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Sport: Ich hab Muskeln und du nicht

Ein Tag auf der Flussinsel Dolobezky, dem Mallorca Kiews.

Ich weiß nicht so recht, ob ich es hier mag. Männer tragen Bierbäuche und Plastiktüten, Frauen Tribal-Tätowierungen und pinken Lippenstift. Es gibt einen Vergnügungspark mit Wasserrutsche, Trampolin und Hüpfburg. Über eine Brücke, unter der sich ein kleiner Sandstrand befindet, kommt man zur „Fan-Party Zone 2012“ – eine Tribüne, laute Musik, ein bisschen Remmidemmi, das Übliche.

Dort beobachte ich einen Mann mit sehr dicken Armen, wie er an einer Stahl-Apparatur zwei dicke an Ketten befestigte Eisenklötze in die Luft wuchtet. Die Gewichte sehen nach Weltkrieg aus. Die Griffe könnten aus einem U-Boot stammen.

Der Mann stellt sich vor: „Taras!“ Dann sagt er: „Try it!“ Ohne es zu wollen, lege ich mich auf die Bank, und er gibt mir die Hanteln an. Ich merke sofort, dass sie zu schwer sind, ich sage: „Stopp!“ Taras lacht. Seine Freundin lacht. Seine Kumpels lachen. „Yes“, sage ich. „Not my sport. I like Football!“ Taras und seine Sippe lachen weiter.

Die nächstgelegene Insel heißt Trukhanov, dort sollen die meisten schwedischen Fans ihr Lager haben. Taras fährt auch manchmal rüber, denn dort gibt es einen FKK-Strand, und er kann er seine Muskeln präsentieren. Ich möchte dort gerne hin. Er sagt: „I show you.“ Er meint den Weg, nicht die Muskeln.

Taras und ich fahren also mit einem Motorboot-Taxi rüber, es dauert nicht lange. Trukhanov ist das genaue Gegenteil von der Dolobezky-Insel: Sie ist dicht bewachsen und leer. Normalerweise. Denn momentan sind hier 10 000 oder 15 000 oder 20 000 Schweden-Fans untergekommen. So genau weiß das niemand. Hauptsache, man weiß, was sie hier tun: Sie campen.

Taras zeigt mir einen kleinen Bach, der wenige hundert Meter vom Campingplatz entlangläuft. Am Steg sitzt ein Mann, ein Schwede, er angelt. Sonst kein Mensch weit und breit. Wo sind die Schweden? Ich denke an Vollbart tragende Musiker, die Moll-Akkorde auf ihrer Gitarre spielen, irgendwo im Wald. So was machen Schweden doch, oder?

Taras interessiert all das nicht. Er will weiter. Zum Strand. Ich solle einfach das Boot zurücknehmen und noch ein paar Eisenhanteln ausprobieren. Er lacht. Als wäre es der größte Witz, der jemals gemacht wurde. Andreas Bock

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