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HSV: Wochen der Selbstzerstörung

Für den Hamburger SV könnte eine eigentlich gute Saison sehr schnell zu einer traurigen werden. Im DFB-Pokal ist der Bundesligist bereits ausgeschieden und im Uefa-Cup gegen Bayern wird es schwer.

Das schlechte Gefühl schlich sich zum ersten Mal vor zwei Wochen in die Köpfe. „Es war so unnötig“, stöhnte Vorstand Katja Kraus nach dem 1:2 des Hamburger SV im Viertelfinale des DFB-Pokals beim VfL Wolfsburg. Der HSV hatte ordentlich gespielt, die Fans besangen schon das Finale von Berlin – doch irgendwie verlor die Mannschaft von Huub Stevens noch und erlebte die erste große Enttäuschung dieser bislang guten Saison. Plötzlich stand ein Fragezeichen hinter den Qualitäten dieser abwehrstarken, angriffsschwachen Mannschaft, die dem Gegner das Spiel so vermiesen kann und nur ganz schwer zu besiegen ist. Die Zweifel sind auch zwei Wochen und vier Spiele später geblieben.

Zwei Heimsiege in der Bundesliga gegen Bochum und Frankfurt kann man als normal betrachten, doch das Remis in Nürnberg und die Niederlage im Uefa-Pokal-Hinspiel am vergangenen Donnerstag in Leverkusen bereiten den Hamburger Verantwortlichen Sorgen: Dieser HSV könne womöglich in wenigen Wochen alles zerstören, was er sich in teils zähen, teil beeindruckenden Partien seit dem Sommer 2007 aufgebaut hat.

Der Sieg im Pokal als vermeintlich leichteste Option auf den ersten Triumph seit 1987 ist schon verspielt. Von der Meisterschaft spricht niemand mehr. Und gegen Leverkusen muss heute (17.45Uhr, live in der ARD) ein 0:1 aufgeholt werden, um den Anspruch von Stevens und Geschäftsführer Bernd Hoffmann zu wahren, aus der guten eine sehr gute Spielzeit werden zu lassen. Stevens mag es zwar nicht mehr hören, aber als es im Dezember richtig rund lief beim HSV, hatte auch er davon gesprochen, „etwas holen zu wollen“, als Vermächtnis quasi, denn der Holländer verlässt den HSV ja im Sommer.

Nun rudert er zurück – „etwas holen“, das könne auch Rang zwei (oder drei) mit der Qualifikation für die Champions League sein. Natürlich wäre die Saison ein Erfolg, würde der HSV nur ein Jahr nach dem Abstiegskampf plötzlich die Champions League erreichen (wobei sich der HSV als Anwärter auf einen der Ränge hinter den Bayern sieht und die Spielzeit 2006/2007 also nur ein Ausreißer nach unten war). Der HSV wie 2006 unter Europas Besten – dann könnte Hoffmann auch schon mal locker Einnahmen von 20 Millionen Euro für den Sommer 2008 einplanen und würde Fehler wie zwei Jahre zuvor sicher nicht wiederholen. Doch dem Vereinsboss wäre etwas anderes noch wertvoller: ein Titel für den Briefkopf. Denn für einen Verein mit diesem Umsatz, mit dieser Größe wird es Zeit, nicht nur das Konto zu füllen, sondern das Ansehen zu mehren.

Die Hamburger werden aber leider das Gefühl nicht los, dass irgendwas nicht stimmt. „Wir sind ein bisschen frustriert“, sagte Sportchef Dietmar Beiersdorfer nach dem 0:0 vom Sonntag. Es gibt schon das ganze Jahr eine Unwucht im Hamburger Spiel. Das liegt daran, dass Spielmacher Rafael van der Vaart als Torschütze noch wichtiger ist und schlichtweg im Mittelfeld fehlt, wenn er ganz vorn spielt. Stevens hasst diese Diskussion. „Uns fehlt die letzte Entschlossenheit und der letzte Esprit“, sagt Beiersdorfer. Er trifft den Kern und ins Zentrum der HSV-Schwäche: Der Wille ist groß, den Ball zu erobern. Doch dann fehlen die Ideen, was man denn alles Schönes mit ihm anfangen könnte. Dem HSV mangelt es an diesen modernen Defensiv-Alleskönnern, die mehrere Rollen einnehmen können: Ballgewinn, Beschleunigung des Spiels, Torabschluss.

Es fällt dem HSV schwer, wichtige Spiele wie in Wolfsburg oder in Nürnberg mit geringem Aufwand zu gewinnen. In Leverkusen sollte ein 0:0 als gute Basis für das Weiterkommen erzwungen werden. Es misslang, und nun soll unbedingt die Trendwende her, dabei fällt heute auch noch Mohamed Zidan verletzt aus. „Wir müssen jetzt mal einen Big Point machen“, verlangt Torwart Frank Rost. Es ist genau dieser Schritt, der ein gutes von einem sehr guten Team trennt. Und genau dieser Schritt ist nötig, um nicht am Ende der Serie Vierter der Bundesliga zu sein, aus den anderen Wettbewerben schon ausgeschieden, bevor es richtig interessant wird.

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