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Sport: „Ich habe den Entschluss nie bereut“

Sean Dundee über seinen deutschen Pass

Herr Dundee, wieder einmal hat Deutschland gegen Südafrika gespielt, und wieder einmal ohne Sie.

Oh, meine Geschichte holt mich gerade ein. Berti Vogts war Ende 1995 mit seiner Mannschaft in Südafrika, und ich war vom damaligen südafrikanischen Trainer Clive Barker auch nominiert worden. Damals konnte ich nicht spielen, weil ich mir eine Verletzung zugezogen hatte.

Viele haben behauptet, Sie hätten die Verletzung vorgetäuscht, weil Ihnen der Einsatz für Südafrika die Chance geraubt hätte, jemals für Deutschland zu spielen.

Da ist was dran. Ich spielte damals sehr erfolgreich in Karlsruhe, und viele haben mir damals gesagt, dass ich gute Chancen hätte, eingebürgert zu werden und für Deutschland zu spielen.

Der damalige KSC-Trainer Winfried Schäfer, der Ihnen extra nachgereist war, soll Sie bearbeitet haben. Hat er Sie überredet?

Wir haben ein paarmal gesprochen. Er hat nur zu mir gesagt: Überlege es dir gut!

Sie entschieden sich für Deutschland. Sie stellten im Herbst 1996 den Antrag auf Erteilung der deutschen Staatsbürgerschaft. Den Pass erhielten Sie deshalb so schnell, weil der damalige Außenminister Kinkel ein großer KSC-Fan war.

Kann schon sein, dass er seinen Einfluss geltend gemacht hat. Ich weiß nur, dass mein Antrag ganz weit oben lag.

Ihnen wurde die Einbürgerungsurkunde im Januar 1997 im Rathaus von Karlsruhe überreicht, es soll einem Staatsakt geglichen haben.

Ja, dass war eine sehr niveauvolle Geschichte. Aber lustig war, wie ich vom positiven Bescheid erfuhr. Ich war gerade bei meinen Eltern in Südafrika, in Durban. Wir sehen dort deutsches Fernsehen, und plötzlich habe ich im Videotext gelesen, dass ich jetzt Deutscher bin.

Nur wurden Sie nie deutscher Nationalspieler.

Ich wurde von Berti Vogts dreimal in den Kader berufen und habe mittrainiert. Als ich dann zu meinem ersten Einsatz kommen sollte, verletzte ich mich wirklich schlimm. Ich bin Monate danach nicht wieder auf die Füße gekommen. Als ich dann beim VfB Stuttgart war, hatte ich noch einmal gehofft. Vergeblich.

Haben Sie jemals Ihren Schritt bereut?

Oh nein. Ich stehe noch heute zu meiner Entscheidung. Sicher hätte ich für Südafrika viele Länderspiele bestreiten können, aber ich fühlte mich damals als Deutscher. Außerdem möchte ich nach dem Fußball in Deutschland bleiben.

Was raten Sie Spielern wie Ismael und Lincoln, die auch gern die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen würden, um für Deutschland spielen zu können?

Ich rate ihnen gar nichts. Das steht mir auch nicht zu. Ich liebe dieses Land, meine Eltern haben mich hierher gebracht. Als Junge in Südafrika hatte ich Poster von Klinsmann und Matthäus an der Wand. Für mich waren das die besten Fußballer. Und ich wünsche mir, dass Deutschland noch einmal so eine Mannschaft bekommt. Was Ismael und Lincoln angeht: Vielleicht ist das für sie eine gute Idee, vielleicht auch nicht.

Im Unterschied zu Ihnen hat niemand diese beiden Spieler darum gebeten.

Was heißt schon gebeten? Eigentlich habe ich schottische und irische Wurzeln. Als ich Ende der neunziger Jahre in Liverpool spielte, fragte mich der irische Nationaltrainer, ob ich Ire werden wolle.

Und was haben Sie geantwortet?

Nein, nein, lass mal. Ich bleib Deutscher.

Das Gespräch führte Michael Rosentritt.

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