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Sport: Ich bin ein Athener

Otto Rehhagel will Trainer in Griechenland bleiben – nun beginnt die Suche in Deutschland von vorn

Berlin Für den größten Fußballverband der Welt sind das derzeit keine guten Tage. Zuerst scheiden die Elitespieler der Fußball-Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft in Portugal aus, dann tritt der trotzdem beliebte Bundestrainer Rudi Völler zurück, danach beginnt ein Machtkampf um die Führung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), und bei der Trainersuche sagt ein Wunschkandidat nach dem anderen ab. Am Samstagabend nun war Otto Rehhagel der Anlass schlechter Nachrichten. Der Trainer, der mit der griechischen Nationalmannschaft sensationell Europameister geworden war, verzichtete auf das ihm angetragene Amt als neuer deutscher Bundestrainer.

„Herr Rehhagel hat uns erklärt, dass er beim griechischen Verband im Wort steht“, sagte DFB-Sprecher Harald Stenger. „Er hat sich in drei Jahren dort etwas aufgebaut und möchte seinen bis zur Weltmeisterschaft 2006 laufenden Vertrag erfüllen.“ Nach der vorherigen Absage von Ottmar Hitzfeld, die den DFB in eine Führungskrise gestürzt hatte, muss der Verband nun mit seiner Suche von vorn beginnen. Nach Ansicht von Insidern wird dabei die Verpflichtung eines ausländischen Trainers immer wahrscheinlicher – es wäre der erste in der 104-jährigen DFB-Geschichte. Der designierte neue DFB-Präsident Theo Zwanziger sagte dem Tagesspiegel am Samstagabend: „Wir leben in einem offenen Europa, wir sind für alle offen.“ (Siehe Interview unten)

Favorit ist nach Meinung von Experten nun der Holländer Guus Hiddink. „Er steht mit oben auf der Liste“, hieß es aus hohen Funktionärskreisen. Hiddink hatte bei der Weltmeisterschaft vor zwei Jahren die Mannschaft von Südkorea ins Halbfinale geführt (zu den anderen Kandidaten siehe Artikel rechts).

Otto Rehhagel hatte seine Absage Franz Beckenbauer, der DFB-Vizepräsident und Cheforganisator der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 ist, telefonisch mitgeteilt. Beckenbauer war gerade auf dem Weg zu einer Geburtstagsfeier. Zuletzt hatten Beckenbauer und auch andere Entscheidungsträger im deutschen Fußball den Eindruck erweckt, die Verhandlungen mit Rehhagel seien auf einem guten Weg.

Franz Beckenbauer gehört zu einer Kommission, die den Bundestrainer suchen soll. Sie war am Montag vom DFB in einer Krisensitzung berufen worden. Neben Beckenbauer sind auch der weiterhin amtierende Präsident Gerhard Mayer- Vorfelder, der Chef der Deutschen Fußball-Liga, Werner Hackmann, und DFB- Generalsekretär Horst R. Schmidt vertreten. Bis zur Absage von Hitzfeld hatte Mayer-Vorfelder die Trainersuche zur Chefsache erklärt, war deshalb aber zunehmend in die Kritik geraten.

In den vergangenen Tagen hatte die Gruppe mehrmals Kontakt zu Otto Rehhagel aufgenommen. Nach Medienberichten soll dem Trainer ein Gehalt von bis zu fünf Millionen Euro bis zur WM 2006 angeboten worden sein. Zugleich wollte der DFB versuchen, den 65-jährigen Coach mit einer Summe von einer Million Euro beim griechischen Verband auszulösen, hieß es etwa in der „Bild“-Zeitung. Der griechische Verband hatte sich allerdings dagegen gewehrt – in griechischen Zeitungen war gar von einem Ultimatum an den Trainer, der den Job des Bundestrainers immer als seinen persönlichen Wunschtraum bezeichnet hatte, die Rede.

Nach dem Gewinn der Europameisterschaft war Rehhagel in Griechenland zum Nationalhelden avanciert. Bei einer spektakulären Siegesfeier in den Straßen von Athen wurde der Trainer von Hunderttausenden bejubelt und zum Ehrenbürger des Landes ernannt.

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