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Sport: "Ich bin kein Verräter" - Rupert Scholz vor der heutigen Wahl des Aufsichtsrates (Interview)

Rupert Scholz (62), der frühere Bundesverteidigungsminister und Senator, war nach Robert Schwans Rücktritt komissarisch Vorsitzender des Aufsichtsrates von Hertha BSC. Heute wird das einflussreiche Gremium neu gewählt.

Rupert Scholz (62), der frühere Bundesverteidigungsminister und Senator, war nach Robert Schwans Rücktritt komissarisch Vorsitzender des Aufsichtsrates von Hertha BSC. Heute wird das einflussreiche Gremium neu gewählt. Scholz kandidiert mit einem neunköpfigen Team. 18 Kandidaten treten an.

Fühlen Sie sich eigentlich als Verräter?

Sollte ich?

Hertha-Mitglieder bezeichneten Sie kürzlich als solchen, weil Sie zu der Zeit, als Blau-Weiß 90 in der Bundesliga spielte, Hertha den Rücken gekehrt haben.

Ich habe Hertha nie den Rücken gekehrt und bin deshalb auch kein Verräter. Ich habe mich damals allerdings sehr gefreut, dass der kleine Tempelhofer Klub den Aufstieg in die Bundesliga geschafft hat. Mir war damals aber schon klar, dass die Präsenz eines solchen Klubs in der höchsten Spielklasse auf Dauer nicht realisierbar sein würde. Deshalb hatte ich mich, gemeinsam mit Manfred von Richthofen und anderen, bemüht, in Berlin eine Fusion der in Frage kommenden Klubs, also Blau-Weiß, Tennis Borussia und Hertha, zustande zu bringen. Das ist leider misslungen.

Sie treten bei der Mitgliederversammlung Herthas mit einem neunköpfigen Team an. Fordern Sie, dass dieses en bloc gewählt wird, wie das beim letzten, von der Ufa dominierten Aufsichtsrat der Fall war?

Nein. Ich verstehe das als ein Angebot an die Mitglieder, mit einer außerordentlich kompetenten und erfolgversprechenden Mannschaft die Dinge zu bewältigen. Bedingungen sind damit natürlich nicht verbunden.

In Ihrem Team steht mit Bernd Schiphorst ein Wackelkandidat. Er könnte als künftiger Medienbeauftragter von Berlin/Brandenburg und gleichzeitig Berater des Bertelsmann-Konzerns vom DFB Schwierigkeiten bekommen.

Bernd Schiphorst hat mit dem DFB geklärt, dass seine Kandidatur nicht mit den DFB-Statuten kollidiert. Als Vorsitzender des Wirtschaftsrates und einer der Pioniere des Ufa-Vertrages war er für uns enorm wertvoll. Auch im Bereich der Medienpolitik, ohne die kein moderner Verein geführt werden kann, leistet er Herausragendes.

Sie setzen mit Ihrem Team auf politische und wirtschaftliche Kompetenz. Glauben Sie, dass das die Hertha-Mitglieder so anerkennen werden oder spielen bei so einer Versammlung mehr emotionale Dinge eine Rolle?

Die Mitglieder sind natürlich souverän. Ich bin aber überzeugt, dass sie ein solches Angebot mit so viel Kompetenz annehmen und dabei auch eine Entscheidung für die richtige Zukunftsplanung des Vereins treffen werden.

In der Vergangenheit hat Robert Schwan mit, um es vorsichtig auszudrücken, seltsamen Äußerungen immer wieder für Wirbel gesorgt. Werden Sie, so Sie gewählt werden, auch den Gang an die Öffentlichkeit bevorzugen?

Robert Schwan ist ein Mann, dem Hertha unendlich viel zu verdanken hat. Er hat natürlich seine Ecken und Kanten und manchmal auch ein überschäumendes Temperament. Aber für Schwan galt immer, und das ist auch mein Amtsverständnis: Allein das Wohl des Vereins ist entscheidend. Die Öffentlichkeit steht immer hinter der vereinsinternen Verständigung.

Das Thema "Kapitalgesellschaft" spaltet Hertha in zwei Lager. Schwan hatte sich vehement gegen eine Umwandlung ausgesprochen. Wie stehen Sie dazu?

Ich habe meine Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen. Derartig entscheidende, grundlegende Veränderungen sollten sehr sorgfältig geprüft werden. Deshalb sollten wir uns damit auch Zeit lassen. Letztlich entscheiden allein die Mitglieder.

Sie haben Ihr Team gerade der Presse vorgestellt und wurden dabei von Dieter Hoeneß, einem Mitglied des Präsidiums, unterstützt. Danach äußerten Mitglieder des Vereins, Sie und Ihre acht Mitstreiter hätten sich damit einen unlauteren Vorteil für die Wahl verschafft.

Der Vorwurf ist mir unverständlich. Wir hatten vor der Präsentation unseres Teams noch Gespräche mit Dieter Hoeneß geführt, der dann später noch dabeiblieb. Hoeneß hat selbst ausdrücklich betont, dass es einem Präsidiumsmitglied nicht zusteht, Einfluss auf die Wahl eines Aufsichtsrates zu nehmen.

Unter den anderen Kandidaten befindet sich auch der frühere Präsident Manfred Zemaitat, zu dem Sie bekanntlich nicht gerade ein freundschaftliches Verhältnis haben. Würden Sie in einem Aufsichtsrat arbeiten, in dem auch Zemaitat säße?

Wer in den Aufsichtsrat kommt, entscheiden die Mitglieder. Ich muss im Falle meiner Wahl für mich entscheiden, mit wem ich erfolgversprechend arbeiten könnte. Warten wir es ab.

Sollte Ihre Crew gewählt werden, würden Sie dann den Vorsitz führen?

Der Vorsitzende des Aufsichtsrates wird von diesem Gremium gewählt. Deshalb gilt es auch da abzuwarten. Das Gespräch führte Klaus Rocca.

Fühlen Sie sich eigentlich als Verräter?

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