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Sport: „Huub Stevens hatte schon immer wenig Humor“

Der Schalker Marco van Hoogdalem kennt Herthas Trainer so gut wie kaum ein anderer Spieler

Herr van Hoogdalem, haben Sie in den vergangenen zehn Jahren nur den Vorgesetzten oder auch den Menschen Huub Stevens kennen gelernt?

Lange war es nur ein SpielerTrainer-Verhältnis. Aber in den letzten zwei, drei Jahren kam auch der Mensch hinter dem Trainer zum Vorschein.

Ist dieser Mensch so unnahbar, wie es oft scheint?

Es ist ihm wichtig, ehrlich miteinander umzugehen, ohne dass eine zu große Nähe entsteht. Im Beruf ist Stevens hart, aber fair. Dort hält er andere Menschen auf Abstand. Privat muss er anders sein, sonst hätte seine Frau es nicht so lange mit ihm ausgehalten.

Hat Stevens in Schalke viel mit den Spielern geredet?

Er hat vor allem mit dem Mannschaftsrat gesprochen, aber die Tür zu seinem Büro stand jedem offen, der ein Problem hatte.

Bei Hertha hat Stevens angeordnet, dass am Arbeitsplatz alle Spieler Deutsch sprechen. Wie haben Sie sich in Schalke verständigt, wo einige Niederländer und Belgier zur Mannschaft gehörten?

Wir haben nur Deutsch gesprochen. Wenn man in einem anderen Land Fußball spielt, ist es doch völlig normal, dass man sich mit der Sprache vertraut macht. Wir Holländer haben es da natürlich leichter als etwa die Brasilianer. Von allen Spielern zu verlangen, dass sie Deutsch sprechen, finde ich nicht schlecht. Wenn ich privat mit Huub Stevens telefoniere, unterhalten wir uns immer noch auf Deutsch.

Hat Stevens sich im Laufe der Zeit verändert?

Er hat sich schon geändert. Bei Roda Kerkrade hatte er viel mit jungen Spielern zu tun. Denen konnte er ständig sagen, du darfst dies nicht, du darfst das nicht. In Schalke war es etwas anders. Hier arbeitete er mit älteren, gestandenen Profis, mit Nationalspielern, denen konnte er nicht von heute auf morgen sagen, du darfst dieses oder jenes nicht mehr. Den Wechsel nach Berlin hat er wohl als Chance zu einem Neuanfang begriffen. Er scheint jetzt lockerer und offener zu sein im Umgang mit den Medien. Dieses Bild mit dem Fahrrad, der Schirmmütze und dem grauen Anzug hätte er hier nie gemacht. Bei uns hat er Anzüge nur zu Auswärtsspielen getragen.

Disziplin war bei Schalke stets oberstes Gebot?

Stevens hat jeden Morgen um sieben Uhr das Stadiontor aufgeschlossen und es abends wieder abgeschlossen. Da hat er von den Spielern natürlich verlangt, dass sie sich in anderthalb Stunden Training voll reinhängen. Wenn im Training jemand einen Fehler macht, nimmt Stevens die ganze Mannschaft in die Verantwortung und bestraft auch die übrigen Spieler. Dann sieht der Einzelne, dass er den anderen schadet, wenn er sich falsch verhält. So wächst das Zusammengehörigkeitsgefühl.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Wenn im Training jemandem ein Handspiel unterlaufen war, mussten wir alle Liegestütze machen oder Kraftübungen für die Bauchmuskeln. Der Betreffende hat von den Kollegen einen draufgekriegt und es beim nächsten Mal nicht wieder gemacht. Das klingt vielleicht lächerlich, aber es ist ein wichtiges Detail. Die Spieler können nur zusammen Erfolg haben, das ist die Botschaft, die dahinter steckt. Stevens geht es nicht um Personen, sondern immer um die Mannschaft und den Verein.

Was wusste ein ungehorsamer Profi wie Jörg Böhme mit dieser Botschaft anzufangen?

Auch Stevens hatte mit ihm seine Probleme. Wenn Jörg Böhme nicht richtig zugehört hatte, ließ der Trainer ihn ein paar Runden um den Platz laufen. Ich glaube, damit kam Jörg ganz gut zurecht.

Stevens wirkt zumeist ernst. Hat er keinen Humor?

Man muss seine Art von Humor verstehen. Auf Holländisch ist es leichter, seinen Humor zu verstehen. Als Youri Mulder und Johan de Kock noch bei uns waren, haben wir viel gelacht, auch mit dem Trainer. Wenn es schlecht lief, hatte Stevens allerdings schon immer ganz wenig Humor.

Das Gespräch führte Richard Leipold.

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