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HSV-Krise: Hamburger SV: Ein Verein, zwei Lager

Fans fordern die Ablösung von HSV-Chef Hoffmann. Es ging direkt nach dem Anpfiff gegen Nürnberg los: „Vorstand raus!“ Was unten auf dem Rasen geschah, war zunächst völlig nebensächlich.

Der Mann, der gemeint war, stand oben auf seinem Vip-Platz und nippte scheinbar unbeteiligt an einem Kaffee, während „Hoffmann raus!“ durch das Stadion hallte. Der Hamburger SV spielte gut beim 4:0 gegen schwache Nürnberger, aber ein harter Kern der Fans auf der Nordtribüne hatte andere Interessen beim letzten Heimspiel der Saison: Fast die gesamte Partie lang gab es Schmähgesänge gegen Bernd Hoffmann, den Vereinsvorsitzenden. Das passte nicht jedem. Als der HSV längst hoch führte und die Rufe weitergingen, pfiffen viele Zuschauer auf der Haupttribüne die nicht verstummen wollenden Rufer aus. Selbst im Block der Ultras gab es zwei Meinungen – mit Fäusten gingen Hoffmanns Befürworter und Gegner aufeinander los. Es war gespenstisch. Selbst die Auswechselspieler des HSV schauten verschreckt nach oben. Ordner beruhigten die Schläger. Aber das Ganze wirkte nur notdürftig geflickt. Alle konnten sehen und hören, wie umstritten Bernd Hoffmann inzwischen ist.

Für die Fans war es die erste Chance, auf das am Ende kampflos hingenommene Ausscheiden ihrer Mannschaft im Europa-League-Halbfinale beim FC Fulham am Donnerstag zu reagieren. Ihr Frust darüber, dass am 12. Mai nicht der HSV in Hamburg Atletico Madrid empfängt, sondern der FC Fulham zu Gast ist, entlud sich am Samstag gegen Hoffmann. Die Mannschaft kam ungeschoren davon, und Guy Demel, durch tölpelhaftes Zweikampfverhalten Verursacher der Niederlage von Fulham, wurde für seine Flankenläufe gegen die enttäuschenden Nürnberger sogar gefeiert.

Nach dieser Saison geht ein Riss durch den HSV, geschürt durch riesige Erwartungen im Spätsommer und den gewohnten Absturz im Frühling. Hoffmann gab sich hinterher kämpferisch: „Ich kriege von vielen Menschen Unterstützung, da muss man auch mal schwierige Phasen durchstehen.“ Ein Rücktritt käme ihm wie ein Aufgeben vor.

Nach seinem ersten und wahrscheinlich letzten Heimspiel als Cheftrainer des HSV hielt Ricardo Moniz eine kleine Bewerbungsrede, doch dürften seine Chancen verschwindend gering sein. Auch die Spieler lobten den ehemaligen Techniktrainer: Mladen Petric sagte, die Mannschaft könne sich gut vorstellen, mit Moniz weiterzuarbeiten. Doch solche netten Sätze dürften Hoffmann nur alarmieren – sucht er doch keinen Coach, den die Mannschaft jetzt schon als pflegeleicht ausgemacht hat. Am Sonntag kündigte Hoffmann personelle Veränderungen und die schnelle Verpflichtung eines neuen Trainers an: Ein bis zwei Wochen nach Saisonende werde man den Nachfolger von Bruno Labbadia präsentieren, sagte Hoffmann im „Doppelpass“ auf Sport1. Es ist zu erwarten, dass die Hamburger eher einen autoritären Trainer vorgesetzt bekommen.

Hoffmann wird hoffen, dass es noch eine glückliche Wendung am 34. Spieltag gibt, wie in den drei Spielzeiten zuvor. Ein Sieg bei Werder Bremen und eine Niederlage Stuttgarts in Hoffenheim brächten den HSV auf Platz sechs. Die erneute Europa-League-Qualifikation würde die Fans vielleicht etwas versöhnen.

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