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Jens Voigt, 39, startet in diesem Jahr bereits zum 14. Mal in Frankreich. 2001 und 2006 gelangen ihm jeweils zwei Etappensiege. Zweimal trug er auch das Gelbe Trikot bei der Frankreichrundfahrt. 2006 und 2007 gewann er jeweils die DeutschlandTour. Im vergangenen Jahr stürzte er bei der Tour de France schwer.Foto: p-a/dpa

© picture alliance / dpa

Sport: „Ich bin verrückt genug“

Radprofi Jens Voigt wird bald 40 Jahre alt – und fährt immer noch bei der Tour de France

Herr Voigt, im September werden Sie 40 Jahre alt. Wie oft fragen Sie sich eigentlich morgens: Warum tue ich mir das noch an?

Ich bin vielleicht der dienstälteste Radfahrer im Feld, aber es macht mir nach wie vor unheimlich viel Spaß. Ich betrachte das von der positiven Seite: Ich bin viel an der frischen Luft, die Natur ist mein Büro. Aber ich kann nicht leugnen, dass es morgens öfter zwickt als vor fünf Jahren.

Sie sind oft in Ausreißergruppen zu finden, greifen auch in scheinbar aussichtslosen Situationen an. Woher nehmen Sie die Energie, die ihre Fahrweise auszeichnet?

Diese Energie habe ich schon seit meiner Geburt. Meine Lehrerin in der Schule hat immer zu meinen Eltern gesagt: „Der Junge hat zu viel Energie, der muss etwas machen, um die loszuwerden.“ Also bin ich zum Radsport gegangen – aber die Energie ist über all die Jahre geblieben. Mit der Zeit habe ich gelernt, dass man es zu nichts bringt, wenn man nur abwartet. Man muss sich zeigen, etwas investieren.

Sie stellen mit ihrer 14. Teilnahme den deutschen Rekord von Erik Zabel ein. Bedeutet Ihnen persönlich das etwas?

Ehrlich gesagt ist mir das völlig schnuppe. Wenn mich die Journalisten nicht immer darauf ansprechen würden, wüsste ich das gar nicht.

Was sind Ihre Ziele für die Tour de France?

Ich bin jetzt 39, gewinnen werde ich die Tour wohl nicht mehr (lacht). Im Ernst: Ich will einem meiner Teamkollegen, entweder Andy Schleck oder seinem Bruder Fränk, zum Tour-Sieg verhelfen. Wenn mir das gelingt, kann ich in Paris sagen: Das war eine gute Tour.

Vor zwei Jahren sind Sie bei der Tour mit Tempo 70 gestürzt und mit dem Kopf auf den Asphalt aufgeschlagen. Viele dachten, das sei Ihr Karriereende, nur Sie sprachen schon bald vom nächsten Rennen?

Ich bin da von der alten Schule: Klappe halten und weitermachen. Ich habe das tief in mir drin versenkt. Der Sturz sollte nicht über mein Karriereende entscheiden. Wenn ich damals aufgehört hätte, wäre ich mir vorgekommen, als ob ich vor meinen Ängsten davonlaufe. Das hätte mich mein Leben lang geärgert.

Der dreifache Tour-Sieger Alberto Contador wurde vergangenes Jahr positiv getestet, es wird aber erst nach dieser Tour entschieden, ob er gesperrt wird oder nicht.

Das ist ungeheuer nervig. In meinen Augen ist es nicht nachvollziehbar, wie mehrere Institutionen das monatelang hinschleppen. Ich sage ja gar nicht, dass er gesperrt werden muss oder nicht. Aber es muss endlich eine Entscheidung her.

Sie haben zum Thema Doping einmal gesagt: „Meine Frau würde mir den Kopf abreißen, wenn ich mit dem Scheiß ankommen würde, ich habe mit Doping nichts zu tun.“ Also ist Ihre Frau effektiver als jeder Kontrolleur?

Natürlich. Die würde mir tatsächlich den Kopf abschlagen, wenn ich mal kurz nach Spanien fliegen würde für eine Bluttransfusion, nur um 0,2 Stundenkilometer schneller zu fahren. Ich wäre doch bescheuert, wenn ich meine Karriere aufs Spiel setzen würde.

Ist 2011 Ihr letztes Profijahr?

Das halte ich mir offen. Aber ich bin verrückt genug, um weiterzumachen.

Das Gespräch führte Matthias Hendorf

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