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Liu Xiang

© AFP

Hürdenläufer Liu Xiang: Chinas Hoffnung

Sie verehren ihn mehr als ihre Stars aus dem Nationalsport Tischtennis den chinesischen NBA-Star Yao Ming. Der Hürdenläufer Liu Xiang begeistert die chinesischen Fans und soll Gold holen – in Osaka und in Peking.

Es gibt auch eine kleine chinesische Fankurve im Nagai-Stadion von Osaka. Sie erwacht zum Leben beim Halbfinale: „Jiayou, Liu Xiang!“, rufen einige Chinesen. „Auf geht’s, Liu Xiang!“ Am Start steht: der Held eines Riesenreichs. Nach dem Startschuss raunt das ganze Stadion, weil Liu Xiang so elegant über die Hürden fliegt. Den Sieg in diesem Halbfinale überlässt er höflich einem Konkurrenten. An diesem Freitag im Finale über 110 Meter Hürden (15.20 Uhr deutscher Zeit) wird er sich sicher steigern. Er ist Olympiasieger, er hält den Weltrekord in 12,88 Sekunden, er ist der schnellste von 1,3 Milliarden Chinesen, aber noch wichtiger als das, was war, ist das, was kommt. Denn was Cathy Freeman für die Australier bei den Spielen 2000 in Sydney war und Kostas Kenteris vier Jahre später für die Griechen werden sollte, wenn er nicht vor den Dopingkontrolleuren geflohen wäre, das soll im nächsten Jahr in Peking Liu Xiang werden.

In der Gunst der Chinesen hat er die Stars aus dem Nationalsport Tischtennis längst überholt, ebenso Basketballspieler Yao Ming, der sich in die USA aufmachte, um in der NBA für Furore zu sorgen. Das hängt auch damit zusammen, dass die Leichtathletik das Herz der Olympischen Spiele ist und Liu Xiang nun dieses Herz berührt. Aber es liegt vor allem an Liu Xiang selbst. Der 24-Jährige aus Schanghai ist für einen Chinesen sehr emotional, am Start spielt er mit seinen Gesichtszügen und flirtet ein wenig mit dem Publikum. Im Ziel jedoch bleibt er zurückhaltend. „Er hat Anstand, er hat Disziplin, der hört auf seinen Trainer. Auch wenn er Weltrekord gelaufen ist, hampelt er nicht rum wie die Amerikaner und Jamaikaner mit ihrer Arroganz“, sagt Thomas Blaschek, der gegen Liu Xiang in Osaka im Halbfinale laufen musste und mit 13,77 Sekunden als Achtplatzierter ausschied.

Jetzt soll Liu Xiang die anderen chinesischen Athleten mitziehen. In Osaka hat sich mit Dongpeng Shi noch ein Landsmann für das Finale qualifiziert, und kurz vorher gewann Wengxiu Zhang die erste Medaille für China bei dieser WM, es war Bronze im Hammerwerfen. „Liu hat den chinesischen Athleten Selbstvertrauen gegeben und ihnen gezeigt, dass sie es bis ganz nach oben schaffen können“, sagt Feng Shuyong, Delegationsleiter der chinesischen Mannschaft und Vizepräsident des chinesischen Leichtathletikverbandes. Mit Lius Erfolg sei auch der Mut der Chinesen gewachsen, sich immer mehr nach Europa und Amerika zu wagen und dort gegen die anderen anzutreten. Weil die Motivation, im eigenen Land zu laufen, springen und werfen so hoch sei, rechnet Feng Shuyong in Peking mit ein bis zwei Goldmedaillen und drei weiteren.

Die für Liu Xiang haben die Chinesen schon fest eingeplant. Populärer kann er kaum noch werden in China. Schon jetzt nimmt er Millionen mit Werbeverträgen ein, wovon er seinem Trainer Sun Haiping im vergangenen Jahr eine 200 000 Dollar teure Wohnung in Schanghai gekauft haben soll. Manchmal muss er abgeschirmt werden, um überhaupt in Ruhe trainieren zu können. Er hat es bisher sogar fast geschafft, trotz seines Weltrekords vom Generalverdacht ausgenommen zu werden, der über dem chinesischen Sport schwebt. Die schwedische Agentur, die für internationale Dopingkontrollen zuständig ist, hat zwar inzwischen eigene chinesische Kontrolleure angeworben, doch ob sie so unabhängig sind wie ihr Arbeitgeber, weiß keiner. Liu Xiang, so scheint es, ist dem Zweifel erst einmal entkommen. Ein sauberer Sieg eines Chinesen in der Leichtathletik, den könnten die Spiele in Peking am besten gebrauchen.

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