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Sport: Hymne mit Misstönen

Ein Deutscher soll Österreichs Fußball retten

Es wird keine Hymne gespielt werden, keine Fahne aufgezogen, und es wird auch sonst kaum übermäßiges Pathos geben. Trotzdem wird sich der Fußball-Profi Steffen Hofmann, in Würzburg geboren, am Dienstagvormittag nicht über mangelnde Aufmerksamkeit seines neuen Heimatlandes beschweren können – schließlich trifft sich kurz nach zehn Uhr fast die gesamte österreichische Bundesregierung, um Hofmann die österreichische Staatsbürgerschaft zu verleihen. Hofmann wird bereits sein Mittagessen als Österreicher einnehmen – und die dortigen Fußballfans in Euphorie versetzen.

Denn das Prozedere um die Einbürgerung des Deutschen beherrscht Fußball-Österreich seit fast einem Jahr. Hofmann, der von Lothar Matthäus 2002 von den Bayern-Amateuren zu Rapid Wien geholt worden war, hat sich in den vergangenen Jahren zum besten Spieler in der österreichischen Bundesliga gesteigert. Er ist der Regisseur von Rapid Wien, und mit seinem Klub wurde er 2004 überraschend österreichischer Meister. Außerdem wurde er zweimal als bester Spieler und bester Mittelfeld-Regisseur der Liga ausgezeichnet. Und spätestens als Hofmann vor einem Jahr eine Österreicherin heiratete, war klar, dass das Nationalteam ihn am liebsten heute als morgen auch im österreichischen Trikot sehen würde. Am Mittwoch trifft Rapid in der Champions-League-Qualifikation auf Lokomotive Moskau und hat dank Hofmann die Chance weiterzukommen.

Hofmann hatte freilich erst vor zwei Wochen seiner Einbürgerung tatsächlich definitiv zugestimmt. Der 24-Jährige sah nun keine Chance mehr, für die deutsche Nationalmannschaft zu spielen, obwohl ihn Teamchef Jürgen Klinsmann hatte beobachten lassen. In den Planungen von Österreichs Nationaltrainer Hans Krankl, der sich noch kleine Chancen auf die Teilnahme an der WM 2006 ausrechnet, spielt er dagegen bereits eine enorme Rolle.

Doch einen Tag vor Hofmanns Einbürgerung sind die Chancen, dass der 24-Jährige jemals für Österreich spielen darf, drastisch gesunken. Die Verantwortlichen des Österreichischen Fußball-Bundes haben nämlich erst jetzt bemerkt, dass sie in ihrer Euphorie eine Regeländerung vergessen haben. Der Weltverbands Fifa hat seine Statuten zur Einbürgerungen kürzlich modifiziert. Im Gegensatz zu früher dürfen Spieler, die ihre Nationalität wechseln und früher einmal für ein anderes Land ein Länderspiel absolviert haben, nicht älter als 21 Jahre sein. Hofmann hatte für Deutschland 1997 an der U-17-WM teilgenommen – fällt bei strenger Regelauslegung also durch.

Hofmann muss nun hoffen, dass die Österreicher die Fifa doch noch umstimmen können und er sich im Trikot der österreichischen Nationalmannschaft die Hymne seines neuen Heimatlandes anhören darf. Scheitern aber die Verhandlungen, dann hat der 24-Jährige zwar einen neuen Pass – aber definitiv keine Chance mehr, jemals ein Länderspiel zu bestreiten. Und auf dem Fußballplatz die neue Nationalhymne zu hören.

Markus Huber[Wien]

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