin, Brandenburg und Leipzig – gezielt in einem Waldstück bei Frankfurt (Oder) mit der Szene von Lech Posen zu einer wüsten Prügelei verabredet. Untereinander sind die polnischen Hooligans jedoch zerstritten: Sie klauen sich schon mal gegenseitig die Vereinsschals und fackeln diese dann im Stadion ab. Bei Länderspielen ihrer Mannschaft treten sie jedoch selten als Einheit auf, ähnlich wie die Holländer.

Wie auch bei der EM 2008 in Österreich und der Schweiz wird das Bundesinnenministerium den Ausrichterländern nach der erfolgreichen WM-Zusammenarbeit seine „vollste Unterstützung“ anbieten, sagte ein Ministeriumssprecher. Zumal Deutschland eines der Transitländer zur EM 2012 sein werde. Was die Ukraine angeht: Dort scheinen die Polizisten ohnehin sehr resolut zu sein. Wer damals im „Olimpiyskiy“ als deutscher Fan auf die Toilette wollte, bekam bis zum Pinkelbecken seinen ganz persönlichen Begleitschutz: ein Polizeipferd.

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